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Behaltefrist bei Aktien: Was ist das? Was kann sie?

Die Wirtschaft fordert die Wiedereinführung einer Behaltefrist bei Aktien und Anleihen. Damit soll diese Säule der Altersvorsorge gefördert und die Skepsis gegenüber dem Kapitalmarkt abgebaut werden.

Wertpapiere und ÖsterreicherInnen: Das ist im Land der Sparbücher und Bausparverträge noch immer keine sehr innige Beziehung. Entsprechend klein bleibt die Gruppe, die ihr Geld auch auf dem Kapitalmarkt anlegt, entsprechend langsam wächst sie. So kletterte seit dem Jahr 2020 der Anteil jener, die in Aktien investiert haben, von neun auf zwölf Prozent. Bei Anleihen ist der Anteil von fünf auf neun Prozent gestiegen. Bei Aktien- und Anleihenfonds gab es ein Plus von zwölf auf 17 Prozent, so eine aktuellen Studie des Meinungsforschers Peter Hajek von Mitte Jänner. 

Menschen für den Kapitalmarkt zu interessieren, scheint demnach anhaltend schwierig. Skepsis, Angst und Ablehnung überwiegen. Diese Blockaden aufzubrechen, könnte durch die Wiedereinführung der Behaltefrist gelingen, glauben ExpertInnen. Wirtschaft und Industrie drängen daher mit Nachdruck auf ein Comeback dieser Regelung. Entsprechende Pläne finden sich auch im Regierungsprogramm. Die Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern laufen.

Behaltefrist bei Aktien gab es bereits

Aktuell müssen WertpapierbesitzerInnen für Kursgewinne die Kapitalertragssteuer in Höhe von 27,5 Prozent abführen. Eine Behaltefrist würde bedeuten, dass Kursgewinne steuerfrei bleiben, wenn man die Wertpapiere und Fondsprodukte für eine gewisse Zeit nicht verkauft. Damit soll reine Spekulation verhindert werden. Der Staat könnte zwischen InvestorInnen, die den kurzfristigen Gewinn als Ziel haben, und SparerInnen, die langfristig anlegen wollen, unterscheiden. 

Neu ist dieses Instrument nicht. Bis 2011 gab es bereits eine Behaltefrist von einem Jahr. 2012 wurde sie abgeschafft. Als Folge sanken auch die Investitionen von Privathaushalten in Wertpapiere. Durch eine Wiedereinführung würde sich wieder eine breitere Aktionärsbasis in Österreich bilden, argumentiert man seitens der Börse. Die genannte Hajek-Studie scheint das zu bestätigen. 76 Prozent halten demnach eine steuerliche Begünstigung auf Veranlagungen zur privaten Pensionsvorsorge für eine sehr gute beziehungsweise gute Idee.

Mehr Aktionäre durch Behaltefrist

BefürworterInnen einer Behaltefrist verweisen vor allem auf diesen Vorsorgeaspekt. Es gehe um den privaten Vermögensaufbau für die Pension und die generelle Altersvorsorge. Konventionelle Sparguthaben schmelzen in der aktuellen Situation durch die hohe Inflation bei gleichzeitigen Nullzinsen nämlich noch schneller dahin. Damit steigt in der eigenen Vorsorge der Druck für Anlagen auf den Kapitalmärkten.

Tatsächlich geht es – abseits der Debatte um die konkrete Dauer einer derartigen Behaltefrist (zur Diskussion steht ein Jahr) – vor allem um die Signalwirkung. Die Botschaft Richtung zögerlicher Bevölkerung: Der Kapitalmarkt ist keine Eliteveranstaltung. Investiert mit langfristigem Anlagehorizont! Die Botschaft Richtung zögerlicher Politik: den Zugang zum Kapitalmarkt fördern und niederschwellig halten. Zudem handle es sich um bereits versteuertes Arbeitseinkommen, gibt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, zu bedenken.

Mehr Anreize in Nachbarländern

Er verweist in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Standortnachteil für Anleger. So gehört Österreich zu einer Minderheit von Staaten, in denen es für einen langfristigen Vermögensaufbau keinerlei Anreize gebe. Im Gegenteil: Hierzulande knabbert der in Relation zweithöchste Steuersatz an den Veräußerungsgewinnen.

Ein Blick in die Nachbarländer bestätigt Österreichs Nachzüglerrolle. In Italien beträgt der Steuersatz nur 26 Prozent. In der Schweiz und Liechtenstein gibt es überhaupt eine Steuerfreiheit. Bereits Behaltefristen eingeführt haben die Slowakei und Slowenien. In Kroatien gibt es neben einer Behaltefrist von zwei Jahren auch die Möglichkeit innerhalb der Familie steuerfrei zu übertragen. In Tschechien streckt sich die Frist sogar über drei Jahren. Außerdem gibt es eine Freigrenze von 4000 Euro. In Deutschland hebt die neue Regierung dieses Limit auf 1000 Euro.

Neumayer plädiert in diesem Zusammenhang auch für eine Attraktivierung langfristig gehaltener Unternehmensbeteiligungen durch die eigene Belegschaft. „In einer modernen Form der MitarbeiterInnenbeteiligung liegt ein weiterer Schlüssel, der das Mindset der Menschen ändern kann“, ist er überzeugt.

Credits Artikelbild: adobe stock | redpixel

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