Lehrberufspaket

Update: Neues bei heimischen Lehrberufen

In Österreich warten derzeit über 200 verschiedene Lehrberufe darauf, gelernt zu werden – Tendenz steigend. Denn fast jährlich werden neue Berufsbilder geschaffen, bestehende modernisiert und aufgewertet. Und jetzt gibt es wieder ein paar neue Optionen für neugierige Lehrlinge.

Hätte man vor zehn Jahren vorhergesagt, dass sich Menschen ihren Lebensunterhalt damit verdienen, menschliche Organe aus dem 3D-Drucker herzustellen, virtuelle Welten zu kreieren oder sich zum Schutz von Unternehmen in deren System zu hacken – vielleicht wäre man für verrückt erklärt worden. Längst aber sind 3D-Druck-SpezialistInnen, virtuelle ArchitektInnen und sogenannte White Hat Hacker etablierte Berufsbezeichnungen.

Technische und gesellschaftliche Entwicklungen haben den heimischen Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren maßgeblich verändert. Die Interessen und Fähigkeiten des Nachwuchses verändern sich rasant – die Berufsbilder ebenso. Das Lehrangebot der österreichischen Unternehmen ist zwar groß, dennoch scheint das Image einiger Berufe ein wenig angestaubt. Vor allem in Traditionsberufen klaffen Angebot und Nachfrage immer wieder weit auseinander. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck weiß, warum: „Weil die Digitalisierung neue Berufsbilder schafft und andere Qualifikationen verlangt.“

Sorgt neues Lehrberufspaket für eine Ausbildung am Puls der Zeit?

Genau aus diesem Grund wird laufend an der „Modernisierung und Neugestaltung der Lehrlingsausbildung gearbeitet“. Die Devise: Berufe müssen stets an aktuelle Trends angepasst werden. Gesagt, getan. Mit 1. Mai 2021 ist das erste Lehrberufspaket in Kraft getreten. Anfang August folgte das zweite. Vier neue Lehrangebote stechen dabei besonders ins Auge. Wir haben also gleich genauer hingesehen:

1. Entsorgungs- und Recyclingfachkraft

Der Recyclinggedanke wird in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen – und das auch in heimischen Unternehmen. Eine kluge und vor allem vorausschauende Rückgewinnung von Wertstoffen schützt nicht nur unsere Umwelt und revolutioniert die traditionelle Abfallwirtschaft, vielmehr können Betriebe mithilfe einer optimalen Entsorgungs- und Recyclingstrategie ihre Kosteneffizienz verbessern. Was sie dafür brauchen? Ein gut ausgebildetes Team.

Lehrberufspaket
Optimale Recyclingprozesse tragen maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei. Heimische Unternehmen sind daher stets auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften.Foto: adobe stock | Chanchai

Genau aus diesem Grund wurde im Zuge des neuen Lehrberufspaket das Berufsbild „Entsorgungs- und Recyclingfachkraft“ nun vollständig überarbeitet. Zukünftige Lehrlinge müssen vor allem entsprechende Kompetenzen im EDV-Bereich aufweisen. Schließlich hält die Digitalisierung auch im Entsorgungs- und Ressourcenmanagement Einzug. Den Nachwuchs erwarten etwa digitale Tourenplanungen und umfassende elektronische Aufzeichnungs- und Meldepflichten. Wer sich für diesen Berufszweig entscheidet, lernt Abfallvermeidungs- und Recyclingpotenziale in Betrieben zu erkennen und zukünftige Entwicklungen richtig abzuschätzen. Nach einer Lehrzeit von insgesamt drei Jahren dürfen sich Lehrlinge offiziell Entsorgungs- und Recyclingfachmann oder Entsorgungs- und Recyclingfachfrau nennen.

2. MechatronikerIn

Wer sich für eine Lehre in der Mechatronik entscheidet, der bzw. die plant, konstruiert und entwickelt mechatronische Systeme für die industrielle Produktion. Damit aber nicht genug: In Zukunft werden Lehrlinge auch zu echten 3D-ExpertInnen ausgebildet. Stichwort: Industrie 4.0. Das bisherige Ausbildungsangebot im Lehrberuf Mechatronik wird durch das Spezialmodul „Additive Fertigung“ ergänzt. Unter additiver Fertigung versteht man den automatisierten Prozess zur Herstellung maßstäblicher, dreidimensionaler, physischer Objekte unmittelbar aus einem 3-Drucker.

Veränderte Anforderungen in der industriellen Produktion verlangen neue Kompetenzen und Fertigkeiten, die laut ExpertInnen bis dato noch nicht ausreichend zur Verfügung standen. Angehende Lehrlinge müssen die Funktionsweise und den Aufbau von Maschinen und deren Bedienung kennen. Darüber hinaus rückt der optimale Umgang mit der entsprechenden Software und 3-Druckern im Vordergrund. Die Ausbildung im Modullehrberuf Mechatronik inklusive des Spezialmoduls dauert für fleißige Lehrlinge vier Jahre.

3. VerpackungsmitteltechnikerIn

Bevor fertiges Packgut heimische Produktionshallen verlässt, muss es zuerst transportfähig gemacht werden. Und genau hier kommen VerpackungsmitteltechnikerInnen ins Spiel. Sie betreuen die zuständigen Maschinen und Anlagen für die Herstellung von Verpackungsmitteln und kontrollieren den Produktionsprozess sowie die Qualität des fertigen Produkts. Doch auch Kreativität ist gefragt: Immerhin sind ArbeiterInnen in diesem Bereich für das Entwerfen und Fertigen neuer Packmittelmuster zuständig.

Lehrberufspaket
Angehende VerpackungsmitteltechnikerInnen sollen Verständnis für High-Tech, Kreativität und Freude an individuellen Lösungen mitbringen.Foto: adobe stock | Seventyfour

Die Anforderungspalette an zukünftige VerpackungsmitteltechnikerInnen wird mit der Neugestaltung des Lehrberufspaket erweitert – der voranschreitenden Digitalisierung sei Dank. Lehrlinge müssen etwa mit computergesteuerten Hochleistungsmaschinen, digitalisierten Anwendungstechnologien und aktualisierten CAD-Anwendungen in der Produktion umgehen können. Sprich: Sie entwerfen, konstruieren und präsentieren Konstruktionszeichnungen und Verpackungen, sowohl für 2D- als auch 3D-Modelle. Der Fokus wird in Zukunft außerdem auch auf intelligenten Verpackungen, die im Zusammenspiel mit Elektronik und biochemischen Indikatoren hergestellt werden, sowie auf Verpackungen, die beispielsweise die Haltbarkeit von Lebensmittel verlängern, liegen. Der Lehrberuf Verpackungstechnik ist mit einer Lehrzeit von dreieinhalb Jahren eingerichtet.

4. BetonfertigteiltechnikerIn

Wie der Name bereits verrät, stellen BetonfertigungstechnikerInnen Betonwaren und/oder Betonfertigteile für den Hoch- und Tiefbau her. Kleiner Auszug aus ihrer Produktpalette: Mauersteine, Betonpflastersteine, Randsteine, Treppen, Gartenmauerteile oder Bahnschwellen. Mit Inkrafttreten des neuen Lehrberufspakets wurden aus BetonfertigungstechnikerInnen nun sogenannte BetonfertigteiltechnikerInnen. An der Bezeichnung ändert sich zugegebenermaßen nicht sehr viel, bei den geforderten berufsspezifischen Kompetenzen sieht es allerdings ein wenig anders aus.

Demnach darf sich der Nachwuchs noch intensiver mit der Betontechnologie, Schalungstechnologie und Beton- und Betonfertigteilherstellung auseinandersetzen. Darüber hinaus wird im Laufe der dreijährigen Ausbildung vor allem auf die Qualitätssicherung im gesamten Herstellungsprozesses geachtet. Und auch zukünftige BetonfertigungstechnikerInnen werden nicht an der Industrie 4.0 vorbeikommen. Das Arbeiten mit digitalen Anwendungen ist im aktualisierten Lehrangebot genauso wichtig wie die digitale Kommunikation.

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