Verbannen oder verwenden? Künstliche Intelligenz im Unterricht

In manchen Ländern ist der Einsatz von ChatGPT und Co. in Schulen verboten, in anderen ist man bereit, das Bildungssystem an KI-Systeme anzupassen. Doch wie sieht es in Österreich aus? Sieht man Chatbots bloß als Hype oder sind sie gekommen, um zu bleiben?

Selbst ChatGPT ist skeptisch. Auf die Frage, ob es gut sei, ChatGPT im Unterricht zu nutzen, antwortet die Gratis-Software, dass der Einsatz von KI-Technologien in Schulen „sowohl positive als auch potenziell problematische Aspekte“ hat. Ähnlich gespalten scheint der Rest der Welt. So verbot die Pariser Elite-Uni Sciences Po Anfang des Jahres als erste französische Hochschule den Einsatz von ChatGPT. Ebenso wie das Bildungsministerium in New York, das KI-Systeme aus dem Unterricht verbannte, wobei hier mittlerweile ein Umdenken stattfindet. Die Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Prag hingegen beschloss vor Kurzem, nicht KI-Tools, sondern die Bachelorarbeiten für neue Studierende abzuschaffen, wie die FAZ berichtete. In Zeiten von Künstlicher Intelligenz mache es immer weniger Sinn, derartige Arbeiten zu verfassen, so die Begründung. Stattdessen strebe man einen neuen Ansatz an, der praxisorientierter und weniger anfällig für Plagiate ist.

With a little help from KI

In Österreich scheint man Künstliche Intelligenz ebenfalls als Chance statt als Bedrohung zu sehen. Und das gilt nicht nur für Schüler:innen. Denn dass diese KI-Systeme wie ChatGPT begrüßen, die für sie Aufsätze, Gedichte oder Referate schreiben sowie mathematische Aufgaben lösen, war zu erwarten.

Aber auch Pädagog:innen interessieren sich hierzulande für KI-Technologien. So haben laut einer Umfrage des Österreichischen Bundesverlags öbv 44 Prozent der Lehrer:innen im Schulalltag bereits bewusst Künstliche Intelligenz verwendet. Entweder direkt im Unterricht oder um Arbeitsblätter und individuelles Lernmaterial für unterschiedliche Lern- und Sprachniveaus zu erstellen. Am häufigsten nutzten sie dafür ChatGPT (97 Prozent), das Übersetzungsprogramm DeepL (39 Prozent) und Dall-E (11 Prozent), einen KI-Grafikgenerator, der Texte in Bilder umwandelt. 60 Prozent der Befragten finden KI hilfreich, rund 70 Prozent denken, dass junge Menschen in der Schule lernen sollten, wie man mit KI umgeht. Gleichzeitig wünschen Pädagog:innen sich aber auch mehr Unterstützung und Weiterbildungsangebote sowie klare Regeln für den Einsatz von KI. Doch nicht alle Befragten können sich mit Chatbots & Co. anfreunden, elf Prozent sprechen sich sogar für ein Verbot aus.

Maßnahmenpaket für KI in Schulen

Letztere Gruppe wird den Plänen des Bildungsministeriums wohl wenig abgewinnen können. Denn erst vor Kurzem präsentierte Bildungsminister Martin Polaschek gemeinsam mit Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky ein eigenes Maßnamenpaket für Schulen, um die Bereiche Künstliche Intelligenz und Digitalisierung noch besser nutzen zu können. „KI bietet nicht nur innovative Lernmöglichkeiten, sondern fördert auch kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und digitale Kompetenzen. Die Schülerinnen und Schüler werden so fit für die Zukunft, in der KI eine zentrale Rolle spielen wird“, erklärte der Digitalisierungsstaatssekretär bei der Pressekonferenz. Ziel sei es, die Chancen von KI zu nutzen und gleichzeitig einen verantwortungsbewussten Umgang zu vermitteln.

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In den nächsten zwei Schuljahren werden 100 Schulen in Österreich zu Pilotschulen für KI.Foto: Symbolfoto: Adobe Stock I Gorodenkoff

100 KI-Pilotschulen in Österreich

So sollen in den nächsten zwei Schuljahren 100 Schulen in Österreich zu Pilotschulen in Sachen KI werden. Sprich: Schulen können sich bewerben und erhalten, wenn sie ausgewählt werden, ein Projektbudget. Damit kann zusätzliche KI-Lernsoftware angeschafft und – begleitet von Hochschulen – getestet und evaluiert werden. Welche das sein soll, wird nicht vorgegeben, sondern hängt von den Einrichtungen und den jeweiligen Schwerpunkten ab. Das Angebot reicht jedenfalls von Software für das Vokabellernen oder Visualisierungen von Graphen und Modellen bis hin zu Programmen für das Erstellen und Erkennen von Deepfakes. Unter den 100 KI-Pilotschulen sollen alle Schularten und Bundesländer vertreten sein. Zielgruppe sind aber vor allem die sogenannten Expert-Schulen, also Schulen, die für die erfolgreiche Umsetzung und Anwendung eines digitalen Lernangebotes bereits mit dem „Expert“-Status ausgezeichnet wurden.

Mehr KI-Beispiele in Schulbüchern

Darüber hinaus sollen auch die Unterrichtsmaterialien angepasst bzw. besser mit KI-Beispielen ausgestattet werden. Dies gilt nicht nur für die klassischen Schulbücher, wie etwa jene für Digitale Grundbildung. Auch in der Eduthek, einem frei zugänglichen Content-Pool des Ministeriums, und dem digi.case, einem digitalen Lernkoffer, der an allen Volksschulen ausgerollt wird, sollen künftig KI-Beispiele enthalten sein.

Verstärken möchte man das Thema KI außerdem in der Lehrer:innenausbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung. Dazu wird es im Sommersemester unter anderem eine Digitale Grundschulung im Rahmen eines MOOCs (Massive Open Online Courses) geben. Das heißt, die Teilnehmer:innen können selbst bestimmen, wann, wo und in welchem Tempo sie beispielsweise mehr über die Hintergründe zu KI und den Umgang im Klassenzimmer lernen wollen.

Kein Freibrief fürs Schummeln

Doch, und auch das wurde bei der Präsentation des Maßnahmenpakets klargestellt, der Einsatz von KI sei kein Freibrief für technikaffine Schummler:innen. Zumindest möchte man dies mithilfe klarer Regeln verhindern. So dürfen Chatbots wie ChatGPT nicht verwendet werden, um Leistungen vorzutäuschen, sondern können, etwa bei abschließenden Arbeiten wie der Diplomarbeit, unterstützend eingesetzt werden. Und das auch nur, wenn dies klar ausgewiesen wird. Die Letztverantwortung liegt hier bei den Schüler:innen. Wobei diese damit rechnen müssen, dass Lehrkräfte künftig mehr Augenmerk auf den Stil richten und gegebenenfalls nachfragen werden, falls sie sich nicht sicher sind, wer die Aufgabe oder Arbeit tatsächlich verfasst hat – der Chatbot oder der:die Schüler:in.

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