Seit Herbst wird Digitale Grundbildung verpflichtend an Österreichs Schulen unterrichtet, damit die Schüler:innen sich besser in der digitalen Welt zurechtfinden. Doch wie bereitet man die Lehrkräfte auf ihre Aufgabe vor? Nicht genügend. So das Ergebnis einer aktuellen Studie.
Österreich zählte weltweit zu den Pionieren, als es 1985 den Unterrichtsgegenstand Informatik als unverbindliche Übung einführte. Ziel war es, den Schüler:innen die Grundlagen der neuen Technologie zu vermitteln. Und das zu einer Zeit, in der es nicht selbstverständlich war, dass jede Familie einen Computer zu Hause stehen hatte. Damit bewies man Mitte der 80er-Jahre ein besonderes Gespür für das, was noch auf uns zukommen würde. Mit dem Tempo, mit dem die Informationstechnologie sich weiterentwickeln würde, konnte man jedoch nicht rechnen, geschweige denn mithalten.
Hintergrund
Bevor Digitale Grundbildung 2022 als eigenständiges Pflichtfach eingeführt wurde, wurde es als verbindliche Übung unterrichtet. Das heißt, alle Schüler:innen mussten daran teilnehmen, bekamen aber keine Noten. Dabei hatten Schulen mehrere Wahlmöglichkeiten, sowohl was die Stundenanzahl als auch die Umsetzung im Unterricht anging. Unter anderem konnten sie selbst entscheiden, ob sie diese Grundausbildung als eigenes Fach oder fächerintegrativ mit anderen Schulfächern umsetzten.
Österreich als Digitalvorreiter?
Nun scheint man wieder einen Schritt zulegen zu wollen. Das Fach „Digitale Grundbildung“ wird seit nicht einmal einem Jahr verpflichtend in den ersten drei Klassen der AHS-Unterstufe und der Mittelschule unterrichtet. Schon arbeiten eigene Arbeitsgruppen an der nächsten Änderung: In Zukunft soll nämlich ab der fünften Schulstufe Programmieren einen Schwerpunkt bilden. Damit wolle man „Österreichs Schulen zu Digitalvorreitern in ganz Europa machen“, erklärt Bildungsminister Martin Polaschek in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Das Fach allein wird uns aber nicht automatisch zurück an die Spitze katapultieren, selbst wenn die Idee dahinter gut ist. Auch der Lehrplan spielt eine wichtige Rolle. Vor allem aber muss es gelingen, die Lehrkräfte mit ins Boot zu holen und ausreichend auszubilden. Doch genau die fühlen sich vom Bildungsministerium im Stich gelassen. Das geht aus der aktuellen Studie der Johannes Kepler Universität Linz hervor. Um herauszufinden, was Lehrer:innen vom neuen Unterrichtsfach halten, befragte das Team um Corinna Hörmann von der JKU Abteilung MINT Didaktik 795 Lehrkräfte, die selbst „Digitale Grundbildung“ unterrichtet haben. „Die Resonanz war enorm, 673 Befragte haben die Umfrage abgeschlossen. Das bedeutet eine Rücklaufquote von 84 Prozent“, sagt Corinna Hörmann.
Die Lehrkräfte trifft keine Schuld
Worin man sich einig ist: Es ist wichtig, dass es das Fach gibt. So ziehen 90 Prozent der Befragten es vor, Digitale Grundbildung als eigenes Fach zu vermitteln. Doch nur die wenigsten Lehrkräfte sind eben Informatiker:innen. Wenn es also um die eigenen Kenntnisse rund um Algorithmen und Programmierung geht, stellt sich der Großteil der Befragten ein schlechtes Zeugnis aus. Fast 56 Prozent, also mehr als die Hälfte, fühlen sich der Aufgabe nicht ausreichend gewachsen und stufen sich als „befriedigend“ (26 Prozent), „schlecht“ (18 Prozent) und sehr schlecht (ca. 11 Prozent) ein. Überraschung sei das keine, meint die Studienleiterin. Und: Die Lehrkräfte können nichts dafür.
Mehr Anreize, mehr Lehrgangsplätze, mehr Informatiklehrkräfte
Das Problem sei vielmehr, dass es zu wenig Informatiklehrer:innen gebe und auch nicht genug Lehrgänge, um diese auszubilden. „Auf die wenigen Lehrgangsplätze gab es einen regelrechten Run“, erklärt die Bildungsexpertin. Ein eigenes Lehramtsstudium „Digitale Grundlage“ fehlt derzeit noch, ist aber an der JKU bereits in Planung.

Man müsse sowohl die Lehrgangsplätze für Lehrende ausbauen als auch Möglichkeiten schaffen, damit diese besucht werden können, ohne dass der Schulbetrieb darunter leidet, fordert Corinna Hörmann. Damit sei es aber noch nicht getan. „Generell müssen Anreize gesetzt werden, um die Zahl der Informatiklehrkräfte deutlich zu erhöhen.“
Denn auch wenn Digital Natives älteren Generationen in Sachen Swipen, Liken und Taggen um einiges voraus sind, wissen die wenigsten von ihnen, was sich dabei im Hintergrund abspielt. Um Algorithmen, Programmiersprachen oder die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz zu verstehen, müsste man sich schon intensiv damit beschäftigen. Das geht nicht nebenbei – es ist aber unsere Zukunft.