Agilox Gabelstapler Halle

Gabelstapler, die keinen Chauffeur brauchen

Für Intralogistik in Produktionshallen, aber auch für Verladetätigkeiten im Freien werden in Oberösterreich smarte Gabelstapler entwickelt. Sie transportieren, heben und verladen ohne menschliches Zutun. Mit maschineller Hochstapelei hat das nichts zu tun, mit viel Innovation sehr wohl.

Es hat etwas Futuristisches: Wie von Geisterhand gesteuert kurven die laubfroschgrünen Transportvehikel durch die Produktionshalle, laden Paletten, bringen Plastiktrays vom Lager- zum Montageplatz, steuern zur Akkuladestation. Optisch erinnern sie an die guten alten Gabelstapler – nur dass sie hier ohne Fahrer:in unterwegs sind. Autonomes Fahren, im Straßenverkehr noch ein Nischenprogramm im Testmodus, ist hier gelebte und bewährte Realität.

Die Fahrzeuge stammen von Agilox, einem auf autonome (Intra-)Logistik spezialisierten Unternehmen aus Neukirchen bei Lambach in Oberösterreich mit weltweit mehr als 200 Mitarbeiter:innen. Autonomous Mobile Robots (AMR) nennen sich die fahrerlosen Transportsysteme, die von Agilox entwickelt und produziert werden. Mittlerweile sind sie unter anderem bei Unternehmen wie Siemens, BMW oder Bosch im Einsatz.

Gabelstapler setzt auf Schwarmwissen

Die Transporteinheiten funktionieren über Schwarmtechnologie. Diese gibt den Robotern höchstmögliche Autonomie, um sich selbstständig die schnellste Route durch eine Produktionshalle oder Logistikumgebung zu suchen. Auch enge Gänge und Gegenverkehr, Liftbenutzung (sofern „barrierefrei“) oder das Ausweichen von Hindernissen sind dabei dank Laserscannern kein Problem.

Agilox Gabelstapler im Lager
Vollautomatisierter Gabelstapler im Lagereinsatz: Orientierung per Kamera, Sensoren und Künstlicher Intelligenz.Foto: Agilox

Bei einer Maximalgeschwindigkeit von 1,4 Meter pro Sekunde reicht eine Akkuladung für bis zu zwölf Kilometer. 36 Tonnen Ladevolumen können in dieser Zeit von A nach B transportiert werden. Die leistungsstärksten Roboter schaffen bis zu 1.500 Kilo maximalem Hubgewicht. Das Asset, mit dem Agilox bei Unternehmen punktet: Es braucht keine langen Installationsarbeiten. Die Kleinladungsträger sind in weniger als zwölf Stunden betriebsbereit.

Automatisierte Be- und Entladung

In einem gemeinsamen Projekt mit anderen Industriepartnern, dem Austrian Institute for Technology und der Fachhochschule Oberösterreich hat man sich im Rahmen eines Forschungsprojekts aber auch an die Automatisierung von Transport- und Verladeprozessen außerhalb von Hallentoren gemacht. Damit soll die Effizienz und Flexibilität dieses Logistikbereichs gesteigert werden.

Agilox autonomer Gabelstapler
Autonom fahrender Gabelstapler: Karten, Kameras und Sensoren schaffen Orientierung für das im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelte Pilotfahrzeug.Foto: Agilox

Konkret geht es um einen sogenannten Mitnahmestapler („Crayler“), der in einer Transportkiste direkt am LKW mitgeführt wird und der Be- und Entladevorgänge voll automatisiert abwickelt. Das heißt, der Crayler fährt selbstständig zum Verladegut, erkennt es durch einen Abgleich mit gespeicherten Bilddatenbanken als solches, positioniert sich, nimmt es auf und bringt es sicher zur Abladestation, wo er es ordnungsgemäß abstellt.

Künstliche Intelligenz als Navigator

Anders als im „geschützten Bereich“ eines computergestützten Lagerhallensystems mit klar definierten und eingemessenen Arbeitsarealen und -wegen bieten im Außenbereich einer Halle keine Sensoren oder Markierungen dem Gerät Orientierungshilfe. Das erforderte einige Entwicklungsarbeit mit Algorithmen und ganzheitliche Automatisierungsprozesse, bei denen Sensorik, Regelung und Künstliche Intelligenz ineinandergreifen.

Was der Mensch mit Erfahrung, Expertise und Improvisationskunst in solchen Situationen schafft, müssen die autonom agierenden Maschinen erst einmal kompensieren. Dafür wird eine virtuelle Karte der Umgebung erstellt, über Kamerasysteme und GPS-Daten die genaue Position des Staplers errechnet und ein Abarbeitungsplan erstellt. Über eine sensible Umgebungssensorik wird die Steuerung und Hydraulik zentimetergenau abgestimmt.

Software simuliert Umgebung

Etwaige Abweichungen – beispielsweise abgenutzte und damit nicht mehr den exakten Maßen entsprechende Paletten oder kleine Steine am Weg – müssen in Echtzeit einberechnet werden. Aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten wären echte Fotos als Datengrundlage zu ressourcenintensiv, Daher greift man auf eine Simulationssoftware zurück, die rund 500.000 Datensätze mit unterschiedlichen Ansichten und Varianten dank Künstlicher Intelligenz in kürzester Zeit erstellt und das System damit trainiert.

KI hilft auch dabei, dass sich der Stapler in den verschiedenartigen Kulissen in Warenlagern oder Produktionsumgebungen zurechtfindet. „Das Projekt hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist, sogenannte chaotische Situationen durch automatisierte Systeme zu lösen“, ist Wolfgang Pointner, R&D Coordinator bei Agilox, zufrieden. Das Potenzial ist jedenfalls enorm. Künftig will man vor allem die Interaktion zwischen Mensch und Maschine perfektionieren.

GUT ZU WISSEN

  • Agilox ist auf autonome mobile Roboter für intralogistische Transportprozesse spezialisiertes Unternehmen mit Hauptsitz in Neukirchen bei Lambach (Bezirk Wels-Land).
  • 2019 wurde ein eigener Standort in der Nähe von Atlanta eröffnet, die heute als Drehscheibe für ganz Nordamerika dient.
  • Im Herbst 2022 folgte eine Niederlassung in Shanghai, um die strategische Weiterentwicklung im Asien-Pazifik-Raum voranzutreiben.
  • Im Oktober erfolgte der nächste Expansionsschritt: Baustart für die Erweiterung des Headquarters in Neukirchen bei Lambach um 1.400 Quadratmeter. Dadurch wird die Produktionskapazität auf 1.000 AMRs pro Jahr hochgeschraubt.
Credits Artikelbild: Agilox

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