Textilbeton Straßenbau

Textilbeton aus der Stickmaschine

Textilbeton gilt als ein Baustoff der Zukunft. Er ist leichter und dünner, aber robuster als Stahlbeton. Das Vorarlberger Industrieunternehmen Röfix setzt ihn jetzt erstmals in Österreich bei einer Brückensanierung ein.

Brückensanierungen – für Autofahrer ein Signalwort für Stau, Wartezeit, Ärger. Für den Vorarlberger Baustoffhersteller Röfix dagegen Betätigungsfeld für spannende Entwicklungsarbeit. Denn zur Verstärkung der Krumbachbrücke bei Damüls im Bregenzerwald wird ein neuartiger Textilbeton eingesetzt, laut Röfix eine Österreich-Premiere.

Textilbeton gilt als aussichtsreicher Nachfolger des klassischen Stahlbetons. Der Unterschied: Bei Stahlbeton wird ein Gitter aus Stahlstäben wie ein Skelett in den Beton eingegossen. Damit dieser Betonmantel stabil und schützend wirkt, muss er auf jeder Seite mindestens drei bis vier Zentimeter dick sein. Das erzwingt eine Gesamtmindestbreite der Bauteile von sechs bis acht Zentimeter.

Garne aus Carbon und Glas

Außerdem bekommt die Betonhülle aufgrund von Witterungseinflüssen mit der Zeit feine Risse, durch die Feuchtigkeit in den Baukörper eindringen kann und den Stahl zum Rosten bringt. Die Stabilität schwindet, der Sanierungsbedarf steigt.

Bei Textilbeton ist das Prinzip dasselbe, nur die zum Einsatz kommenden Werkstoffe sind andere. Statt Stahl werden Garne aus alkaliresistentem Glas, Basalt oder Carbon verwendet. Diese Hochleistungsfasern werden auf speziellen Textilmaschinen zu einer gitterartigen Struktur verarbeitet. Diese können nicht rosten und brauchen damit keinen zentimeterdicken Korrosionsschutz aus Beton.

Enge Kooperation mit Universitäten

Aber auch der Beton selbst unterscheidet sich. Er ist feinkörniger, fester und die Betonummantelung trotz einer bis zu sechsmal höheren Zugfestigkeit als Stahlbeton mit ein bis zwei Zentimeter deutlich dünner. Durch die strukturmechanischen Eigenschaften vergrößert sich die Möglichkeit, Bauwerke mit bislang nicht gekannter filigraner Ästhetik realisieren zu können. Die Bauteile werden schlanker und damit leichter und sind nachhaltiger, da sich sowohl der bei der Herstellung anfallende Ressourceneinsatz und der entstehende Energieverbrauch und damit die Emissionen als auch das spätere Transportgewicht verringern.

Röfix Textilbeton
Eine rostfreie, hochfeste Gitterstruktur wird mit Beton ummantelt.Foto: Röfix

Diese Baustoffinnovation kommt ursprünglich aus Deutschland. An der Technischen Universität Dresden wird seit Längerem an dem Verbundwerkstoff geforscht. Seit rund zehn Jahren befassen sich auch WissenschafterInnen am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften der Universität Innsbruck mit den Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten des innovativen Baustoffs. 

Maßanfertigungen für die Baustelle

Das Potenzial ist laut ExpertInnen groß. „Die Materialkombination aus Carbon und Beton liefert mehr als die Summe ihrer Teile und führt zu einer neuen Art zu konstruieren, zu bauen und zu leben“, heißt es seitens der Uni Innsbruck. Tatsächlich können die zum Einsatz gebrachten Hochleistungsfaserstoffe durch textiltechnische und -chemische Verfahren schon bedarfsgerecht in der richtigen Größe und Dimension für die jeweiligen Anwendungen produziert werden. 

Parallel steigt angesichts zunehmender Verkehrslasten im Straßenbrückenbau der Bedarf an leistungsstarken Werkstoffen, die eine ökologisch und ökonomisch effiziente Instandsetzung und Verstärkung bestehender Tragestrukturen ermöglichen. Textilbeton kann das. 

Premiere an einer Straßenbrücke

Röfix hat den Baustoff durch intensive Entwicklungsarbeit zur Marktreife gebracht. In Kundl im Bezirk Kufstein wurde zuletzt eine in die Jahre gekommene Fußgängerunterführung einer ÖBB-Gleisanlage mit Textilbeton saniert. Ein Test für die Krumbachbrücke im Bregenzerwald.    

Das 150 Meter lange Bauwerk stammt aus den 1980er-Jahren. Bei einer routinemäßigen Kontrolle wurden Schiefstellungen und Risse im Tragwerk festgestellt. Eine Sanierung wurde notwendig. Die Brückenunterseite wird jetzt mit Textilbeton ummantelt. „Es ist österreichweit das erste diesbezügliche Projekt“, ist man bei Röfix stolz. 

6.600 Quadratmeter Textilgewebe

Auch für die speziell geschulten BauarbeiterInnen ist es eine besondere Herausforderung. Sie müssen enorm genau arbeiten, da das Material sehr fein verarbeitet wird und die Betonschicht sehr dünn ist. Zunächst wird der schadhafte Altbeton mittels Hochdruckwasserstrahl entfernt. Danach wird eine erste Schicht der insgesamt rund einhundert Tonnen Nassspritzmörtel eingespritzt und die vorab gestickten und beschichteten, rund 6.600 Quadratmeter Textilgewebe eingebettet. Abschließend kommt eine weitere dünne Betonschicht darüber und die Fläche wird glatt abgezogen. Fertig.

Die Uni begleitet das Projekt mit umfangreichen Messungen und Materialtests. „Wir blicken positiv in die Zukunft, dass weitere Projekte in dieser Richtung folgen werden. Bis dahin werden die Ergebnisse der aktuellen Sanierung genau beobachtet“, erklärt Röfix-Geschäftsleiter Christian Höberl.

„Hohe Energiepreise treffen auch uns“: Röfix-Geschäftsleiter Christian Höberl

Ihn beschäftigen aktuell aber auch weniger erfreuliche Themen. „Die hohen Kosten am Energiemarkt treffen auch uns deutlich“, sagt Höberl. Vor allem im Bereich der Beschaffung von
Rohstoffen, aber auch in der eigenen Fertigung wirken sich die steigenden Energiepreise auf die
Kosten aus. „Diese Preissteigerungen müssen wir zwangsweise auch an unsere Kunden weitergeben.“

GUT ZU WISSEN

  • Die Röfix AG mit Hauptsitz in Röthis (Vorarlberg) ist ein führender Hersteller und Anbieter von Baustoffprodukten und -systemen mit einer rund 130-jährigen Firmentradition.
  • Aktuell werden 260 MitarbeiterInnen beschäftigt, 27 davon im Bereich Forschung und Entwicklung.
  • Pro Lehrjahr werden zudem ein bis zwei Lehrlinge aufgenommen. „Die Rekrutierung läuft aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels erschwert“, sagt Geschäftsführer Christian Höberl.
  • Zuletzt wurde ein Umsatz von 73,4 Millionen Euro erwirtschaftet.
Credits Artikelbild: adobe stock | Photographee.eu

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