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Dich „Fill“ ich haben! Wie man Fachkräfte findet und an sich bindet

Gemeinsame Skiausflüge und eine eigene Kinderbetreuung, Experimente im Future Lab und Vergünstigungen in Geschäften der Region. Im oberösterreichischen Gurten zeigt das Maschinenbauunternehmen Fill eindrucksvoll vor, wie MitarbeiterInnen gefunden und ans Unternehmen gebunden werden können.

Mark Zuckerberg ließ für seine Angestellten einen eigenen Wohnkomplex mit Pool und Tier-Spa bauen. Bei Google rutscht man vom Büroraum in die Kantine zum Gourmet-Mittagessen oder entspannt sich in einem der Ruheräume, die mit Badewannen und Aquarien ausgestattet sind. Und der amerikanische Hedgefonds Bridgewater lässt seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich von einem Firmenbus abholen, der es in sich hat. Zu jedem Sitz gehören ein Fernseher, Snacks und Getränke, und auf dem Nachhauseweg darf auch mit alkoholischen Getränken auf den Feierabend angestoßen werden.

Die beste Arbeitgebermarke gewinnt

Der vielzitierte Fachkräftemangel hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Heute buhlen Betriebe um qualifizierte ArbeitnehmerInnen statt umgekehrt. Dafür sind sie bereit, ganz neue Wege zu gehen. Denn mit hohen Gehältern, noblen Firmenwägen oder großen Büros kann man potenzielle MitarbeiterInnen längst nicht mehr locken. Sie fordern eine ausgewogene Work-Life-Balance und ein angenehmes Betriebsklima, wollen sich weiterentwickeln und mit dem Unternehmen identifizieren können. Genau hier kommt Employer Branding ins Spiel, also die Entwicklung einer guten Arbeitgebermarke, die das eigene Unternehmen von anderen abhebt und für junge Menschen attraktiv macht.

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Bettina Fill kennt das Erfolgsgeheimnis für glückliche MitarbeiterInnen. Sie ist für die interne Kommunikation und das Eventmanagement des Unternehmens zuständig.Foto: Fill

Denn das Gute liegt in Gurten

Wer wissen möchte, wie gutes und vor allem familienfreundliches Employer Branding aussieht, muss nicht in die Ferne schweifen. Ein Blick nach Oberösterreich tut’s auch. Genauer gesagt nach Gurten, einem kleinen Ort im Innviertel mit knapp 1.200 EinwohnerInnen. Dort ist das international tätige Maschinenbauunternehmen Fill angesiedelt, das sich vor mehr als zehn Jahren vorgenommen hat, die besten Arbeitsplätze in der europäischen Industrie zu schaffen und seitdem viel getan hat, um dieses Ziel zu erreichen. Wie ihnen das gelungen ist, wollten wir von Bettina Fill, der Ehefrau des Geschäftsführers Andreas Fill, wissen. Sie ist im Unternehmen für interne Kommunikation und das Eventmanagement zuständig und hat uns ihr Erfolgsgeheimnis verraten.

Vom Baby bis zum Pensionisten/zur Pensionistin

„Wir fangen schon bei den Babys unserer MitarbeiterInnen an, stellen gleich nach der Geburt einen Storch auf, überreichen ein kleines Geschenk und tragen den Nachwuchs in unserer internen Kommunikationsplattform ein, damit alle in der Firma Bescheid wissen und Likes oder Glückwünsche hinterlassen können. Später gibt’s Geburtstagskarten, Geschenke zum Schulanfang und ein großes Fest mit Bungeetrampolin, Rettungsauto oder Wasserlaufball am Zeugnistag.“

Letzteres musste im Sommer wegen Corona abgesagt werden. Die geplante Städtereise für die Angestellten auch. Ebenso stehen derzeit der Fitness- und der Yogaraum leer, den die MitarbeiterInnen sowie deren PartnerInnen unter normalen Umständen rund um die Uhr nutzen dürfen. Und auch die Masseurin wartet noch darauf, endlich Hand anlegen zu dürfen.

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Vom lustigen Schulschlussfest geht es direkt …Foto: Fill
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… ab in die abwechslungsreiche Ferienbetreuung.Foto: Fill

Bei Fill legt man vor allem Wert auf eine familiäre Atmosphäre. „Früher hat man jede/n im Unternehmen gekannt. Das ist heute mit mehr als 900 MitarbeiterInnen leider nicht mehr möglich, aber wir haben trotzdem ein sehr gutes Betriebsklima.“

Alljährliche „Weihnachtsbaum-Einschalt-Feier“

Näher kommt man sich etwa bei Tennis- oder Tischtennisturnieren, Wander- und Skiausflügen, der Adventfeier oder der „Weihnachtsbaum-Einschalt-Feier“. „So nennen wir das Outdoor-Event in unserem schönen, mit Sternen beleuchteten Kastaniengarten“, erklärt Bettina Fill. „Da kommt dann ein Großteil der Belegschaft – zum Teil auch mit Familie – nach der Arbeit zusammen, um dabei zu sein, wenn wir die Weihnachtsbeleuchtung einschalten. Eigentlich ein ganz einfaches Fest mit Punsch, Maroni und Standl, wo die MitarbeiterInnen z. B. selbstgemachten Speck oder von der Oma gestrickte Socken verkaufen können. Aber es ist liebevoll gemacht und kommt immer gut an.“

Und selbst wenn man das Unternehmen längst verlassen und sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet hat, bleibt man Teil der Fill-Familie. „Unsere SeniorInnen haben weiterhin Zutritt zu unserer internen Kommunikationsplattform, werden zu Feiern eingeladen und behalten ihre Fill Card, mit der sie Vergünstigungen bei Partnerbetrieben wie FrisörInnen oder Baumärkten bekommen. Sie machen auch Führungen durch das Unternehmen. So können sie ihr langjähriges Wissen einbringen, und wir müssen niemanden aus dem Arbeitsprozess reißen.“ 

Coolstes Klassenzimmer der Welt

Ein ganz besonderes Highlight ist – neben dem futuristischen Veranstaltungszentrum Future Dome – die 10 Millionen teure und 6.400 Quadratmeter große Future Zone, ein Zentrum für Digitalisierung, Forschung und Entwicklung. Dazu gehört auch das Future Lab, eine Art hauseigene Ars Electronica, wo alle Generationen neue Technologien kennenlernen können. „Mein Mann sagt immer, das ist das coolste Klassenzimmer der Welt“, lacht Bettina Fill.

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Die Future Zone, der Ort für neue Technologien, kann sich sowohl von innen …Foto: Fill
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… als auch außen sehen lassen. Es ist das wahrscheinlich coolste Klassenzimmer der Welt.Foto: Fill

Gedacht ist es vor allem für Schulklassen, egal, ob Volks-, Mittelschule oder Gymnasium. Gemeinsam mit ihren LehrerInnen und der hauseigenen Wirtschaftspädagogin können die Kinder hier Drohnen fliegen lassen, Filme drehen oder Roboter programmieren. Auch Workshops für PädagogInnen sollen in Zukunft im Future Lab stattfinden. Startklar sei man schon seit Herbst, sagt Bettina Fill. Bisher musste aber alles bis auf die Ferienbetreuung abgesagt werden. Die war dafür ein voller Erfolg.

Ideen werden gehört

Die Idee zum Future Lab entstand übrigens während eines strategischen Workshops. Den kuscheligen Roboter Filli Future, das Markenzeichen der Kinderbetreuung, haben sie ihrem Sohn zu verdanken, der im Alter von zehn Jahren meinte, die Zeit sei reif für ein Maskottchen. Doch auch MitarbeiterInnen können jederzeit Vorschläge einbringen. „Auf unserer Kommunikationsplattform gibt es die Rubrik ‚Ideenmanagement‘. Hier ist Platz für Anregungen, egal, zu welchem Thema. Ein eigenes Team überlegt sich dann, wer das am besten beantworten oder bearbeiten kann und weist den Vorschlag der jeweiligen Abteilung zu.“ 

Bring dein Kind mit in die Arbeit

So war es auch eine Mitarbeiterin, die vor einigen Jahren dazu anregte, eine Krabbelstube einzurichten. Ob die Mütter dadurch früher aus der Karenz zurückkämen, möchte ich wissen. „Vielleicht ganz vereinzelt“, meint Bettina Fill, „aber darum geht es uns gar nicht. Wir möchten niemanden drängen, das Kind abzugeben. Das muss jede/r für sich entscheiden. Das Angebot ist auf jeden Fall da. Wir haben aber mehrere MitarbeiterInnen, die vorher wo anders gearbeitet haben und nach der Babypause extra zu uns gekommen sind, weil wir eine Krabbelstube haben und sie das Kind mit an den Arbeitsplatz bringen können.“

In den letzten 55 Jahren haben wir mehr als 500 Lehrlinge ausgebildet.

Bettina Fill

Mehr Mädchen in der Technik 

Der Frauenanteil bei Fill liegt derzeit bei 16,4 %, Tendenz steigend. „Was wir schon merken, ist, dass immer mehr Mädchen bei uns eine technische Lehre beginnen, z. B. als Maschinenbautechnikerin oder in der Konstruktion. Das liegt auch daran, dass wir viel dafür tun. Wir gehen Kooperationen mit Schulen ein, veranstalten Berufsorientierungstage, sind bei jedem Lehrlingsevent dabei. Und gerade mit Aktionen wie dem Future Lab versuchen wir verstärkt, Mädchen für Technik zu begeistern.“ 

Wie Papa und Mama, so die Kinder

Unter den weiblichen Lehrlingen ist auch ihre 24-jährige Tochter, die wie ihr 21-jähriger Bruder im Unternehmen tätig ist und vor Kurzem eine Mechatronik-Lehre angehängt hat. Aber die Kinder von Bettina und Andreas Fill sind nicht die einzigen, die es ihren Eltern gleichtun. „Es kommt immer wieder vor, dass die Söhne und Töchter von ehemaligen Lehrlingen später bei uns einsteigen. In den letzten 55 Jahren haben wir mehr als 500 Lehrlinge ausgebildet. Die Hälfte ist immer noch da, und zwar in den verschiedensten Positionen. Auch in der Geschäftsführung.“ Um die Zukunft muss man sich bei Fill wenig Sorgen machen. „Wir bieten viele Weiterbildungen an. Nachbesetzungen kommen oft aus den eigenen Reihen, und die nächste Generation steht schon in den Startlöchern.“

Über Fill Maschinenbau:

  • Fill ist ein international führendes Maschinenbau-Unternehmen mit Sitz in Gurten, Oberösterreich und stellt unter anderem komplexe Hightech-Anlagen für die Automobil-, Luftfahrt- Sport- und Bauindustrie her. 25 % aller Länder weltweit produzieren mit Fill-Maschinen, 80 % der europäischen Autos fahren mit Fill-Technologie, und alle namhaften Skiproduzenten fertigen ihre Sportgeräte auf Anlagen von Fill.
  • Gegründet wurde „Fill Maschinenbau“ 1966 von Josef Fill als Schlossereibetrieb mit zwei Mitarbeitern. Heute hat das Unternehmen mehr als 900 MitarbeiterInnen. Davon sind 13 % seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen tätig. Letztes Jahr machte Fill Maschinenbau 144 Millionen Euro Umsatz. 3 % des Umsatzes fließen in die Aus- und Weiterbildung der MitarbeiterInnen.
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