Bis 1. März können sich Lehrbetriebe noch für den „Fit for Future“-Staatspreis bewerben. Alle zwei Jahre werden damit die besten Ausbildungsbetriebe des Landes vor den Vorhang geholt und können mit ihren Erfolgsgeschichten andere inspirieren.
Manchmal ist es gut, unter dem Durchschnitt zu liegen. Etwa wenn es um die Jugendarbeitslosigkeit geht. Im November 2021 waren laut Statista rund 15 Prozent der arbeitswilligen Jugendlichen in der Europäischen Union arbeitslos. Am höchsten war die Quote in Griechenland mit 39,1 Prozent. Lehrbetriebe sind dort Mangelware. Anders in Österreich, wo die Jugendarbeitslosigkeit bei zehn Prozent lag. Nur die Niederlande, Deutschland, Tschechien und Malta schnitten besser ab als wir.
Zu verdanken haben wir diesen Platz im Spitzenfeld unter anderem einer fundierten Lehrlingsausbildung. Rund 28.500 Lehrbetriebe im Land bieten Jugendlichen eine gute Ausbildung und eine gesicherte Zukunft. Im Idealfall sogar noch mehr. So wie die Wiener Firma Otto Stöckl Elektroinstallationen, die gemeinsam mit der Organisation Obdach Wien das Projekt „Wenn der Funke überspringt“ startete und dieses 2019 für den Staatspreis einreichte.
Lehrbetrieb kocht für Obdachlose
Dafür begaben die Elektro-Lehrlinge sich auf völlig neues Terrain und tauschten Werkzeug gegen Kochlöffel. Der Plan: An drei Tagen sollten die 25 Lehrlinge in drei verschiedenen Einrichtungen für obdach- und wohnungslose Menschen kochen. Sie erledigten die Einkäufe, planten die Gerichte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse der BewohnerInnen, standen in der Küche und gaben für mehr als einhundert Menschen 3-Gänge-Menüs aus.
Manchmal mussten sie ihr Konzept kurzfristig ändern, weil etwa die Herdplatten zu klein für die Kochtöpfe waren. Oder auch Vorurteile über Bord werfen, da sie durch die Gespräche mit den BewohnerInnen oder nach den selbst organisierten Tischtennis- und Schachturnieren neue Ansichten gewonnen hatten.
Staatspreis als Initialzündung
„Die Lehrlinge haben sich während des Projekts soziale Kompetenzen, die über ihre fachliche Ausbildung hinausgehen, angeeignet. Sie hinterfragten Stereotypen, bauten Berührungsängste ab und erweiterten ihren Horizont. Dieses Projekt war nicht nur nachhaltig, sondern hatte auch einen starken Social Impact“, zieht Claudia Staller, Leiterin der Lehrlingsausbildung, Bilanz. Neben der Arbeitszeit und den Lebensmitteln spendete die Wiener Firma auch 5.000 Euro für warme Speisen und winterfeste Schlafsäcke.
Selbst ohne Umsatzsteigerung war das Sozialprojekt ein Gewinn für alle Beteiligten. Nicht nur wegen der Auszeichnungen, die man dafür erhielt. Beim Staatspreis für die besten Lehrbetriebe schaffte es Otto Stöckl Elektroinstallationen unter die Top 4 in der Sonderkategorie „Good Practice 2019“. Und der Fundraising-Verband Austria verlieh dem Unternehmen den „Wirtschaft hilft!“-Award. In erster Linie profitierten aber die Lehrlinge von der Erfahrung und setzten ein Beispiel, das schnell NachahmerInnen fand. So meldeten sich gleich nach dem Projekt MitarbeiterInnen, die diese Idee weitertragen und ähnliche Aktionstage veranstalten möchten.
„Beste Lehrbetriebe – Fit for Future 2022“
Im Rahmen des Staatspreises, der alle zwei Jahre vom Wirtschaftsministerium verliehen wird, sollen Erfolgsgeschichten wie diese einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden und zeigen, was alles möglich ist, wenn man die Komfortzone verlässt und um die Ecke denkt. Heuer gilt es, in drei neuen Kategorien zu überzeugen: Lehrberufsmarketing und Rekrutierung, Ausbildungspraxis sowie Digitales Lernen und Ausbilden. Darüber hinaus wird zum ersten Mal auch ein Sonderpreis für das beste Erklärvideo von Lehrlingen für Lehrlinge vergeben.
Teilnehmen dürfen alle österreichischen Lehrbetriebe, Zusammenschlüsse mehrerer Lehrbetriebe und Kooperationen von Lehrbetrieben sowie Institutionen, die gemeinsam ein oder mehrere Projekte für die duale Ausbildung umsetzen. Bis 1. März kann man sich noch über die Website www.ibw.at/fitforfuture bewerben.
