Brüssel, Straßburg, Den Haag, Luxemburg, Helsinki, Kopenhagen und Parma sind es bereits. Ab Herbst kommt mit Innsbruck ein weiterer Standort für eine anerkannte Europäische Schule, kurz AES, hinzu. Aber was lernt man dort? Und was macht die AES so besonders? Über eine Idee, die Schule gemacht hat.
Für 50 Schüler und Schülerinnen steht fest: Sie haben das Aufnahmeverfahren bestanden und werden ab Herbst die erste „Anerkannte Europäische Schule“ Österreichs besuchen. 60 weitere haben sich bereits für den darauffolgenden Herbst angemeldet. Das heißt, sie alle werden schon bald neben Fremdsprachen auch die europäischen Werte vermittelt bekommen. So sieht der international einheitliche Stundenplan für Volksschüler:innen neben regulären Fächern wie Mathematik oder der eigenen Muttersprache eine Zweitsprache vor, ebenso wie die Fächer „Entdeckung der Welt“ oder „Europäische Stunde“. In der Sekundarstufe, also für die Elf- bis Achtzehnjährigen, kommt eine zweite Fremdsprache hinzu, und es wird verstärkt in gemischten Sprachgruppen unterrichtet. Später ist es außerdem möglich, als Wahlfach eine dritte, vierte oder sogar fünfte Fremdsprache zu erlernen.
Vorrangig geht es um die Sprachenbildung der Schülerinnen und Schüler und natürlich um die Etablierung der europäischen Standards.
Andreas Beckmann, Generalsekretär des Obersten Rates der Europäischen Schulen
Mehr Sprachen, mehr Chancen
„Vorrangig geht es um die Sprachenbildung der Schülerinnen und Schüler und natürlich um die Etablierung der europäischen Standards“, betont Andreas Beckmann, Generalsekretär des Obersten Rates der Europäischen Schulen. Dank der sprachlichen Kompetenzen und der Matura können die Absolvent:innen später in der ganzen EU problemlos studieren. Denn sie schließen die Schule mit dem „Europäischen Abitur“ ab, das in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie einigen anderen Ländern offiziell als Zugangsqualifikation zum Hochschulstudium anerkannt wird.
Was genau sind Europäische Schulen?
Die erste Europäische Schule wurde 1953 in Luxemburg gegründet. Gedacht war sie damals vor allem für Kinder, deren Eltern in einer europäischen Einrichtung arbeiteten. Später wurden auch Schulen abseits von europäischen Institutionen gegründet. Heute gibt es 13 Europäische Schulen in sechs Ländern, die vom Obersten Rat der Europäischen Schulen, also einem Gremium der EU, verwaltet werden.
Unterrichtet werden die Schüler:innen nach international einheitlichen Lehrplänen. Seit 2005 können auch nationale Schulen das Europäische Unterrichtsmodell anbieten. Diese sogenannten Anerkannten Europäischen Schulen (AES) werden von den Bildungsbehörden des jeweiligen Landes verwaltet und müssen ein detailliertes Anerkennungsverfahren durchlaufen. Auch nach der Akkreditierung überprüfen europäische und nationale Behörden regelmäßig, ob die Lehrpläne und Vorschriften der Europäischen Schulen eingehalten werden.
Drei Schulen für ein Europäisches Abitur
Ab Herbst bekommt nun auch Österreich seine erste anerkannte Europäische Schule. Ganz neu ist, dass diese gleich an drei verschiedenen Standorten in Innsbruck umgesetzt wird. So werden an der Volksschulen Saggen die Sprachen Englisch und Deutsch angeboten, während die Schüler:innen in der Volksschule Altwilten von der ersten bis zur vierten Schulstufe Italienisch lernen. Ab dem Schuljahr 2024/25 kommt außerdem das Akademische Gymnasium Innsbruck mit einer deutschen, englischen und italienischen Sprachabteilung hinzu. Aufgrund der Nähe zu Italien sei Tirol für den Schulversuch besonders gut geeignet gewesen, so die Begründung von Bildungsminister Martin Polaschek, warum die Wahl des Standortes auf Innsbruck gefallen ist. Worauf man besonderen Wert lege, sei außerdem, dass die AES, obwohl sowohl die Kinder als auch deren Eltern zu Aufnahmegesprächen eingeladen werden, kein Eliteprojekt werden soll. An allen drei Standorten verzichtet man daher auf Schulgeld.
Insgesamt gibt es derzeit 23 anerkannte Europäische Schulen in 13 Ländern. Allein in Luxemburg wurden fünf gegründet, in Frankreich immerhin vier. Und schon bald wird es wohl auch in Innsbruck heißen: „Welcome! Benvenuti! Willkommen!“