Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S errichtet an seinem Hauptsitz in Leoben ein Forschungszentrum für die Herstellung von Substraten. 700 neue Jobs entstehen.
Hinterberg. Der Name beschreibt die Lage. Im Westen durch den 720 Meter hohen Häuselberg von Leoben und Göss (der Heimat des Bieres) getrennt. Im Osten und Norden stellt sich der 789 Meter hohe Galgenberg in den Weg. In langgezogenen Kurven liegen die Mur und die Schnellstraße S6 zwischen Leoben und dem Autobahnkreuz St. Michael in der Landschaft. Hinterberg ist nicht der Ort, an dem man die Zentrale eines Weltkonzerns vermuten würde. Aber hier ist AT&S zu Hause.
AT&S – das Kürzel steht für Austria Technologie & Systemtechnik beziehungsweise Advanced Technologies & Solutions – ist weltweit führender Lösungsanbieter für Verbindungslösungen in elektronischen und mikroelektronischen Anwendungen. Klingt abstrakt. Vereinfacht: Jede/r kommt täglich mit AT&S-Produkten in Kontakt. Die Leiterplatten beziehungsweise IC-Substrate stecken in mobilen Endgeräten wie Handys und in Autos sowie in anderen Industrie- und Medizintechnikprodukten.
WAS SIND IC-SUBSTRATE?
Substrate sind hochminiaturisierte Leiterplatten und Schnittstellen für Mikrochips in Mobiltelefonen, Laptops oder Servern. IC steht für „integrated circuit“ und bedeutet, dass es sich um einen integrierten Schaltkreis handelt. Diese Substrate sind Folge der fortschreitenden Miniaturisierung im Hightech-Bereich. Wo früher Chips mittels feiner Drähte über ein gestanztes Blech mit den Leiterbahnen verbunden wurden, kommt heute eine vielschichtige, kleinere Leiterplatte (IC-Substrat) zum Einsatz, die die gestiegene Anzahl an verschiedenen Komponenten auf kleinstem Raum miteinander verbindet.
AT&S investiert 500 Millionen Euro
AT&S produziert in Österreich (Leoben, Fehring), in Indien, China, Südkorea und bald schon in Malaysia. Gelenkt und geleitet wird das Unternehmen mit seinen aktuell mehr als 13.000 MitarbeiterInnen vom Leobener Stadtteil Hinterberg aus. Und hier wird aktuell kräftig in einen Ausbau investiert. 500 Millionen Euro fließen in die Errichtung eines neuen Zentrums für die Forschung und Kleinserienproduktion. Schon 2023 soll es eröffnet werden und ab 2025 im Vollbetrieb laufen.
In das neue, 10.000 Quadratmeter große Gebäude übersiedeln jene rund 440 Frauen und Männer, die derzeit am Standortgelände in Containern arbeiten. Zusätzlich sollen 700 neue Jobs entstehen. Im Jänner wurden bereits die ersten 30 SpezialistInnen aufgenommen. Sie entwickeln Prozesse für die neuen Produktionsanlagen und erarbeiten die Spezifikationen für die neuen Maschinen.
Mitarbeitersuche an Uni, FH und HTL
An österreichischen Universitäten und Fachhochschulen will man weitere Fachkräfte für diese Bereiche rekrutieren. „Wir brauchen für das neue Werk noch 70 bis 80 IngenieurInnen und TechnikerInnen”, sagt Rene Hörtner, HR-Manager bei AT&S Austria. Außerdem sucht man rund 100 Angestellte mit HTL-Abschlüssen oder vergleichbarer Ausbildung sowie 300 bis 350 SchichtarbeiterInnen für die Produktion.
„Was hier entsteht, kann ein Leuchtturm für Europa sein“, ist AT&S-Geschäftsführer Andreas Gerstenmayer stolz. Es sei „einmalig in Europa und in der westlichen Welt“. Schon bisher ist AT&S beim technologisch anspruchsvollen Packaging (Verpacken) von Halbleitern zu fertigen Mikrochips ein wichtiger Technologielieferant in der Branche. Aus dem neuen obersteirischen Research & Development-Center für Substrat-und Packaging-Lösungen werden künftig KundInnenen aus dem High-End-Halbleiterbereich sowie internationale Forschungseinrichtungen mit Substraten beliefert.
1,7 Milliarden-Investition in Malaysia
„Wir sind der einzige Hersteller von Substraten, der in Europa produziert. AT&S zeigt hier, was für europäische Unternehmen in der Halbleiterindustrie möglich ist“, betont Gerstenmayer. Mit den Investitionen in der Steiermark leiste AT&S zudem einen Beitrag zur Umsetzung der EU-Strategie für die Förderung der europäischen Halbleiterindustrie, die die EU-Kommission kürzlich im European Chips Act formuliert hat. Der Standort Leoben soll künftig auch Vorprodukte für die AT&S-Standorte im chinesischen Chongqing und malaysischen Kulim liefern.
In Malaysia investiert AT&S aktuell ebenfalls massiv. Rund 350 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kuala Lumpur entsteht seit Herbst 2021 ein neuer Produktions- und Forschungscampus für IC-Substrate. Investitionsvolumen: 1,7 Milliarden Euro. Produktionsfläche: 100.000 Quadratmeter. Rund 6.000 MitarbeiterInnen sollen hier an zweitausend Hightech-Maschinen ab 2024 arbeiten. „Malaysia ist schon heute eine wichtige Drehscheibe für die Chip-Lieferkette. Es wird seine Stellung in der Region als High-Tech-Produktionsstandort in Asien ausbauen“, begründet Gerstenmayer das Engagement in Fernost.
GUT ZU WISSEN
- AT&S ist ein führender Hersteller von hochwertigen Leiterplatten sowie IC-Substraten und produziert für den Elektronik-, Automotive-, Industrie- und Medizintechnikbereich.
- Vom Headquarter in Leoben aus werden Produktionsstandorte in Österreich (Fehring) sowie Werke in Indien (Nanjangud), China (Shanghai, Chongqing), Malaysia (Kulim) und Korea (Ansan nahe Seoul) gelenkt.
- AT&S hat 1994 mit 939 MitarbeiterInnen gestartet und beschäftigt aktuell weltweit rund 13.000 Personen.
