Doppelmayr Seilbahn Vietnam (2)

Weltrekorde, die am Seil hängen

Die Vorarlberger Doppelmayr-Gruppe baut auf der ganzen Welt Seilbahnanlagen – nicht nur auf Skibergen, sondern auch am Strand und auf Inseln. Die längste der Welt entsteht gerade in der Karibik. Wir sind in Vietnam zur höchsten Stütze der Welt gegondelt.

Zwischen der Wasseroberfläche des chinesischen Meeres und den eigenen Schuhsohlen liegen 214 Meter. Und eine dünne Metallplatte. Sie bildet den Boden der Gondelkabine, die gerade mit einem sanften Schaukeln die weltweit höchste Stütze einer Seilbahnanlage passiert. Höhenangst wäre jetzt keine gute Reisebegleiterin. 

Der Betonpfeiler steht auf einem Fundament mitten im Wasser. Rundherum: voll beladenene, tief im Wasser liegende Frachtschiffe, dazwischen kleine Fischerboote, ein Containerterminal mit mächtigen Krananlagen und der Hafen der eher rustikalen Fähren. Sie bringen jene Erholungssuchende hinüber auf die Insel Cát Bà, die sich die 100.000 Dong – umgerechnet vier Euro – für die knapp vier Kilometer lange und neun Minuten dauernde Fahrt mit der Seilbahn nicht leisten wollen.

Seilbahn für 11.000 Personen

Zwei Jahre haben die Bauarbeiten an dieser Anlage vor der Küste von Hai Phong, Vietnams drittgrößter Stadt, gedauert, bevor sie im Juni 2020 eröffnet wurde. Errichtet hat sie der Vorarlberger Seilbahnspezialist Doppelmayr. Neben der höchsten Stütze bietet sie mit einer Transportkapazität von 5.500 Personen pro Stunde je Richtung einen weiteren Weltrekord.

Weltrekord. Eine Fakt & Faktor-Gondelfahrt in Vietnam, die über die derzeit weltweit höchste Stütze (214 Meter) einer Seilbahnanlage führt. Errichtet wurde sie vom Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr.

Alle zwanzig Sekunden schaukelt eine der 30 Fahrgäste fassenden Panoramakabinen aus der „Talstation“. Bei Vollbetrieb kann so alle 40 Sekunden mehr als ein 50-Personen-Bus abgefertigt werden. Entsprechend geräumig sind die Stationen mit ihren Kassenschaltern und Rolltreppen angelegt.

15 Kilometer-Ausbau geplant 

Das spiegelt das Potenzial wider, mit dem die Entwicklungsgesellschaft Sun World hier kalkuliert. Wenn erst einmal die geplanten Ferienanlagen auf der Insel fertig sind, soll auch die Seilbahn um drei Sektionen zu jeweils fünf Kilometern quer über die Insel in die weltbekannte Halong-Bucht verlängert werden.

Vietnam ist einer der asiatischen „Stammkunden“ von Doppelmayr – 27 Anlagen sind hier bereits realisiert, fünf weitere in Planung – und immer wieder Ort von Weltrekorden. Erst vor vier Jahren eröffnete man hier die mit 7,9 Kilometer damals längste Seilbahn der Welt. Sie führt ebenfalls über das Meer und verbindet die beiden Ferieninseln Phú Quốc und Hòn Thơm im Süden Vietnams.

Längste Seilbahn der Welt

Auf der anderen Seite der Welt arbeitet Doppelmayr parallel an einem weiteren Weltrekord in einer anderen Wertungskategorie. Auf Dominica, einem Inselstaat in der Karibik, entsteht bis Anfang 2024 die längste Einseilumlaufbahn der Welt. Die 6,6 Kilometer lange Bahn wird den Boiling Lake – die zweitgrößte Thermalquelle der Welt – für Tagesgäste erreichbar machen. Noch braucht es eine siebenstündige Wanderung, um von der Hauptstadt Roseau in das Naturparadies zu gelangen. Mit der Gondel werden es nur noch zwanzig Minuten sein. In der Talstation sollen zudem Shopping- und Einkehrmöglichkeiten geschaffen werden, im Bereich rund um die Bergstation werden ein Restaurant und eine Panoramaterrasse errichtet.

An der Pazifikküste Mexikos wird indes an der ersten Seilbahn in einem Strandresort gebaut. Von der Sonnenliege geht es über Golfplätze in einen Erholungs-Abenteuer-Themenpark im Hinterland. Die VIP-Kabinen verfügen dabei über einen Minikühlschrank, Ledersessel, großzügige Bildschirme samt Soundsystem und einen Glasboden, der auf Knopfdruck zwischen blickdicht und durchsichtig wechseln kann.

Ausbau in Mexiko City

Technisches „Bling-Bling“, das bei Seilbahnen, die als öffentliche Massenverkehrsmittel in Städten im Einsatz sind, keinen Platz hat. Hier ist robuste Praktikabilität gefragt. Eine Doppelmayr-Anlage hat sich diesbezüglich zuletzt in Mexiko City bewährt. Im Juli vergangenen Jahres wurde das im Norden der Hauptstadt gelegene Viertel Cuautepec, in dem 3,5 Millionen Menschen leben, mit einem wichtigen, weiter stadteinwärts gelegenen Mobilitätsknotenpunkt mit einer neun Kilometer langen Seilbahn verbunden. Ein 140-Millionen-Euro-Projekt. Die Reisezeit für die PendlerInnen konnte damit im Vergleich zu Stadtbussen halbiert werden.

Doppelmayr Seilbahn Singapur
Neben Mexiko-City, La Paz und bald auch Paris fährt auch in Singapur (Foto) eine Doppelmayr-Seilbahn als Stadtverkehrsmittel.Foto: Doppelmayr

Jetzt hat man einen Folgeauftrag an Land gezogen. Bis Ende 2023 soll in der mexikanischen Hauptstadt mit der „Cablebus Linea 3“ eine zusätzliche 5,4 Kilometer lange Seilbahnstrecke mit sechs Stationen entstehen. Die Seilbahn wird unter anderem den Bahnhof eines Vorstadtzuges mit der U-Bahn verbinden. Pro Jahr erwartet man rund zwölf Millionen PassagierInnen.

Rollengenerator liefert Strom für Kabinen

Während diese Projekte auf maximale Kapazität ausgelegt sind, um eine leistungsstarke Alternative zum straßengebundenen Verkehr darzustellen, wird im „Stammrevier“ Doppelmayrs – den (Ski-)Bergen – derzeit aufgrund der massiven Energiepreissteigerungen auch über weniger Gondeln, langsamere Fahrgeschwindigkeit und kürzere Betriebszeiten nachgedacht. 

Der Seilbahnspezialist hat aber auch technische Lösungen Richtung mehr Effizienz entwickelt. Ein Beispiel ist ein Laufrollengenerator, der schon bei zahlreichen 3S-Bahnen im Einsatz ist. Er ist im Laufwerk integriert und erzeugt während der Fahrt Energie, mit der die Kabinen versorgt werden können. Und um die Fahrgastbelegung zu optimieren, sind wiederum beispielsweise bei der „Flying Mozart“-Bahn im Salzburger Skigebiet Flachau in den Sitzen Sensoren verbaut. Sie liefern in Echtzeit Informationen über die tatsächliche Auslastung in den einzelnen Gondeln an Überkopfanzeigen bei der Mittelstation. Dort können sich die wartenden Fahrgäste dann zielgerichteter fürs Zusteigen in die 10er-Gondel vorbereiten.

GUT ZU WISSEN

  • Die Doppelmayr-Gruppe mit Hauptsitz in Wolfurt in Vorarlberg betreibt Produktionsstandorte sowie Vertriebs- und Serviceniederlassungen in 50 Ländern der Welt.
  • Von den 3.200 MitarbeiterInnen sind rund 1.600 in Österreich beschäftigt. Zuletzt wurde ein Umsatz von 763 Millionen Euro erwirtschaftet.
  • Bisher wurden insgesamt über 15.400 Seilbahnanlagen in 96 Staaten realisiert.
  • Anfang Oktober wurde der in Oberweis (Bezirk Gmunden) ansässige Kabinenhersteller Carvatech übernommen. Carvatech baut seit 1956 Seilbahnkabinen und beschäftigt aktuell 50 MitarbeiterInnen.
Credits Artikelbild: Höfler

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