Mission Carbon Capture: Steirische Keramik macht CO2 nutzbar

Kuschlige Wärme und saubere Luft: Besondere Industriekeramik kann nun Wärme speichern und bald auch schädliches CO2 absorbieren. Ein Verfahren, das allgemein „Carbon Capture“ genannt wird und nun in Österreich eingesetzt wird.

Eine der vielen Fragen, die sich Expert:innen rund um den Globus in Sachen Klimakrise stellen: Wohin mit dem ganzen CO2, das wir produzieren? Manche recyceln es zu Trockeneis, wieder andere setzen auf Künstliche Intelligenz, um es von vornherein einzusparen. Auch in einer 3.100-Seelen-Gemeinde in der Steiermark will man das Gas mit dem schlechten Ruf nutzbar machen.

Im Jahr 1921 als „Erste österreichische Porzellanfabrik“ gegründet, beschäftigt sich die Ceram Austria GmbH heute mit der Herstellung von technischer Keramik. 1986 stattete das steirische Unternehmen das Kohlekraftwerk in Mellach mit ihrer innovativen Wabenkeramik aus. „Das war der Startschuss“, berichtet Christian Kögl, seit 2019 Geschäftsführer und seit 2022 Eigentümer des Unternehmens. „Seitdem wurde diese Innovation konsequent weiterentwickelt, sodass wir mittlerweile in unserem Bereich weltmarktführend sind.“ Die Energiewende brauche Wabenkeramik, ist sich Kögl sicher.

Carbon Capture Österreich
Ceram Austria GmbH wurde als erste österreichische Porzellanfabrik gegründet.Foto: Ceram Austria

Und glaubt man den Zahlen, könnte da schon etwas dran sein: Allein im Bereich der Wärmespeicher reduziert Ceram Austria mit den jährlich weltweit gelieferten Produkten fünf Millionen Tonnen CO2. Die gesamte Wertschöpfungskette ist dabei immer noch am ursprünglichen Standort im steirischen Frauental, von der Entwicklung der Keramikmasse über den Werkzeugbau und die Instandhaltung bis hin zur Forschung und Entwicklung. Auf letzteren Bereich allein fallen 70 Fachkräfte. Aber kommen wir zur Schlüsselfrage: Wie macht man CO2 ausgerechnet mit Keramik nutzbar?

Mission: Carbon Capture

„Wir haben uns gefragt, wo die großen Probleme der Erde liegen – und wo wir mit unseren Produkten andocken können“, so Roland Nilica, Head of Research & Development bei Ceram. Nun wird auf Hochtouren daran geforscht, Kohlenstoffdioxid vollständig zu absorbieren und nutzbar zu machen. Dieses Verfahren wird im Allgemeinen „Carbon Capture“ genannt. „CO2 soll damit aus der Atmosphäre herausgefiltert, an die Keramik gebunden und dann weiterverarbeitet werden“, so Nilica. Durch ein Verfahren, das den ziemlich coolen Namen „Power-to-X“ trägt, werden daraus dann beispielsweise E-Fuels, Baustoffe oder auch Methan. Andererseits will man den Bereich der CO2-Vermeidung durch die Wärmespeicherung von Keramik weiter forcieren, in dem das steirische Unternehmen weltweit führend ist.

Schon mal von NOX gehört?

Als einziger Anbieter weltweit setzt Ceram Austria auf zwei verschiedene Masseherstellungsverfahren – katalytische und nicht-katalytische Wabenkeramik, KATs genannt. Erstere Sorte Keramik wird in der Abgasbehandlung eingesetzt, also in Kohlekraftwerken, aber auch bei Großmotoren oder der Abfallverbrennung. All diese Prozesse haben nämlich eines gemeinsam: Bei ihnen entstehen sogenannte Stickoxide (NOX). Die sind zwar nicht so allseits bekannt wie CO2, wirken sich aber genauso negativ aufs Klima aus, wenn nicht sogar schlimmer. „Diese NOX sind in vielen Bereichen sogar noch umweltrelevanter als CO2“, berichtet Roland Nilica. Die katalytische Keramik dient also der Reduktion dieser Stickoxide, nimmt sie auf und macht aus ihnen ungefährlicheren Stickstoff und Wasserdampf.

Das hat laut Prognosen der Branche bald noch einen Vorteil, wie Nilica hinzufügt: „Nach unserer Einschätzung ist Stickstoff der nächste Rohstoff, der weltweit knapp wird. Mit unserer Wabenkeramik kann man ihn aber künstlich erzeugen und reduziert dabei sogar Schadstoffe.“ Derzeit nimmt die Gesamtheit dieser Keramik-KATs 125.000 Tonnen Stickoxide pro Jahr auf. Zum Vergleich: Ganz Österreich emittiert jährlich etwa 124.100 Tonnen davon.

Die nicht-katalytische Keramik wird ebenfalls zur Reinhaltung der Luft eingesetzt, dient aber vor allem zur Wärmespeicherung. Die warme Abluft von Gebäuden, die sonst einfach nur die Atmosphäre aufwärmt, wird mit ihr nutzbar gemacht. Sie wird nämlich in der Keramik gespeichert und wärmt so die kalte Außenluft, bevor sie ins Gebäude eindringen kann. Das spart eine Menge Heizkosten und Energie – und reduziert somit auch das CO2, das dabei entstehen würde.

Über Ceram Austria

Im Jahr 1921 wurde die heutige Ceram Austria GmbH als „Erste österreichische Porzellanfabrik“ gegründet. Heute ist sie ein globaler Anbieter für Produkte aus technischer Keramik. Neben dem Produktionsstandort im steirischen Frauental betreibt man Tochtergesellschaften in den USA und Südkorea sowie ein Liaison Office in China. Mehr als 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und mehr als 440 Mitarbeitende werden mittlerweile verzeichnet.

Credits Artikelbild: Porzellanfabrik
Lichtblick

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