Nicht nur Formel 1-Boliden, Geländewagen und Motorräder müssen im Zuge ihrer Entwicklung ausgiebig getestet werden – auch Bagger. In Oberösterreich gibt es dafür ein neues Testgelände. Kröten inklusive.
Um exakte Lärmmessungen durchführen zu können, braucht es zunächst genau das Gegenteil: möglichst viel Ruhe. Eine ehemalige Schottergrube im Hörschinger Ortsteil Gerersdorf bietet diese Voraussetzungen. Hier ist tagsüber nur das Sumsen von Wildbienen und nachts das Trillern der Wechselkröte zu hören (aber dazu später). Anrainer:innen gibt es keine. Nichts stört hier die Bagger beim Lärmen.
Die Baumaschinen kennen in dieser Umgebung nämlich keine Zurückhaltung. Müssen sie auch nicht. In der Abgeschiedenheit der Senke werden ihre Fahr-, Brems- und Grabungsgeräusche nach peniblen TÜV-Zertifizierungskriterien gemessen. Es ist ein Teil des Testgeländes, das Wacker Neuson hier, knapp 20 Kilometer südwestlich von Linz, eingerichtet hat.
Bagger-Produktion: Personal gesucht
Das Unternehmen zählt zu den führenden Herstellern von Baugeräten und Kompaktmaschinen weltweit. In Hörsching betreibt der deutsche Konzern seit 2012 mit der Wacker Neuson Linz GmbH sein 2015 ausgebautes und mittlerweile größtes Produktionswerk. Der Standort ist das konzernweite Kompetenzzentrum für Bagger und Dumper. Hier werden Ketten- und Mobilbagger sowie Ketten- und Raddumper für die Bauwirtschaft, die Industrie, Kommunen sowie den Garten- und Landschaftsbau entwickelt und gefertigt.

Zudem laufen in Oberösterreich die Fäden der konzernweiten Softwareentwicklung und Elektronik von Wacker Neuson zusammen. In den vergangenen zehn Jahren konnte so sowohl das Produktionsvolumen als auch der Personalstand am Standort mehr als verdoppelt werden. 1.100 Mitarbeiter:innen sind derzeit beschäftigt. Bis Jahresende werden mehr als einhundert neue Mitarbeiter:innen in allen Bereichen der Forschung & Entwicklung, IT sowie Produktion gesucht.
Bagger aus Hörsching für die USA
Das Geschäft brummt also wie die Bagger am Testgelände. So wurde vor einem Jahr angekündigt, zusammen mit dem US-Landmaschinen-Riesen John Deere Mini- und Kompaktbagger für den amerikanischen Markt zu bauen. Die kleineren Versionen mit einem Gewicht von bis zu fünf Tonnen werden neben dem John Deere-Werk in Menomonee Falls in den USA auch in Hörsching produziert und weltweit verkauft.
Am oberösterreichischen Standort befinden sich auf einer Grundstücksfläche von 17 Hektar aktuell fünf Montagelinien für Bagger und Dumper, eine Lackieranlage und ein Bürogebäude. Mit der neuen Teststrecke kommen nun weitere acht Hektar Fläche dazu. Die Anlage ermöglicht eine effiziente und multifunktionale Testung von Serienprodukten und Prototypen. Unter anderem werden hier vierhundertmal im Jahr behördliche Geräuschabnahmen der Baumaschinen abgenommen.
Tests für autonomes Fahren
Neben einem Geräuschmessplatz gibt es dafür auch einen Rundkurs mit Steigungen und einen Lenkparcours, einen Schlechtwegetestbereich, ein Materialdepot sowie einen Testbereich für autonomes Fahren. „Die Teststrecke ist die einzige in dieser Form im ganzen Konzern. Hier können auch Fahrzeuge getestet werden, die an anderen Standorten gebaut werden“, so Robert Finzel, technischer Geschäftsführer am Standort, anlässlich der Eröffnung.
Insgesamt wurden aber nur zehn Prozent der Gesamtfläche bebaut. Auf dem Großteil des übrigen Areals hat man ein umfangreiches Naturschutzkonzept realisiert, um die Biodiversität zu verbessern. So wurden Wiesenflächen, Feuchtbiotope und Wildbienenböschungen angelegt und damit auch einen Rückzugs- und (Über)Lebensort für die eingangs erwähnte Wechselkröte geschaffen. Sie gilt als besonders schützenswert, steht sie doch mittlerweile auf der roten Liste der streng geschützten Arten. Die Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde hat das Tier 2022 zum „Lurch des Jahres“ gekürt.
GUT ZU WISSEN
- Den Grundstein für die Unternehmensgeschichte von Wacker Neuson legte Johann Christian Wacker im Jahr 1848, als er eine Schmiedewerkstatt in Dresden gründete.
- Trotz Ukrainekrieg und der damit im Jahresverlauf zunehmenden Belastungen des wirtschaftlichen Umfelds konnte der Konzern zuletzt seinen Wachstumskurs weiter fortsetzen. Die Umsatzerlöse stiegen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 20,7 Prozent auf 2,252 Milliarden Euro.
- Seit 2012 betreibt der börsennotierte Konzern einen Produktionsstandort in Hörsching bei Linz.
- Neben einer modernen Fertigungshalle und dem neuen Testgelände, einer Lackieranlage sowie einem Bürogebäude gehören außerdem eine eigene Lehrlingswerkstatt, ein Versuchsbereich und eine Servicewerkstatt für Schulungszwecke zum Standort.