Rechenzentrum

Ein Rechenzentrum mit doppeltem Boden

Magenta hat in Graz ein neues Rechenzentrum errichtet. Es dient als Hochsicherheitsdrehscheibe für Daten und Herz der Internetversorgung im Süden Österreichs.

Es erinnert an ein Hochsicherheitsgefängnis. Nichts und niemand kann sich hier unbeobachtet bewegen. Der Gebäudekomplex des neuen Rechenzentrums des Mobilfunkanbieters Magenta im Grazer Stadtteil Puntigam ist von allen Seiten mittels Infrarotradarüberwachung gesichert. Nähert sich jemand unerlaubterweise, schlägt sie Alarm und die Videoaufzeichnung beginnt zu laufen. 

Personen, die eine der einzeln ausgestellten Zutrittsberechtigung erhalten, müssen vor und nach dem Besuch durch eine Schleuse. Sie ist mit einer Gesichtserkennung ausgestattet. Zudem werden die Besucher vor und nach Verlassen des Gebäudes abgewogen. „Damit nichts unerlaubterweise den Weg aus dem Rechenzentrum nach draußen findet“, erklärt Andreas Bierwirth, CEO von Magenta. Worauf hier so gut aufgepasst wird? Auf Daten.

Rechenzentrum für explodierendes Datenvolumen 

Sie gelten als die Goldnuggets des digitalen Zeitalters. Und es werden nicht weniger. Im Gegenteil. Der Schatz wird sogar größer, weil der Datenverbrauch in Österreich rasant zunimmt. „Schuld“ daran sind nicht zuletzt neue Technologien, wie die Breitbandnutzung für Virtualisierungen, das Internet der Dinge und Cloud-Computing. Dadurch werden immer größere Datenmengen übertragen, verwaltet und verarbeitet.

Allein bei der Festnetz- und Mobilfunktelefonie gab es zwischen 2019 und 2020 einen Zuwachs von 19 Prozent, bei der Internetnutzung stieg der Datenverbrauch im selben Zeitraum gar um 26 Prozent auf 7.162 Petabyte. In den letzten fünf Jahren hat es laut dem Forum Mobilkommunikation (FMK) damit ein durchschnittliches Wachstum beim mobilen Datenverbrauch von 40 Prozent gegeben. In den letzten zehn Jahren hat sich das Datenvolumen gar um den Faktor 90 erhöht. Allein im vergangenen Jahr ist es wieder um eine Milliarde Gigabyte gestiegen. Ein Grund dafür war die Pandemie mit ihrer „Nebenwirkung“ Homeoffice.

Dieseltanks und Lkw-Batterien zur Absicherung

Diesen explodierenden Datenverkehr wickeln die Mobilfunkanbieter über Rechenzentren ab. Magenta hat in Graz jetzt eines der modernsten und energieeffizientesten in Europa errichtet. Knapp 50 Millionen Euro wurden investiert, gebaut knapp zehn Monate. Entstanden ist eingangs beschriebener Hochsicherheitskomplex. Er ist nach Wien der zweitgrößte Magenta-Standort für Data-Services in Österreich.

Gegen jedes Notfallszenario scheint man hier gewappnet zu sein. Gibt es einen regionalen Netzausfall, springt das Datencenter in Wien ein – und umgekehrt. „Georedundant“ nennt sich das in der Telekommunkationsdiktion. Kommt es zu einem Stromausfall, startet ein Notstromaggregat. Dafür wurden zwei 26.000 Liter-Dieseltanks vergraben. Sie betreiben einen Generator. der im Falle eines Blackouts binnen zehn Minuten die volle Leistung bringt. Für die Zeit dazwischen dienen acht LKW-Batterien als Back-up für die 5.000 Watt, die zum Kühlen der Server notwendig sind.

3000 Messgeräte kontrollieren Gebäude

Auch die Gebäudehülle selbst ist äußerst stabil und zweckoptimiert konstruiert. Um die 24 bis maximal 26 Grad Standardtemperatur hinter den 30 Zentimeter dicken Stahlbetonwänden zu garantieren, wurden ein Meter dicke Doppelböden eingezogen. Zwischen den Betonplatten kühlt eine ausgeklügelte, energiesparende Technologie die Luft. 3.000 verbaute Messgeräte kontrollieren permanent die entsprechenden Daten. 

Sollte ein Feuer ausbrechen, aktiviert sich eine Stickstofflöschanlage. „Kein Wasser, damit an den Serverschränken keine Schäden entstehen“, erklärt CEO Bierwirth. Insgesamt 380 dieser Schränke mit einer Leistung von bis zu 3,6 Megawatt finden auf den 1.120 Quadratmeter Nutzfläche des Rechenzentrums Platz.

Milliarde für Glasfasernetz-Ausbau 

Rund um die Servereinheiten messen Sensoren zudem die Luft laufend auf Partikelbelastung. Das alles funktioniert vollautomatisiert und per Fernüberwachung. Das Rechenzentrum selbst bleibt menschenleer. Neben dem Eigenbedarf, der von hier aus gedeckt wird, bietet Magenta im von COOLtec Systems betriebenen Rechenzentrum auch Platz für Server-Hosting von KundInnen. Auch deren Bedarf wird steigen. Das nicht zuletzt auch, weil das Glasfasernetz immer dichter wird. 1,5 Millionen Haushalte kommen aktuell in Österreich in den Genuss dieser leistungsstarken Leitungen. In den kommenden Jahren will allein Magenta eine Milliarde Euro in den Netzausbau investieren. Damit könnte noch eine Million Haushalte angeschlossen werden.

GUT ZU WISSEN

  • Die ÖsterreicherInnen haben 2020 insgesamt 29.028 Millionen Minuten telefoniert. Rechnet man das auf einen Pro-Kopf-Verbrauch um, entspricht das einem Dauertelefonat über 3.250 Minuten oder rund 55 Stunden.
  • Der Datenverbrauch durch Internetkonsum lag 2020 in Österreich bei 7.162 Petabyte. Das bedeutet umgerechnet, dass jede Österreicherin und jeder Österreicher ununterbrochen 35 Tage streamt.
  • In Österreich gibt es knapp über 18.000 Sendeanlagen, 7.000 davon sind bereits mit 5G-Systemen ausgerüstet. Die 5G-Netzabdeckung erreicht mittlerweile 67 Prozent der Bevölkerung.

Credits Artikelbild: adobe stock | Gorodenkoff

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