In Villach baut Infineon eine der weltweit modernsten Chip-Fabriken. Produziert werden energiesparende Halbleiter für Smartphones, Haushaltsgeräte, Autos, Solar- und Industrieanlagen. Größter Wert wird auf Nachhaltigkeit gelegt.
Bald wird niemand mehr jemanden kennen, der nicht Chips von Infineon verwendet. Die Prognose ist im Fall der winzigen Bauteile für elektronische Geräte wenig gewagt.
Gerade die Covid-19-Pandemie macht das deutlich. So stecken Halbleiter, die Infineon in Villach produziert, in den Motoren von Beatmungsgeräten und in den Chips von Bankomat- und Kreditkarten für kontaktloses Bezahlen.
50 Chips von Infineon in einem VW
Chips „Made by Infineon“ sind auch in zahlreichen anderen Produkten des täglichen Bedarfs verbaut. Ebenfalls Verwendung finden die Winzlinge in Industrieanlagen für die Lebensmittelindustrie, in Smart Wearables und in Autos. Allein im neuen VW ID.3 stecken 50 Halbleiter von Infineon.
Es ist ein einträgliches Geschäft. Auch wenn die letzte Bilanz der Österreich-Tochter des deutschen Halbleiterkonzerns seit Langem einmal kein Rekordergebnis ausweist. So blieb im vergangenen Geschäftsjahr der Umsatz mit 3,1 Milliarden Euro zwar stabil. Der (Vorsteuer-)Gewinn ist aber um rund ein Drittel auf 196 Millionen Euro eingebrochen.
Chip-Fabrik der Superlative
„Aufgrund von Corona war es ein extrem herausforderndes Geschäftsjahr“, resümiert Infineon-Austria-Chefin Sabine Herlitschka: „Aber wir haben uns gut geschlagen.“ Jetzt blickt sie zuversichtlich ins Jahr 2021. Herlitschkas Optimismus fußt auf mehreren Stützen.
Die größte steht in Villach. Am Stadtrand entsteht seit dem Baustart im Mai 2019 eine der modernsten Chip-Fabriken der Welt. Nach einem Jahr war der Rohbau fertig. „Alles im Plan“, heißt es auch weiterhin. Trotz Corona.
Stahlmenge von zwei Eiffeltürmen
Die Dimensionen der nicht zu übersehenden Baustelle sind imposant. Im Gebäude steckt zweimal so viel Stahl wie im Eiffelturm. Dazu kommen 540 Lüftungselemente aus Beton. Ein einziges davon wiegt 26 Tonnen. Sie wurden mit einer Toleranz von weniger als einem Millimeter präzise vorgefertigt und eingepasst.
Insgesamt entsteht ein Koloss mit einer Bruttogebäudefläche von 60.000 Quadratmetern. Dessen Herzstück sind zwei riesige Reinräume. Hier ist maximale Sauberkeit gefragt. Es herrscht praktisch Null-Toleranz: In 28 Liter Luft darf maximal ein einziges Staubkörnchen mit einem Durchmesser von weniger als 0,5 Mikrometer vorhanden sein.
Größte Unternehmensinvestition Österreichs
Und dann sind da noch die Kosten: 1,6 Milliarden Euro! Diese Summe fließt bis zur Inbetriebnahme in der zweiten Jahreshälfte 2021 in die Errichtung von Gebäuden, in Technik und Produktionsanlagen. Es ist die mit Abstand größte Infrastrukturinvestition eines Unternehmens in Österreich seit Jahrzehnten.
Infineon verlängert damit die eigene Superlativkette. Schon jetzt ist man der mit Abstand größte private Arbeitgeber. Und das nicht nur in Villach, sondern im gesamten Bundesland Kärnten. Mit der neuen Halbleiterfabrik setzt man auch produktseitig international neue Maßstäbe.
Eine Million Chips auf einer Scheibe
Hier werden Leistungshalbleiter auf sogenannten 300-Millimeter-Dünnwafern vollautomatisiert produziert. Wafer (englisch für „dünner Keks“ oder eine „Waffel“) sind etwa einen Millimeter dünne Siliciumscheiben. Der Zusatz „300 Millimeter“ beschreibt den Durchmesser.
Auf einer derartigen Scheibe haben bis zu einer Million Chips Platz. „Dünner und mehr Chips, das bedeutet mehr Energieeffizienz,“ erklärt Herlitschka. Und so gelten diese Energiesparchips im Hinblick auf E-Mobilität, automatisiertes Fahren, Internet der Dinge und Datensicherheit als Hoffnungsträger für die Energiewende.
„Grüner“ Wasserstoff für die Super-Fabrik
Auch die Corona-Krise trübt diese Aussichten nicht. Chips bleiben ein gefragtes Gut. So haben die neuen Distanzregeln die Digitalisierung in der Gesellschaft beschleunigt. „Etwa durch Homeoffice und Distance Learning“, nennt Herlitschka Beispiele.
Trotz steigender Nachfrage soll der ökologische Fußabdruck der Produktion aber verringert werden. Dafür setzt man am Standort Villach künftig auf die Erzeugung von „grünem Wasserstoff“ aus erneuerbaren Energiequellen. Bislang erfolgte die Versorgung mit dem für die Produktion notwendigen Flüssigwasserstoff mit LKW.
50-Jahre-Fest wird nachgereicht
Künftig soll der steigende Wasserstoffbedarf vor Ort durch eine Onsite-Lösung gedeckt werden. Und sogar doppelt genutzt werden: Der Wasserstoff soll im öffentlichen Verkehr zur Betankung von Bussen wiederverwertet werden. Entsprechende Pläne will man 2021 konkretisieren.
Davon abgesehen wird 2021 noch ein wichtiger Termin nachgeholt, der 2020 coronabedingt nicht in der geplanten Form stattfinden konnte: das 50-Jahr-Jubiläum von Infineon in Österreich.
Geburtshelfer des Farb-TV
Am 1. Oktober 1970 startete in einem angemieteten Gebäude mit 24 MitarbeiterInnen die Produktion von elektronischen Bauelementen in Villach. In Handarbeit wurden Glas- und Kunststoffdioden für eine damalige Innovation am Unterhaltungselektronik-Markt gebaut: den Farbfernseher.
Ein halbes Jahrhundert später gehören Farbfernseher zur Grundausstattung eines jeden Haushalts. Bei Infineon Austria arbeiten mittlerweile insgesamt 4.517 Personen (2.000 davon im Bereich Forschung und Entwicklung). Und der neue Produktionsstandort in Villach gilt als globale Benchmark.
GUT ZU WISSEN
- Infineon Austria hat im Geschäftsjahr 2020 einen Umsatz von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaftet.
- 498 Millionen Euro wurden für Forschung, Entwicklung und Innovation eingesetzt. Das entspricht einer Forschungsquote von 16 Prozent des Gesamtumsatzes.
- 2020 wurden die Forschungsabteilungen in Graz aus- sowie in Linz und Villach neu gebaut.
- Rund 57 Prozent aller Beschäftigten verfügen über eine akademische Ausbildung.
- Die 4.517 MitarbeiterInnen von Infineon Austria kommen aktuell aus 70 Nationen.
- Derzeit werden 79 Lehrlinge ausgebildet.