Erdgas

Gas & Sonne: Pilotmodelle zur Energieversorgung

Die Energie Steiermark sichert über eine neuartige Kooperation der steirischen Industrie Erdgas. Und zusammen mit dem Grünstromerzeuger Enery beliefert man ab Frühjahr 2023 die oberösterreichische Lenzing AG mit Solarenergie.

Auf der Suche nach Alternativen zu russischen Quellen und Pipelines ist die Energie Steiermark fündig geworden. So wurden 150 Gigawattstunden Erdgas von westeuropäischen Lieferanten über südwesteuropäische Lieferrouten organisiert. Das Erdgas wird im vom Energiespeicherunternehmen RAG betriebenen Speicher Haidach in Salzburg eingelagert.

Möglich wurde das durch eine erstmalige Kooperation der Energie Steiermark mit der RAG und der steirischen Industriellenvereinigung. Letztere fungierte als Verbindungsglied zu den Unternehmen. Fünfzehn waren am Ende mit an Bord. Es ist eine Zusammenarbeit mit Modellcharakter für die Zukunft, sind die beteiligten Projektpartner überzeugt. Denn die Unternehmen hätten es allein schwer gehabt, auf dem derzeit turbulenten Energiemarkt zu entsprechenden Speichermengen zu gelangen.

Erdgas: Speicher für 15 Unternehmen

Eine Novelle des Energielenkungsgesetzes macht es für Industrieunternehmen allerdings seit Kurzem möglich, „geschützte Gasmengen“ bis zu einem Ausmaß von maximal 50 Prozent des Jahresverbrauchs zu bevorraten. Hier hakt das Kooperationsmodell ein, an dem sich Unternehmen wie die Mayr-Melnhof-Gruppe als Spezialist für Kartonverpackungen (unter anderem für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie) sowie die Austria Email AG, Hersteller von Warmwasser- und Heizungssystemen, beteiligt haben. 

„Durch diese Gasvorräte sorgen wir vor, um auch im Fall der Fälle die Produktion für unsere KundInnen aufrechtzuerhalten“, so Peter Oswald, CEO der Mayr-Melnhof Gruppe. „Aufgrund der starken Nachfrage läuft unsere Produktion auf Hochtouren – und dieses hohe Niveau möchten wir weiter ausbauen“, erklärt Martin Hagleitner, CEO der Austria Email, seine Beweggründe. „Zentrale Anlagen unserer Produktion können aufgrund ihrer Bauweise aber nur mit Gas versorgt werden. Tatenlos den Winter abzuwarten, war für uns nie eine Option.“

Enery baut ersten PV-Park in Österreich

„Eine proaktive Absicherung der Energieversorgung – insbesondere jene von Gas – ist von enormer standortpolitischer Bedeutung“, ist Energie Steiermark-Vorstandssprecher Christian Purrer überzeugt. Der steirische Landesenergieversorger setzt aber auch bei Sonnenenergie Akzente. So kooperiert man mit dem Wiener Grünstromerzeuger Enery bei dessen erstem Projekt in Österreich. Bislang war Enery ausschließlich in Ost- und Südosteuropa aktiv. 

So hat das vom Steirer Richard König und Lukas Nemec gegründete und geführte Unternehmen erst kürzlich ein Projekt in Estland realisiert. Außerdem hat Enery nach großen Investitionen in Bulgarien und Tschechien in den vergangenen zwei Jahren Anfang September den Kauf von Wind-, Wasser- und Solarkraftwerken in Rumänien finalisiert. Insgesamt hat man bisher Anlagen mit einer Kapazität von rund 160 Megawatt an 45 Standorten realisiert. Jetzt kommen dank einer Kooperation mit der Energie Steiermark weitere 5,5 Megawatt dazu.

Steirischer Sonnenstrom für Lenzing

Das Premierenprojekt in Österreich – ein 50.000 Quadratmeter großer Photovoltaik-Park – wird in Frauental an der Lassnitz im weststeirischen Bezirk Deutschlandsberg errichtet. Baustart für die 4,4-Millionen-Euro-Investition ist noch heuer, in Betrieb gehen wird die Anlage im April kommenden Jahres. Sie wird jährlich sechs Gigawattstunden Strom liefern. Das entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 1.800 Haushalten.

Bereits fix ist der erste Großkunde: Der oberösterreichische Spezialfaserhersteller Lenzing – Weltmarktführer bei der Produktion von biologisch abbaubaren holzbasierten Spezialfasern für die globale Textil- und Vliesstoffindustrie – hat sich Strombezugsrechte für die kommenden zwanzig Jahre gesichert. „Mit diesem langfristigen Vertrag können wir Ökostrom zu einem fixen Preis über einen langen Zeitraum anbieten“, betont Energie-Steiermark-Vorstand Christian Purrer. „Konzepte wie diese werden uns mittel- bis langfristig unabhängiger von den globalen Energiemärkten machen“, ist Lenzing-Vorstandsvorsitzender Stephan Sielaff überzeugt.

GUT ZU WISSEN

  • Der in Wien ansässige Grünstromerzeuger Enery hat sich auf Investitionen in bestehende und neue Solaranlagen und andere Anlagen für erneuerbare Energien in Zentral- und Osteuropa spezialisiert. In Österreich wird das erste Projekt zusammen mit der Energie Steiermark realisiert.
  • Die Energie Steiermark mit Sitz in Graz ist das viertgrößte Energie- und Dienstleistungsunternehmen Österreichs. In 29 Hauptbetriebsstandorten in der Steiermark und einer Vertriebsgesellschaft in Wien sind insgesamt 1900 MitarbeiterInnen beschäftigt.
  • Man beliefert rund 600.000 Kunden im In- und Ausland. Bei der Energieerzeugung wird ausschließlich auf erneuerbare Energie aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse gesetzt.
Credits Artikelbild: adobe stock | zorandim75

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