Digitales Wasserkraftwerk

Erstes digitales Wasserkraftwerk kommt!

Die seit mehr als 100 Jahren bewährte Stromerzeugung aus Wasserkraft steht vor einem Technologieschub: Europas erstes vollkommen digitales Wasserkraftwerk entsteht in der Steiermark! An der Mur nördlich von Graz läuft ein europaweites Pilotprojekt für das digitale Wasserkraftwerk. Was aber kann man sich darunter vorstellen?

Drei Jahre dauerten die Bauarbeiten für das Wasserkraftwerk in Rabenstein an der Mur etwa 20 Kilometer nördlich von Graz. Als es 1987 eröffnet wurde, war der heutige Bundeskanzler gerade einmal ein Jahr alt. Heute versorgt die Anlage in der Nähe von Frohnleiten mit ihren zwei Kaplan-Rohrturbinen knapp 15.000 Haushalte mit Strom – und gilt branchenintern als europaweites Vorzeigeprojekt in Sachen Digitalisierung.

Verbund probt heute die Zukunft

Grund dafür ist das Innovationsprogramm „Hydropower 4.0“, mit dem der Kraftwerksbetreiber Verbund hier die Zukunft der Stromerzeugung und vor allem Wartung der Anlage erprobt. Dafür kommen automatisierte Tauchroboter, Sensoren, Sonare und Detektoren sowie Prognose- und Monitoringsysteme zum Einsatz. Die Kontrolle wird dadurch nicht nur effizienter, sondern auch sicherer.

Vorbild Bohrinsel: Roboterspione im Einsatz

Denn wo früher ein aufwendiges Trockenlegen notwendig war, um an den Turbinen und Schleusen Inspektionen durchführen zu können, kommt jetzt – auch bei hohem Wasserstand – ein Roboter zum Einsatz; wo früher Taucher Verklausungen beim Einlaufrechen durch angeschwemmtes Holz oder Verschlammungen untersuchen mussten – keine ganz ungefährliche Arbeit – , liefert jetzt ein 3D-Sonar die entsprechenden Informationen.

Digitales Wasserkraftwerk
Roboterspione wie dieser können Verklausungen nicht nur orten, sondern sogar lösen.Foto: Verbund AG

Für diese Kontrollen wird auf mobile Technologien zurückgegriffen, die sich im Offshore-Bereich auf Bohrinseln bewährt haben. Zudem wird die Kraftwerksanlage von sensiblen Sensoren und Detektoren permanent „abgehört“, abgemessen und abgetastet, um bei verdächtigen Geräuschen oder Anomalien umgehend Alarm zu schlagen.

Digitales Wasserkraftwerk auf dem Prüfstand

Ziel sei es, erklärt Karl Heinz Gruber, Geschäftsführer der Verbund Hydro Power GmbH, „alle für die Wasserkraft denkbaren Möglichkeiten von digitalen Anwendungen zu evaluieren und die erfolgversprechendsten Technologien in einem Pilotkraftwerk auf den Prüfstand zu stellen“. Dafür kommt auch ein sogenannter „digitaler Zwilling“ zum Einsatz, eine virtuelle Kopie der Betriebsanlage aus Beton, Stahl und Elektronik.

Karl Heinz Gruber
Unter der Leitung von Karl Heinz Gruber wird in der Steiermark Europas erstes vollkommen digitales Wasserkraftwerk Realität.Foto: Verbund Hydro Power GmbH

Dort laufen die bislang isolierten Daten- und Informationssysteme zusammen. Verschleißerscheinungen und Lebensdauer von Maschinenteilen können so laufend kontrolliert werden. Man hofft, zeit- und kostenintensiven Störungen dadurch früher auf die Schliche zu kommen und damit zwischenzeitliche Abschaltungen verhindern zu können.

Digitaler Zwilling erhöht Versorgungssicherheit

Mit dem digitalen Zwilling kann zudem auch auf sich verändernde Betriebsweisen Rücksicht genommen werden. Entsprechende Daten können eingespeist, die Beanspruchungen der Komponenten und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Bauteile entsprechend berechnet werden.  Das Ziel: Kraftwerksausfälle minimieren, Versorgungssicherheit maximieren.

Das Mur-Kraftwerk Rabenstein dient dem Verbund dabei als „Echtzeit“-Labor. In enger Kooperation mit zahlreichen österreichischen und internationalen Forschungs- und Technologiepartnern wurden die Testsysteme konzipiert und werden im täglichen Betrieb auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Ziel ist es, die Effizienz und Verlässlichkeit der Wasserkraft weiter zu erhöhen, heißt es seitens des Verbunds.

Digitales Wasserkraftwerk als Vorgriff auf die Zukunft

Es ist ein Vorgriff auf eine Zukunft, deren Wurzeln in Österreich 130 Jahre in die Vergangenheit zurückreichen. Damals wurde in Ohlsdorf (Oberösterreich) das Kraftwerk der Papierfabrik Steyrermühl in Betrieb genommen. Es gilt als das älteste noch immer betriebene Flusskraftwerk Österreichs. Heute soll es laut Umweltdachverband landesweit mehr als 5.000 Wasserkraftwerke geben. Sie liefern 60 Prozent des in Österreich produzierten Stroms.

FAZIT:

Das Internet der Dinge hat die Kraftwerke erreicht. Mobile Roboter und hochsensible Sensoren werden künftig vollautomatisch Kraftwerke unter die Lupe nehmen, warten und damit die Versorgungssicherheit erhöhen. Ein Projekt an der Mur gilt als europaweiter Pionier.

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