Solare Prozesswärme

Wenn die Sonne auf die Tube drückt

In der Regel erzeugen wir Hitze durch fossile Energie oder die Zufuhr von Strom. Dabei lässt sich die Hitze der Sonne auch auf der Erde direkt nutzen. Das nennt man dann Solare Prozesswärme. Klingt kompliziert, ist aber supereinfach. Das stellt nun ein neues Infoportal unter Beweis.

Wenn Rudolf Berger heute einen seiner Schinken in der Supermarktvitrine sieht, freut er sich. Nicht bloß, weil das bedeutet, dass seine köstlichen Erzeugnisse den Weg von der eigenen Fleischerei im niederösterreichischen Sieghartskirchen erfolgreich Richtung EndverbraucherIn gefunden haben. Er freut sich auch, weil er weiß, dass seine Schinkenproduktion für unseren Planeten gut ist. Schließlich ist die Fleischwaren Berger GmbH & Co. KG nicht nur Vorreiter „bei traditionell und gentechnikfrei hergestellten Fleischprodukten“, wie er selbst betont. Sondern auch in Sachen Energieeffizienz.

Wenn die Sonne unser Wurstwasser kocht

Aber wovon spricht der Mann da genau? Tatsächlich geht es bei der Herstellung von Fleischprodukten, die länger halten sollen, immer auch darum, diese zu erhitzen. Konkret bedeutet das in unserem Beispiel, dass jährlich 18.000 Tonnen Fleisch zu Wurst und Schinken verarbeitet werden, die während der Herstellung auf genau 95 Grad Celsius erhitzt werden. Es muss also recht viel Energie zugeführt werden. Und eben diese Energie bezieht man bei diesem Unternehmen inzwischen nicht mehr durch das Verbrennen von Heizöl. Sondern direkt von der Sonne – mittels sogenannter Solarer Prozesswärme.

Man glaubt gar nicht, in wie vielen unterschiedlichen Bereichen diese einfache und besonders effiziente Form der Energieerzeugung schon zum Einsatz kommt oder aber nützlich wäre.

Roger Hackstock, GF des Verbands Austria Solar

Bei dieser Form der Energieerzeugung wird die Solarenergie nicht etwa erst in Strom und dann in Wärme umgewandelt. Vielmehr wird in sogenannten Solarthermiekollektoren die Wärme der Sonne gesammelt, in Wasser gespeichert und so an jenen Ort transportiert, an dem sie gebraucht wird. Im Betrieb von Rudolf Berger wird auf diese Weise ein 60.000-Liter-Pufferspeicher konstant mit solarer Hitze gefüttert. Mit ihm wird das Speisewasser erhitzt, um Schinken kochen zu können. Oder um andere Produkte trocknen zu lassen. Denn auch dafür wird die Solare Prozesswärme in diesem Betrieb verwendet.

Heiße Sonnenfakten zum Durchklicken:

  • Solare Prozesswaerme
    15 Millionen Grad. So viel Hitze herrscht im Kern der Sonne. Hier verschmelzen Wasserstoffatome zu Helium und setzen durch Kernfusion enorme Energiemengen frei.
  • 8 Minuten. So lange braucht ein Sonnenstrahl, um die 150 Millionen Kilometer von der Sonne zur Erde zurückzulegen.
  • 10.000-mal. So oft könnte man den gesamten Weltenergiebedarf jedes Jahr decken, wenn man ausschließlich Sonnenenergie nutzen würde.
  • 300.000 Stück. So viele Solarwärmeanlagen sind aktuell im Einsatz, um die Sonnenenergie für Heizen, Warmwasser und Prozesswärme zu nutzen.
  • 5 Millionen. So viele Quadratmeter Kollektorfläche sind in Österreich aktuell installiert.

„Man glaubt gar nicht, in wie vielen unterschiedlichen Bereichen diese einfache und besonders effiziente Form der Energieerzeugung schon zum Einsatz kommt oder aber nützlich wäre“, sagt Roger Hackstock. Der 58-Jährige beschäftigt sich als Geschäftsführer des Verbands Austria Solar bereits seit vielen Jahren mit dem Fachthema Solare Prozesswärme. Er weiß: Diese grüne Methode zur Wärmegewinnung kann in der heimischen Industrie in vielen Bereichen großflächig eingesetzt werden. Man kann damit kochen, pasteurisieren. Galvanische Becken auf Temperatur halten. Fertigungshallen heizen oder Lacke trocknen lassen.

Roger Hackstock
Roger Hackstock ist Experte in Sachen Solare ProzesswärmeFoto: Foto Wilke

Spannend für alle, die gerade gern ein Bier zum Kickschauen konsumieren: Das Bier wurde vermutlich mittels Solarwärme gebraut. Die Gösser Brauerei braut 2,6 Millionen Liter Bier pro Jahr mit Sonnenenergie. „Damit ist sie die weltweit erste CO2-neutrale Großbrauerei“, betont Hackstock.  

Fast jedes Unternehmen ist auf Wärme angewiesen

Seiner Erfahrung nach würde jeder Betrieb an irgendeiner relevanten Stelle Wärme benötigen. Und sobald dies der Fall ist, ist es langfristig fast immer sinnvoll, diese Wärme von Solarkollektoren erzeugen zu lassen, ist sich der Experte sicher. Weil sich das aber noch in den wenigsten Unternehmerköpfen eingebrannt hat, übernimmt Hackstock nun die Informationsinitiative.

Gemeinsam mit seinem Team entwickelte er eine Plattform, die das Thema einfach und jederzeit nahebringt. Vor allem aber kann man hier auch anhand diverser Vorreiterbeispiele auf Anhieb sehen, ob und wie diese Technologie auch für den eigenen Betrieb eingesetzt werden kann. Ein Online-Quick-Check sowie viele weitere Informationsebenen unterstreichen das.

Solare Prozesswärme hilft bei der Energiewende

Eine Maßnahme, die in Anbetracht der hochgesteckten Klimaziele noch zusätzlich befeuert wird. Hackstock rechnet nüchtern vor: „Die Treibhausgasemissionen in Österreich steigen kontinuierlich – und das trotz aller Maßnahmen, die bisher getroffen wurden. Den größten Anteil an den Emissionen im Land stellen mit 44 Prozent unbestritten Industrie und Energieerzeugung dar. Solare Prozesswärme setzt genau hier an und bietet der Industrie eine hervorragende Möglichkeit, ihren Anteil am Klimaschutz zu leisten.“

Sie sei ein Lösungsansatz, um die Emissionen zu verringern und gleichzeitig die Wärmeversorgung langfristig wirtschaftlich und nachhaltig zu gestalten. Schließlich würden mit der geplanten CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe solche Lösungen auch wirtschaftlich unschlagbar werden. Laut Hackstock ein weiterer Pluspunkt: die Sache mit dem Image. O-Ton: „Eine Solaranlage wird von KundInnen und GeschäftspartnerInnen sofort als klimafreundlich erkannt und eignet sich damit ausgezeichnet, um die Stellung des Unternehmens als klimabewusst zu verdeutlichen.“

Solare Prozesswärme
Durch die Nutzung von Solarer Prozesswärme kann Berger Schinken über 200 Tonnen CO2 einsparen.Foto: Berger Schinken

Dass dies am Ende das genaue Gegenteil des aktuell zurecht gefürchteten Schlagworts Greenwashing ist, beweist eindrucksvoll die Anlage von Rudolf Berger: Ihre weithin sichtbaren 1.067 Quadratmeter Kollektorfläche stehen nicht nur optisch, sondern auch rechnerisch für die Einsparung von CO2. Konkret sind es 62.500 Liter Heizöl, die nicht mehr verbrannt werden. Und das entspricht einer Reduktion von 219 Tonnen CO2 pro Jahr, um die sein Schinken seither besser schmeckt.

Hier geht’s zur digitalen Werkführung durch die Anlage von Berger:

Unterschied Solarthermie & Photovoltaik

Solarthermiekollektoren erzeugen heißes Wasser. Sie sammeln die Wärme der Sonne im Wasser oder anderen Flüssigkeiten. Daher nennt man sie Kollektoren. Sie werden ausschließlich im Zusammenhang mit Solarthermie verwendet.

Photovoltaikmodule wandeln das Licht der Sonne in elektrischen Strom und nicht in Wärme um. Würde man den so entstehenden Strom weiter in Hitze verwandeln, entstünde durch diesen mehrteiligen Prozess ein großer Energieverlust.

Credits Artikelbild: Titelbild: GREENoneTEC

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