Covidbuster

Covidbuster vs. Corona: Spielend durch die Krise

Mithilfe eines Strategiespiels die Corona-Pandemie verstehen lernen: Das ist die vielversprechende Idee des niederösterreichischen Spieleerfinders Robert Fritz. Sein entwickeltes Planspiel „Covidbuster“ soll die Pandemie so realistisch wie möglich simulieren und in Zukunft bei wichtigen Entscheidungsprozessen helfen.

Keine Frage: Bei Spielen jeglicher Art geht es vor allem um den Spaß. Ein erfolgreiches Game funktioniert schließlich erst dann, wenn es aus einer guten Mischung aus Herausforderung, Spannung und Humor besteht. Doch was, wenn Spiele ernste, gesellschaftliche Themen intensiv behandeln? Hier muss der Faktor Spaß doch freilich zu kurz kommen, oder? Nicht ganz. Tatsächlich gewinnen sogenannte Serious Gamesalso ernste Spiele, bei denen die Unterhaltung in den Hintergrund und die Vermittlung von Informationen in den Vordergrund rückt – in der Gaming-Szene immer mehr an Bedeutung. SpielerInnen können sich hierbei in themenbezogenen Spielwelten austoben. Mit Entscheidungsstärke, Gespür für die Situation und strategischem Geschick den Spielverlauf bestimmen – und dabei auch Spaß haben.

Spieleerfinder gegen Corona

Wie Serious Games genau ausgestaltet sind, hängt vor allem davon ab, in welchem Bereich sie Anwendung finden sollen. Beliebte Einsatzgebiete sind naturgemäß Schulen, Universitäten und Ausbildungsbetriebe, aber auch in der Medizin oder in Unternehmen werden sie bereits genutzt. Einer, der sich ganz gewiss mit diesen speziellen Spielen auskennt, ist der Niederösterreicher Robert Fritz. Neben seiner beruflichen Tätigkeit beim österreichischen Militär ist der gebürtige Steirer leidenschaftlicher Spielesammler. Er sammelt allerdings nicht nur, er entwickelt zudem selbst Drehbücher und – natürlich – Spiele. „Mich hat schon immer interessiert, wie unsere Welt und auch die Konflikte in dieser Welt funktionieren“, erklärt Fritz. „Warum sich diesen also nicht auch spieltheoretisch nähern und eben jeden dieser Konflikte als Spiel darstellen?“

Covidbuster
Robert Fritz hat sich mit seinem Spiel „Covidbuster“ der Pandemie angenommen.Foto: Robert Fritz

Für die Entwicklung eines neuartigen Educational Game, das als Ausbildungsmittel in die Lehrsäle der Theresianischen Militärakademie einziehen sollte, bündelte der 51-Jährige nun Fachwissen und kreatives Talent. Dabei ist ein hochstrategisches und kooperatives Planspiel herausgekommen. Name: „Covidbuster“. Und wie dieser bereits verrät, wird hier gegen den ganz speziellen Bösewicht, das Coronavirus, gespielt.

Warum gegen die Krise spielen?

SkeptikerInnen werden sich aber ganz schnell fragen: Was hat die Corona-Krise mit einem Spiel zu tun? Und wie kann uns dieses auf die Zukunft vorbereiten? Probleme können doch nicht einfach weggespielt werden. „Man muss die Krise an sich heranlassen und sich gezielt mit ihr und wichtigen Entscheidungen zur Bewältigung dieser auseinandersetzen“, weiß Robert Fritz. Das Eintauchen in ein Spieluniversum ist dabei eine vielversprechende Möglichkeit, denn das spielerische Lernen schult den Umgang mit Krisenereignissen, kann den Zusammenhalt einzelner SpielerInnen stärken und sie so auf Krisen im realen Leben vorbereiten – auch persönlich. Denn auch im Spiel bringen Menschen ihre Bedürfnisse, Ängste, Wünsche oder Ziele ein. Spannend wird es also, wenn diese in sozialer Interaktion neu organisiert und abgestimmt werden müssen. „Vielleicht kann ,Covidbuster‘ auch zur persönlichen Krisenbewältigung beitragen“, hofft der Spieleerfinder.

So wird gespielt:

Das Szenario basiert auf der aktuellen Covid-19-Pandemie und berücksichtigt nationale, aber auch internationale Herausforderungen. Insgesamt vier Akteure – Gesundheitsbehörden, Polizei, Bundesheer und Rettungsorganisationen – müssen in zwölf Runden die Krise möglichst gut managen. Die Simulation sollte dabei zwölf Monate des gesamtstaatlichen Krisenmanagements abbilden. Jedes Team besteht im Lehrsaal idealerweise aus drei Personen – maximal können also zwölf Personen gegen das Virus spielen.

Warum nicht jeden Konflikt als Spiel darstellen?

Spieleerfinder Robert Fritz

„Aber“, wirft Robert Fritz ein, „die kooperative Simulation kann auch mit weniger TeilnehmerInnen oder gar alleine gespielt werden. Bei einer größeren Gruppe gehen sicher Synergien verloren. Dafür könnte man mehrere Planspiele gleichzeitig spielen.“ Wichtig ist nur, dass jede/r SpielerIn sich mit den vorbereiteten Handouts auseinandersetzt. Diese umfassen rollenspezifische Regeln und Fähigkeiten sowie einen Überblick über die Komponenten und den Ablauf.

Lasset die Spiele beginnen!

Die Ausgangslage von Covidbuster ist rasch erklärt: Ausgehend von einem asiatischen Land verbreitet sich das Coronavirus rasant rund um den Globus. Spielbeginn ist demnach der Beginn der Pandemie. Und auch in Österreich infizieren sich immer mehr Menschen mit dem gefährlichen Virus. Vor allem in zahlreichen Ferienorten, in denen viele Menschen ihren Urlaub verbringen, findet das Virus einen idealen Nährboden. Der Spielmechanismus berücksichtigt dabei eine wellenartige Lageentwicklung mit einerseits hohen Infektionszahlen, andererseits auch Phasen der Lockerung durch erfolgreiche Eindämmungsmaßnahmen – eben wie es auch im tatsächlichen Virusverlauf der Fall ist. Fritz, so sagt er, hat jedenfalls versucht, mit den Coronavirus-Updates mitzuhalten und „demnach auch die Gefahr unterschiedlicher Virus-Mutationen ins Spiel gebracht“.

Die Herausforderungen: Mangel, Angst und Unruhen

Über sogenannte Ereignis- und Pandemiekarten entwickelt sich die Lage jedenfalls weiter und das Virus springt auf andere Bundesländer über. Obendrein müssen SpielerInnen stets die Situation in den Nachbarstaaten beziehungsweise die globale Pandemieentwicklung im Blick haben. Nicht zu vergessen: der richtige Umgang mit wirtschaftlichen Turbulenzen, sozialen Unruhen und dem Mangel an Desinfektionsmitteln, Masken und Intensivbetten. Oberstes Ziel der AkteurInnen ist es, die Handlungsfähigkeit der Republik Österreich und auch aller anderen Key Player aufrechtzuhalten. Gesteuert werden die Entscheidungen mithilfe diverser Kartendecks, die auch den Verlauf des ganzen Spiels bestimmen und somit Kernelemente des gesamten Spieles sind.

Covidbuster
Über verschiedene Ereignis- und Pandemiekarten wird der weitere Spielverlauf bestimmt.Foto: Robert Fritz

Einsatzteams werden dabei etwa einem Fachbereichstreffen zugeteilt, Lieferketten werden sichergestellt, Güter an den richtigen Ort verschoben, und noch dazu wird an wirksamen Impfstoffen geforscht. Setzen AkteurInnen erfolgreiche Maßnahmen, werden sie mit sogenannten Regierungspunkten (RP) belohnt. Umgekehrt werden ihnen diese bei falschen Entscheidungen wieder abgezogen.

Wer gewinnt und wer verliert?

Gespielt wird zwar kooperativ, dennoch ist jede/r AkteurIn daran interessiert, sich selbst im besten Licht erscheinen zu lassen. Doch wann hat wer gewonnen? Sobald die RP-Leiste einen Wert von -30 erreicht, haben alle SpielerInnen sofort verloren. Umgekehrt: Sobald +30 Punkte erreicht werden, haben alle TeilnehmerInnen sofort gewonnen. Das Spiel Covidbuster endet jedenfalls hier. „Es ist für alle SpielerInnen möglich zu gewinnen oder zu verlieren“, stellt Spieleentwickler Fritz klar.

Das Spiel unvorbereitet und ohne Erfahrung mit diesem Medium innerhalb eines Tages durchzuspielen, sei laut dem Spielexperten allerdings nicht möglich. „Um das Spiel in all seinen Facetten durchzuspielen, würde man wohl einige Tage benötigen.“ Mit optionalen Regeln wird versucht, die Spieldauer zu reduzieren, beziehungsweise Teilziele für eine bestimmte Spieldauer zu definieren – wie zum Beispiel den idealen Zeitpunkt für einen harten Lockdown in den ersten drei Monaten zu finden.

Eine optimale Ergänzung

Fritz selbst hat für den ersten Prototypen von Covidbuster übrigens knapp fünf Monate gebraucht. Das darauffolgende halbe Jahr wurde noch an Feinheiten geschliffen. „Freilich kann man immer wieder einzelne Features hinzufügen“, fährt Fritz fort. „Für den begleitenden Einsatz im Lehrsaal etwa ist es bereits schon ausgereift und das Grundregelwerk ist so, wie es jetzt ist, sehr gut konzipiert und stellt einen guten Kompromiss zwischen abstrakter Spielmechanik und thematischem Praxisbezug her.“ Sein Spiel sieht Fritz keinesfalls „als ein Werkzeug zur genauen Prognose des weiteren Pandemieverlaufs“. Vielmehr soll die spielerische Auseinandersetzung mit der Krise dazu führen, dass alle Beteiligten im Fall der Fälle rasch und richtig reagieren können und ein Bewusstsein für eine komplexe Situation entwickeln.

Vielleicht kann ,Covidbuster‘ auch zur persönlichen Krisenbewältigung beitragen.

Robert Fritz über das Potential des Spiels

Und dass dieses Serious Game in der Praxis nicht ganz ohne Spaß abläuft, bewies ein Planspieltag mit Führungskräften und Covid-Beauftragten von Wirtschaft und Industrie in Salzburg. „Alle Beteiligten haben sich im Spiel wiedergefunden und konnten dementsprechend gute Entscheidungen treffen. Wir durften das Spiel sogar um weitere zwei Stunden verlängern, sind schlussendlich zum siebten Spielmonat gekommen und konnten einen Impfstoff für eine Notfallzulassung entwickeln“, fasst Fritz das erfolgreiche Seminar der Industriellenvereinigung Salzburg zusammen.

SpielfreundInnen, aufgepasst: Es kommt noch mehr!

Bisher ist „Covidbuster“ nur in einer Kleinstauflage von 20 Stück erschienen. Der Markt ist laut Fritz allerdings flexibel und bewegt sich auch immer mehr Richtung Kooperations- und Solitairespiele. Robert Fritz tüftelt gerade an einem Konzept für ein kartenbasiertes Brettspiel als Lehrmittel über den Umgang mit Macht und arbeitet dabei mit der renommierten österreichischen Machtexpertin Christine Bauer-Jelinek zusammen.

Als Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge unterstützt er zudem den heimischen Blackout-Experten Herbert Saurugg bei der spielerischen Bewusstseinsbildung zu diesem sehr aktuellen Krisenthema. Dieser hat mit dem deutschen Spieleverlag „Spieltrieb“ ein eigenes Simulationsspiel namens „Neustart“ zum Katastrophenszenario Blackout entwickelt. Spielende müssen hierbei dafür sorgen, dass eine Gemeinde im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls nicht im Chaos versinkt.

Wir halten fest: Spiele können also nicht nur richtig Spaß machen, sondern uns optimal auch auf ernstzunehmende Krisen vorbereiten. Na dann, let’s play!

Credits Artikelbild: adobe stock | Gorodenkoff

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