Autocockpit

Batterie, Wasserstoff, Hybrid: Womit fahren wir in Zukunft?

Die Elektromobilität surft auf einer Popularitätswelle.  Antriebsalternativen wie Wasserstoff oder Hybrid finden hingegen zu wenig Beachtung. Technologieoffenheit wird daher eingemahnt.

Bis 2040 sollen weltweit keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr auf die Straßen kommen. So will es die Politik (siehe „Fahrpläne zum Verbrenner-Verbot“) – Stichwort: Klimaschutzziele. Und so steht es in den Plänen und Prognosen der großen Automobilhersteller. Allein in diesem Jahr werden die Autokonzerne so viele batteriebetriebene Fahrzeuge wie noch nie auf den Markt bringen. Wasserstoff und Hybrid als Alternativen bleiben unterbelichtet.

FAHRPLÄNE ZUM VERBRENNER-VERBOT

  • Beim Verbot für Neuzulassungen von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ergibt sich ein buntes Bild an unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Fristen.
  • Österreich hat diesbezüglich im Rahmen der Klimakonferenz in Glasgow gemeinsam mit 23 weiteren Staaten ein Memorandum unterzeichnet, dass „alle Verkäufe von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2040 weltweit und in den führenden Märkten bis spätestens 2035 emissionsfrei sind“.
  • Auch im Plan „Fit for 55“ der EU-Kommission findet sich als „Ablaufdatum“ für Neuzulassungen von „Verbrennern“ das Jahr 2035. Auch die Karte der nationalen Regelungen ist aber divers.
  • So existiert für Österreich noch der „Mobilitätsmasterplan“, der als Frist für den Personenverkehr bereits das Jahr 2030 vorsieht (um 2040 als Staat insgesamt „klimaneutral“ zu sein). Ebenfalls 2030 wollen Schweden, Dänemark, die Niederlande, Slowenien und Irland dem Ausstieg aus Benzin und Diesel folgen.
  • Italien hat wiederum beschlossen, die Verwendung von Verbrennungsmotoren in Neuwagen in Italien bis 2035 einzustellen. In Spanien sollen ab 2040 keine Verbrennungsmotor-Fahrzeuge mehr verkauft werden.
  • In Norwegen dürfen bereits ab 2025 keine Neuwagen mehr mit Verbrennungsmotor verkauft werden. In Großbritannien hat die Regierung direkt nach dem Brexit Anfang Februar 2020 angekündigt, das Verbot von Verbrennern in Neuwagen von 2040 auf das Jahr 2035 vorzuziehen.
  • In Kanada hat man das Ziel zunächst von ursprünglich 2050 auf 2040 vorverlegt, mittlerweile gibt es einen Regierungsplan, das Zulassungsverbot bereits 2035 umsetzen zu wollen.
  • In den USA gibt es einen Wettlauf der einzelnen Bundesstaaten. Nachdem sich Kalifornien und neun weitere Staaten ein Verbrenner-Verbot ab 2035 auferlegt hatten, preschte der Bundesstaat Washington mit 2030 vor. Japan hat ebenfalls dieses Zieljahr genannt.

Entsprechend der anstehenden Transformation gestalten sich seit einiger Zeit auch die Modellpräsentationen. Nicht mehr klassische Automobilshows dienen als Bühne, sondern Elektronikmessen wie die CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas. Nicht mehr (nur) die traditionellen Autokonzerne zeigen dort ihre jüngsten Innovationen, auch hightech-getriebene Boutiquemarken, vornehmlich aus Fernost, drängen zwischen VW, BMW, Audi, Mercedes, Hyundai oder Renault ins Rampenlicht. Dazu kommen große Elektronikkonzerne wie Sony, die ihre Technologien ebenfalls auf vier Räder montieren und in Cockpits installieren.

Wasserstoff, E-Tankstellen: Infrastruktur fehlt

Diese Trendwende ist getragen von Konkurrenzdruck, Innovationskraft, technischem Fortschritt und politischen Vorgaben zur Emissionsvermeidung. Wobei nicht allen die bipolare Aufteilung in „hier die alten, dreckigen Fossilen“, „dort die neuen, sauberen Stromer“ gefällt, weil damit andere Antriebstechnologien im Dunkeln bleiben beziehungsweise auch die hell leuchtende E-Mobilität ihre Schattenseiten hat. 

Es fehlt nämlich für einen großflächigen Ausbau an entsprechender Infrastruktur. Zum einen gibt es noch kein lückenloses Netz an Ladestationen. Zum anderen mangelt es für den Fall einer umfassenden Flottenumrüstung auf Elektrofahrzeuge an ausreichend erneuerbaren Energiequellen, die tatsächlich grünen „Treibstoff“ erzeugen. Stattdessen dominiert ein veraltetes, an seine Leistungsgrenzen stoßendes Stromnetz mit latenter Blackout-Gefahr.

355.000 Jobs in der Mobilitätsindustrie

Was kritische BegleiterInnen der Mobilitätswende daher in der Auseinandersetzung mit diesem Thema vermissen, ist eine Technologieoffenheit, um sämtliche Potenziale ausnutzen zu können. Gerade Österreich mit seiner innovativen Fahrzeugindustrie würde sich damit Chancen verbauen. Mit einem Bruttoproduktionswert von rund 48 Milliarden Euro (2018) kommt jeder zwölfte Euro, der in Österreich erwirtschaftet wird, unmittelbar oder mittelbar aus der Automobil- und Motorradwirtschaft. Insgesamt – direkt und mit diesem Sektor zusammenhängend – geht es um knapp 355.000 Arbeitsplätze. Die Exportquote liegt bei 86 Prozent.

Fahrzeugindustrie
Jobmotor Fahrzeugindustrie: 355.000 Arbeitsplätze bietet der Sektor und ist damit wichtige Stütze des Wirtschaftsstandorts.Foto: adobe stock | romaset

Die Vernetzung auf internationale Märkte ist also wesentlich. Welche Antriebstechnologie sich dort wann wo durchsetzt, ist aus heutiger Sicht noch offen. Ist es Wasserstoff in Verbindung mit Brennstoffzellen? Sind es Hybrid-Technologien? Ist Erdgas mehr als eine Brückentechnologie? Welches Potenzial haben synthetisch erzeugte flüssige Kraftstoffe, sogenannte eFuels? Sie werden aus Wasserstoff hergestellt. Stammt die dafür notwendige Energie aus Wind- und Solaranlagen, lassen sich eFuels klimaneutral bereitstellen.

EU bremst Entwicklung

Die EU schließt durch ihre gewählte Tank-to-wheel-Logik und die dadurch ausgelösten Systemgrenzen die Entwicklung und den Einsatz synthetischer Kraftstoffe aber derzeit de facto aus. Eine Studie des ADAC, des deutschen Pendants zu ARBÖ und ÖAMTC, wiederum zeigt, dass Elektrofahrzeuge erst mit Nutzung von regenerativem Strom eine deutlich bessere Treibhausgasbilanz aufweisen als alle anderen Antriebsarten. Bei einem Strom-Mix hat hingegen das Erdgasauto die beste Treibhausgasbilanz.

Zu wenig „grüne Energie“ 

Parallel kursieren Untersuchungen, die jene Emissionsberechnungen der EU anzweifeln, die Elektroautos als klimaschonender im Vergleich zu modernen Verbrennerfahrzeugen darstellen. Das hätte Folgen. Denn ein niedriger beziehungsweise Null-CO2-Ausstoß bei den einen Fahrzeugtypen würde – da die EU die Emissionen der gesamten Modellflotte eines Autoherstellers als Berechnungsgrundlage verwendet – auch den Verkauf von „CO2-Sündern“ auf der anderen Seite ermöglichen. 

Dazu verweisen KritikerInnen des Batterie-Hypes auf die (noch) fehlenden Produktionskapazitäten aus Wind- und Solarenergie, weshalb durch den steigenden Strombedarf der Elektromobilität auch der CO2-Ausstoß dieses Sektors steigen wird. Eine Hoffnung der BefürworterInnen: E-PKW als mobile Speicher in das Energiesystem integrieren, um die Bilanz zu verbessern. Eine Befürchtung der BefürworterInnen: Der steigende Strompreis frisst mittelfristig den Kostenvorteil.

Forderung nach Technologieoffenheit

Auch Hybrid-Varianten haben ihre Haken. Am nachhaltigsten wären sie, würde man sie mit synthetischen oder biologischen Treibstoffen betanken. Noch aber werden Biodiesel und hydrierte Pflanzenöle vorrangig (weil von der EU vorgeschrieben) konventionellem Benzin und Diesel beigemischt. Die Rechnung ist einfach: Je höher die Beimischung, desto höher die CO2-Reduktion – mit dem Vorteil, dass das Einsparpotenzial dabei nicht nur auf Neuwagen beschränkt ist.    

Mit der einfachen Substitutionsformel „Steckdose statt Zapfsäule“ kommt man also nur bedingt weiter. Sie blendet nicht nur umfassendere Life-Cycle-Betrachtungen inklusive des Ressourceneinsatzes in der Produktion aus. Sie bremst auch den Wettbewerb der Technologien als Innovationstreiber. Einspurig nur auf batteriebetriebene Autos zu setzen, wäre demnach wenig zielführend.

Hybridmotor
Hybridmotor: Nur eine Brückentechnologie oder tatsächlich eine tragfähige Alternative zu reinen Elektrofahrzeugen?Foto: adobe stock | kiri

Untersuchungen zeigen nämlich: Österreich verliert an Bruttowertschöpfung bei einer überhasteten und nicht technologieoffenen Umstellung auf alternative Antriebsarten. Die nationale Wertschöpfungstiefe verringert sich, die Abhängigkeit von Importen steigt. Beschäftigung und Wohlstand gehen in Österreich unweigerlich zurück. Sinnvoller wäre ein ausgewogener Mix und ein Pfad in Richtung Klimaziele, der sich die Stärken der verschiedenen Antriebssysteme zunutze macht und sie als sich ergänzende Konzepte versteht – nicht als Widerspruch.

GUT ZU WISSEN

  • Weltweit gibt es aktuell knapp 1,5 Milliarden Fahrzeuge.
  • 16 Prozent der globalen Emissionen entstehen auf der Straße. Um die Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen, muss der Verkehr 2050 klimaneutral sein.
  • Da Autos durchschnittlich fünfzehn Jahre halten, ergibt sich daraus, dass zwischen 2035 und 2040 die letzten Benziner und Dieselautos aus den Fabriken rollen dürfen.
Credits Artikelbild: adobe stock | Stanisic

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