Einmal Karriere, bitte! Welche Jobs gerade echt gefragt sind

Das Corona-Virus hat Österreichs Arbeitsmarkt fest im Griff. Neben Kurzarbeit und fehlenden Lehrstellen ringt die heimische Industrie weiter um Fachkräfte. Doch was muss der Nachwuchs können? Wo kann man richtig Karriere machen?

Eines ist grundsätzlich richtig: Die Jugend von heute bestimmt die Zukunft von morgen. Und je mehr Menschen eine gute Ausbildung genießen, desto schöner und erfolgreicher kann diese auch werden. Doch wenn eine unvorhersehbare Pandemie den heimischen Arbeitsmarkt völlig ins Wanken bringt, wird die Sache freilich etwas komplexer. Kurzarbeit, Kündigung und fehlende Arbeitsplätze sind nur einige der unzähligen negativen Folgen. Zu den aktuell herrschenden Problemen gesellt sich nun noch ein altbekanntes hinzu: der Fachkräftemangel.

Neue Krise, altes Problem

Es klingt zwar wie ein Widerspruch in sich, doch auch in Zeiten der Krise werden viele ausgeschriebene Stellen nicht besetzt – vor allem in der Welt der Industrie. Das zeigen die seit 2009 regelmäßig durchgeführten Datenerhebungen der Industriellenvereinigung (IV). Diese bilden einerseits die Personalsituation der Unternehmen ab, andererseits heben sie die Bedeutung der MINT-Qualifikationen hervor, also Fähigkeiten und Kenntnisse in den Studienfachbereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Und genau da hakt es: Die Nachfrage nach Arbeitskräften mit genau solchen Fertigkeiten ist derzeit enorm hoch – das Angebot jedoch zu niedrig. Der Industrie-Arbeitsmarkt braucht also dringend Fachpersonal.

Fachkräftemangel als Dauerproblem?

Wie angespannt die aktuelle Personalsituation auf Seiten der ArbeitgeberInnen derzeit ist, verdeutlichen diese Zahlen: Annähernd 60 Prozent der österreichischen Industriebetriebe verzeichnen große Personalprobleme – vor allem in den Bereichen Technik und Produktion. Knapp jedes zweite Unternehmen hätte im Jahr 2020 weitere MINT-Jobs vergeben können – also auch während der schwierigen Krisenzeit. Diese hat nämlich tatsächlich nur geringe Auswirkungen auf den Personalbedarf im Industriesektor. Es konnte zwar kurzfristig eine gedämpfte Personalnachfrage verzeichnet werden, Experten und Expertinnen gehen aber von einer raschen Fortsetzung des Wachstumstrends im technischen Bereich aus.

Im Elf-Jahresvergleich wird deutlich, dass Österreich schon lange einem systemisch bedingten Mangel an hochqualifizierten Techniktalenten gegenübersteht. Schwierige Phasen, wie etwa die Covid-19-Krise oder die Finanzkrise im Jahr 2009, beruhigen die Situation nur kurzfristig. Sprich: Die Nachfrage bleibt annähernd konstant auf sehr hohem Niveau.

Arbeitsmarkt Industrie
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer weiß, dass bereits heute wichtige Schritte für eine erfolgreiche Industrie von morgen gesetzt werden müssen.Foto: Industriellenvereinigung

Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), bestätigt: „Die Personalschwierigkeiten der Unternehmen gerade bei MINT-Hochqualifizierten gehören auch weiterhin zu den größten Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort.“ Forschung, Technologie und Innovation sind Basis für viele heimische Unternehmen, die heute als internationale Weltmarktführer hunderttausende Arbeitsplätze sichern. Es liegt also auf der Hand, wie wichtig qualifizierte Arbeitskräfte für den Erfolg der Industriebranche sind.

Vielversprechender Arbeitsmarkt: Industrie

Doch wie soll das Profil zukünftiger MitarbeiterInnen aussehen? Sie müssen unbedingt und jedenfalls Verständnis für komplexe Abläufe und Know-how im Technikbereich mitbringen. Also: Sie müssen auf alle Fälle Kenntnisse in den MINT-Bereichen vorweisen können.

Doch fangen wir von vorne an. Genauer gesagt bei den jüngsten unter uns, den Kindern. Schon in jungen Jahren muss laut ExpertInnen die Begeisterung für Technik und Forschung geweckt werden, und zwar mithilfe innovativer Lerntechniken. Eben deshalb wurde von Seiten der Industrie selbst das „MINT-Gütesiegel“ ins Leben gerufen. Mit diesem werden Bildungseinrichtungen ausgezeichnet, die mit verschiedenen Maßnahmen innovatives und begeisterndes Lernen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik fördern und mit vielfältigen Zugängen für Mädchen und Burschen umsetzen. Eine Maßnahme, die bereits reichlich Früchte trägt: 450 Schulen oder Kindergärten wurden damit bereits ausgezeichnet!

Arbeitsmarkt Industrie
Bereits in jungen Jahren soll bei Mädchen und Burschen die Begeisterung für Forschung und Technik geweckt werden. Denn sie werden die Industrie der Zukunft maßgeblich mitgestalten.Foto: Adobe Stock | zinkevych

Maßnahmen wie diese helfen, sind aber sicher nicht genug, mahnt auch Christoph Neumayer: „Die Technikorientierung wird noch weiter zunehmen. Es ist daher außerordentlich wichtig, die Jugend auf dieser Reise in die Zukunft mitzunehmen.“ Dabei liegt das Augenmerk vor allem auf Mädchen und jungen Frauen. Sie sollen explizit für Naturwissenschaften und Technik begeistert werden.

Technische Ausbildung als Fundament der Industrie

Wenn die Industrie selbst also Wünsche nach außen trägt, wird deutlich, dass sich eben diese Sparten anbieten, um Karriere zu machen. Es sind vor allem AbsolventInnen höherer technischer Bildungseinrichtungen, denen am Industriestandort Österreich die besten Jobchancen zugesprochen werden. Sprich: Höhere Technische Lehranstalten (HTL), technische Fachhochschulen (FH) und Universitäten. Knapp drei von vier Unternehmen planen in den nächsten Jahren eine deutliche Personalerhöhung für AbsolventInnen dieser Bildungseinrichtungen ein.

Doch wer muss am Industrie-Arbeitsmarkt was können? AbsolventInnen einer HTL werden besondere Fähigkeiten in der Produktion und im direkten Kundenkontakt zugesprochen. Universitätsgraduierte finden hauptsächlich in Forschung und Entwicklung ihren Platz. Und wer einen erfolgreichen FH-Abschluss in der Tasche hat, kann vor allem im IT-Bereich punkten.

Industrie 4.0 als Gewinner der Krise

Stichwort: Digitalisierung. Schon mehr als 83 Prozent der Industriebetriebe in Österreich nutzen die Vorteile der digitalen Möglichkeiten, also der sogenannten Industrie 4.0. Intelligent miteinander vernetzte Produktionsprozesse sollen zur Steigerung der Prozesseffizienz führen. Die derzeitige Krise scheint laut Fachleuten zusätzlicher Motor für ein digitales Umdenken sein. Heimische Industriebetriebe richten folglich den Fokus vermehrt auf IT-Fertigkeiten. Data Scientists, EntwicklerInnen, IT-Sicherheits- oder NetzwerkspezialistInnen kommen zukünftig also sicher häufiger zum Zug.

Und wie geht es weiter?

Angesichts der jetzigen Personalnachfrage wird die Bedeutung von MINT-Berufen und insbesondere höherer technischer Qualifikationen weiterhin sehr hoch bleiben. Wie aus den Erhebungen der IV hervorgeht, wird zwischen 2021 und 2023 der Personalbedarf in fast allen Unternehmensbereichen der Industriebetriebe ansteigen. Der größte Bedarf wird genau dort erwartet, wo schon aktuell die größten Recruiting-Probleme vorherrschen: Technik und Produktion. Ganze 71 Prozent mehr Neuaufnahmen wird es in diesen Bereichen geben. Auch in der Forschung und Entwicklung wird Personal weiter aufgestockt – 63 Prozent mehr Personal ist in diesen Abteilungen gefragt.

Aus unserer Sicht braucht es die Erarbeitung einer konkreten MINT-Roadmap. Der Ausbau des FH-Sektors muss darin einen wichtigen Stellenwert haben.

Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung

Um zukünftige Personalprobleme in den Griff zu bekommen, müssen bereits heute spezielle Maßnahmen gesetzt werden. Neumayer unterstreicht diese Notwendigkeit: „Der Schwerpunkt auf den technisch-naturwissenschaftlichen MINT- und Digitalisierungsbereich sowie auf die Themen Industrie 4.0, Informationstechnik, Automatisierung, künstliche Intelligenz und Cyber-Security sowie E-Government berücksichtigt eine langjährige Forderung der Industrie.“ Und weiter: „Gesamtwirtschaftlich gesehen ist das dringend notwendig.“

Gute Job-Aussichten

Laut aktuellen Prognosen werden bis 2025 über 55.000 neue MINT-Jobs entstehen. Der Industrie-Arbeitsmarkt boomt sozusagen und das Potenzial ist enorm. Ziel der Bundesregierung: ein Plus von 20 Prozent bei AbsolventInnen von MINT-Fächern bis 2030. Um dieses Ziel erreichen zu können, muss die Förderung des Studieninteresses im Vordergrund stehen. „Aus unserer Sicht braucht es die Erarbeitung einer konkreten MINT-Roadmap. Der Ausbau des FH-Sektors muss darin einen wichtigen Stellenwert haben“, so Neumayer.

Fazit

Je besser der Industrienachwuchs in den MINT-Disziplinen ausgebildet ist, desto stärker wird der Wirtschaftsstandort Österreich. Forschung, Technologie und Innovation sind seit Jahren Markenzeichen und Erfolgsgaranten der heimischen Industrie. Es liegt also auf der Hand, wie wichtig der künftige Innovationsnachwuchs für den Erfolg der Industrie von morgen sein wird und welche Chancen und Möglichkeiten künftigen AbsolventInnen geboten werden. Naturwissenschaft und Technik jedenfalls müssen Bestandteil jeder Ausbildung sein und schon im Kindergarten spielerisch in den Lernprozess integriert werden, darin sind sich ExpertInnen einig. Denn nur dann können zukünftige Personalprobleme verringert werden.

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