TU Graz klimaneutral

Wie die TU Graz als erste Hochschule Österreichs klimaneutral werden will

Als erste Hochschule Österreichs möchte die TU Graz bis 2030 klimaneutral sein. Dafür muss sich das Mobilitätsverhalten der Mitarbeiter:innen und Studierenden ändern. Doch wie bringt man Tausende von Menschen dazu, die ehrgeizigen Maßnahmen mitzutragen?

Lasst das Auto stehen und steigt auf Fahrrad, Bus und Straßenbahn um. Oder wenigstens auf ein E-Auto.“ Das sagt sich leicht. Leicht gemacht wird es einem aber nur selten. Denn wer sich tatsächlich für klimafreundliche Alternativen entscheidet, braucht oft Nerven, Geld und Zeit – und entsprechende Rahmenbedingungen am Arbeits- und Ausbildungsplatz.

Hier kommt nun die Technische Universität Graz ins Spiel, eine der traditionsreichsten technisch-naturwissenschaftlichen Forschungs- und Bildungsinstitutionen Österreichs mit sieben Fakultäten, 100 Instituten, knapp 4.000 Mitarbeiter:innen und mehr als 13.700 Studierenden aus 100 Ländern, darunter auch eine Reihe von Klimaspezialist:innen. Allein im Jahr 2020 liefen an der TU Graz 83 nationale und internationale Forschungsprojekte, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz beschäftigten.

TU Graz klimaneutral
Die TU Graz ist am Weg die erste klimaneutrale Universität Österreichs zu werden. Projektleiter Günter Getzinger, TU Graz-Rektor Harald Kainz, Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Forschungs-Vizerektor Horst Bischof (v.l.n.r.) präsentierten Details zum Projekt.Foto: Lunghammer – TU Graz

Roadmap gibt Weg zur klimaneutralen Uni vor

Mit der „Roadmap Klimaneutrale TU 2030“ möchte man aber noch einen Schritt weiter und mit gutem Beispiel vorangehen. „Mithilfe unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unserer Studierenden werden wir die CO2-Emissionen unserer Universität bis 2030 neutralisieren“, ist der Rektor der Hochschule, Harald Kainz, überzeugt. 

Rund 40 Einzelmaßnahmen und Maßnahmenbündel, die in der Roadmap festgehalten sind, werden bereits umgesetzt. Sie reichen von Energieeinsparung und der Produktion grüner Energie über die längere Nutzungsdauer von IT-Geräten bis hin zur vermehrten Verwendung CO2-ärmerer Lebensmittel (bis 2024 soll zum Beispiel Rindfleisch gänzlich aus der Mensaküche verbannt werden).

Keine Gnade für die Wade

Eine wichtige Rolle kommt aber auch dem Mobilitätsverhalten der Mitarbeiter:innen und Studierenden zu. Doch wie bewegt man so viele Menschen dazu, sich klimafreundlich zu bewegen? Bewusstseinsbildung ist das eine, konkrete Förderangebote sind das andere. So erhalten Mitarbeiter:innen vergünstigt eigens mit dem TU-Logo versehene Fahrräder. Für den Kauf eines E-Bikes oder eines Lastenrades gibt es eine Förderung in der Höhe von 150 Euro. Damit können TU-Mitarbeiter:innen auch längere Strecken bequem zurücklegen oder beispielsweise die Kinder auf dem Weg in die Arbeit im Kindergarten absetzen beziehungsweise von dort abholen.

TU Graz klimaneutral
Mitarbeiter:innen erhalten vergünstigt eigens mit dem TU-Logo versehene Fahrräder.Foto: Lunghammer – TU Graz
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Für den Kauf eines E-Bikes gibt es zudem eine Förderung in der Höhe von 150 Euro.Foto: Lunghammer – TU Graz

Die Aktivitäten fruchten: Mittlerweile radeln 46 Prozent der Mitarbeiter:innen regelmäßig zum Campus. Bis 2030 sollen außerdem mehr als 2.100 überdachte Radabstellanlagen entstehen sowie bessere Radwege zwischen den Campusarealen und anderen Grazer Unis geschaffen werden. Zusätzlich werden Self-Service-Stationen und Duschen vor Ort errichtet sowie Servicetage oder Fahrradsicherheitstrainings angeboten.

Ticket statt Parkplatz

21 Prozent der Belegschaft fahren jedoch nach wie vor mit dem Auto in die Arbeit und nur 20 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Hier werde man einen Zahn zulegen, sagt Günther Getzinger, der die Mobilitätswende an der TU als Projektleiter begleitet. So werden Parkberechtigungen – außer aus sozialen Gründen – nur mehr ab einem Anfahrtsweg von mehr als drei Kilometern erteilt und die Parkgebühren sukzessive erhöht. 

Wer auf die Parkberechtigung verzichtet, erhält hingegen Kostenzuschüsse für die Grazer Netzkarte, das Klimaticket Steiermark oder das Klimaticket Österreich. Bis Ende 2030, so das Ziel, sollen 90 Prozent der Bediensteten der TU Graz entweder zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem E-Bike oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen. Wer den PKW nicht stehen lassen kann, bekommt die Nutzung von E-Autos gefördert. Bis 2030 will man so einen Anteil von 50 Prozent E-Mobilität bei den Autofahrer:innen erreichen. Dementsprechend werden die Ladepunkte von derzeit 30 auf 200 ausgebaut.

Videokonferenz statt Geschäftsreise

Um 50 Prozent reduzieren möchte man parallel die Treibhausgasemissionen, die bei Dienstreisen und Auslandsaufenthalten entstehen. Dadurch sollen 3.700 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Ein eigenes Monitoring-Tool ermöglicht es Mitarbeiter:innen zudem, ihre individuelle CO2-Bilanz abzurufen. Die daraus gewonnenen Daten sollen dabei helfen, Dienstreisen in Zukunft noch klimafreundlicher zu gestalten.

Mithilfe unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unserer Studierenden werden wir die CO2-Emissionen unserer Universität bis 2030 neutralisieren.

Harald Kainz, Rektor der Hochschule

Am besten fürs Klima sind aber nach wie vor jene Geschäftsreisen, die erst gar nicht angetreten, sondern durch Videokonferenzen ersetzt werden. Daher arbeitet man gleichzeitig am Ausbau der Telekonferenzinfrastruktur. Ist es jedoch nicht möglich oder sinnvoll, das Arbeitsgespräch online zu führen, wird innerhalb Europas die Nutzung von Fernbussen, der Bahn oder Nachtzügen gefördert, während auf Flugreisen eine Klimaschutzabgabe eingehoben wird, um damit weitere Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren.

Grüne Energie vom Dach

Viel vorgenommen hat man sich auch in Sachen Energiemanagement. Hier setzt die TU Graz unter anderem auf die Produktion von grüner Energie. So sind die Dachflächen am Campus Inffeldgasse bereits mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Ab 2025 will die TU Graz außerdem ausschließlich Strom aus 100 Prozent zertifizierten, erneuerbaren und regionalen Quellen beziehen. Bei Neubauten kommen Wärmepumpen und Erdwärmespeicher zum Einsatz, und die Nutzung von Abwärme – etwa von Großrechenanlagen – wird optimiert. Dadurch sollen die Emissionen jedes Jahr um mehr als 12.000 Tonnen reduziert werden.

TU Graz klimaneutral
Ab 2025 will die TU Graz außerdem ausschließlich Strom aus 100 Prozent zertifizierten, erneuerbaren und regionalen Quellen beziehen.Foto: Lunghammer – TU Graz

Die in der Roadmap festgehaltenen Ziele sind ohne Zweifel ehrgeizig, dessen ist sich auch Projektleiter Günther Getzinger bewusst. Doch „Universitäten, und speziell wir als Technische Universität, sollten zu den Ersten und Engagiertesten gehören, die Klimaneutralität erreichen. Wir sehen uns da ganz deutlich in der Vorbildrolle und wollen zeigen, dass das möglich ist.“

Gut zu wissen

Die Grundlage für die Roadmap bildet eine Treibhausgasbilanz, die die TU Graz basierend auf Daten von 2017 erstellt hat. Demnach machen Stromverbrauch und Fernwärme den größten Anteil an den Gesamtemissionen von damals knapp 22.000 Tonnen aus. Auf Platz drei landen aber schon die Dienstreisen und das Pendeln von Mitarbeiter:innen und Studierenden, gefolgt von Auslandsaufenthalten für Studium und Arbeit.

Credits Artikelbild: Symobild: Adobe Stock | EFStock

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