Fassadenbegrünung

Begrünte Fassaden kühlen urbane Hitzeinseln

Mehr Pflanzen auf Plätzen und in Straßen, auf Dächern und neuerdings auch auf Fassaden bringen eine Verbesserung des Mikroklimas in überhitzten Städten. Baustoffspezialisten aus Niederösterreich helfen beim Kühlen.

Pflanzen schaffen, woran Klimaanlagen scheitern: Gebäude kühlen, ohne Energie zu verbrauchen. Deshalb setzt der Baustoff- und Fassadentechnikspezialist Baumit aus Niederösterreich unter anderem auf Fassadenbegrünung. Denn der Bewuchs nimmt bei Regen Wasser auf, die Pflanzen nutzen es und geben es über kühlende Verdunstung wieder an ihre Umgebung ab. So wirken sie wie eine natürliche Klimaanlage, die Umgebungstemperatur fällt signifikant. 

„Eine durchdachte Fassadenbegrünung kann laut wissenschaftlichen Berechnungen die Temperatur der Fassadenoberfläche um acht bis 19 Grad Celsius senken“, so Baumit-Geschäftsführer Georg Bursik. Vergleicht man begrünte Straßenzüge mit nicht begrünten, reduziert sich der Hitzeinseleffekt bei Begrünung um bis zu fünf Grad Celsius. In Zeiten des Klimawandels gerade in dicht verbauten urbanen Gebieten ein Modell mit Zukunftspotenzial – und klaren Vorteilen gegenüber einer konventionellen Klimaanlage.

Begrünte Fassade statt Klimaanlage

Denn Klimaanlagen kühlen in Tropennächten (Temperatur sinkt nie unter 20 Grad) und an Hitzetagen (Temperaturhöchstwert liegt über 30 Grad) zwar rasch, benötigen dafür jedoch eine beachtliche Menge an Energie. Dabei produzieren sie zusätzliche Abwärme, die in die ohnehin erhitzte Umgebungsluft geblasen wird, und sie enthalten klimaschädliche Kältemittel.

begrünte Fassade Baumit
Begrünte Fassade: Entweder die Pflanzen wachsen entlang von Rankhilfen oder wurzeln in eigenen Wandmodulen.Foto: Baumit

Klimaanlagen kühlen so zwar den Innenraum, befeuern jedoch Energieverbrauch, Energiekosten und den Klimawandel – nicht zuletzt durch ihre enorme Verbreitung. Rund zwei Milliarden Klimageräte liefern aktuell Kälte auf Knopfdruck, 70 Prozent davon in Wohngebäuden, schätzt die Internationale Energieagentur IEA.

Pflanzen „schlucken“ CO2 und Lärm

Eine Fassadenbegrünung verbessert dagegen die Luftqualität und erzeugt auch noch Sauerstoff, filtert Staub und Schadstoffe. So „schluckt“ ein Quadratmeter Begrünung mit 25 Pflanzen im Schnitt 2,3 Kilogramm CO2 und produziert 1,7 Kilogramm Sauerstoff. Außerdem dient das Grün als Lebensraum für kleine Tiere und bringt eine vertikale Begrünung in die Betonwüste einer Stadt. Zusätzlich dämmen die Pflanzen den Schall und schützen vor Lärm. Bis zu zehn Dezibel weniger können damit erreicht werden, rechnet man bei Baumit vor. 

Die Vegetation liefert ganzjährig Vorteile. Die Bausubstanz ist ganzjährig vor UV-Einstrahlung, aber auch vor Schlagregen und der Ablagerung von Schmutz geschützt. Im Sommer schützt sie vor Überhitzung, wirkt selbstkühlend durch die Verdunstungskälte auf den Blattoberflächen und beschattet die Fassade. Im Winter wirkt die Bepflanzung als zusätzliche Wärmeisolierung.

Pflanzen als Kältedämmung

Als Beispiel dient das Gebäude der MA48 im fünften Wiener Gemeindebezirk: 850 Quadratmeter Fassade des sechsstöckigen Hauses wurde begrünt. Der damit erreichte Kühleffekt entspricht der Leistung von 45 Klimakühlgeräten, die acht Stunden am Tag in Betrieb wären. Umgekehrt lässt sich im Winter der Wärmeverlust um bis zu 50 Prozent reduzieren.

MA48 begrünte Fassade
Grünes Amt: Auf der Fassade der MA48-Zentrale in Wien wachsen Stauden, Grasnelken, Lavendel, Gräser und Kräuter. Insgesamt wurden rund 17.000 Pflanzen eingesetzt.Foto: vienna.at

Damit eine Fassadenbegrünung möglichst effizient funktioniert, muss sie jedoch zunächst mit einerpassenden und richtig dimensionierten Dämmung ausgestattet sein. Bei einem Neubau kein Problem; bei Gebäuden, die älter als 20 Jahre sind, braucht es dagegen vor der Begrünung in den meisten Fällen eine thermische Sanierung. Dazu müssen statische Voraussetzungen kontrolliert werden und die Installation dem Brandschutz entsprechen. Damit die Dämmung vor Schäden durch den Bewuchs geschützt ist, ist eine fachgerechte Montage von Rankhilfen oder blumenkisterlähnlichen Modulen notwendig.

Spezialfarbe, die kühlt

Abseits von Blumen, Sträuchern und Kletterpflanzen forschen und entwickeln Spezialist:innen aber auch an chemiebasierten Technologien, um Gebäude energieschonend kühl zu halten. Baumit beispielsweise bietet eine Fassadeninnovation, die den Kühlungseffekt durch spezielle Farbpigmenten erhöht. Diese reflektieren einen Teil des Sonnenlichtes, wodurch die Oberflächentemperatur der Gebäude sinkt.

Einem ähnlichen Prinzip folgt die ultraweiße Farbinnovation von US-Forscher:innen. Sie reflektiert 95,5 Prozent des Sonnenlichts dank Kalziumkarbonatpartikeln. Sie sind um ein Vielfaches feiner als ein menschliches Haar und können so in der Masse einen Großteil der Sonnenwärme in die Atmosphäre reflektieren. Die Gebäude erhitzen sich dadurch weniger, die bodennahe Erwärmung ist geringer und es braucht in weiterer Folge weniger Strom für Klimaanlagen.

Weiße Dächer als Sonnenlichtreflektoren

Mittlerweile wurde der Kalk durch Bariumsulfatpartikel in verschiedenen Größen ersetzt. Der Clou: Je mehr Partikeln in verschiedenen Größen eingemischt sind, desto größer ist der Teil des Lichtspektrums der Sonne, den die Farbe streuen kann. Am Ende soll es bis zu 98,1 Prozent des Sonnenlichts reflektieren. Damit beschichtete Dächer bleiben, so die Wissenschafter:innen, dann auch in der heißesten Mittagssonne kühler als ihre Umgebung, weil die Farbe sogar Wärmestrahlung im Infrarotbereich abgeben kann.

Aber auch „normale“ weiße Farbe, die maximal 90 Prozent des Lichts zurückwirft, hilft laut „Primer for Cool Cities“-Report der Weltbank: Treffen Sonnenstrahlen bei Temperaturen von 37 Grad auf ein schwarzes Dach, heizt sich dieses auf bis zu 80 Grad auf, bei einem weißen Dach sind es nur 44 Grad. Innenräume lassen sich mit einem hellen Dach damit im Schnitt um zwei bis drei Grad kühlen. Und je mehr Dächer in der Nachbarschaft Sonnenstrahlen reflektieren, desto kühler wird es auch zwischen den Häusern.

GUT ZU WISSEN

  • Die Baumit GmbH erwirtschaftete 2022 in Österreich einen Umsatz von 332 Millionen Euro und beschäftigt 720 Mitarbeiter:innen.
Credits Artikelbild: adobe stock | nataliaderiabina

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