Ein Vorarlberger Logistikunternehmen ist Teil einer nachhaltigen Lieferkette für südamerikanische Kaffeebohnen. Der Transport erfolgt per Segelschiff und Wasserstoff-LKW.
Auch in wackeligen Zeiten bleibt etwas stabil: der Kaffeekonsum. 162 Liter pro Jahr und Kopf konsumieren die Österreicher:innen. Macht 2,6 Tassen pro Tag. Neben Zucker und Milch wird dazu immer öfter auch Nachhaltigkeit serviert. Das Bewusstsein für umweltschonenden Genuss steigt.
So hat laut einer Umfrage des Österreichischen Kaffeeverbands für mehr als 60 Prozent der Befragten Nachhaltigkeit bei Kaffee eine hohe Relevanz – sowohl beim Einkaufen als auch beim Außer-Haus-Konsum. Produzenten und Händler haben diesen Trend längst erkannt und ihr Angebotsrepertoire entsprechend adaptiert. Wobei sich Nachhaltigkeit nicht auf Anbau, Verpackung und Abfall beschränkt, sondern umfassender verstanden wird.
Kaffeeimport mit Segelschiff
So versucht der Schweizer Kaffeehersteller Atinkana, seinen ökologischen Fußabdruck ganzheitlich zu minimieren. Im Fokus stehen dabei unter anderem die Verkehrswege zwischen Plantage, Verarbeitung und Vertrieb. Es ist eine kontinentübergreifende Logistik. Atinkana setzt dabei auf „sanfte Mobilität“: So werden die Bohnen einmal jährlich mit einem Segelschiff aus Südamerika über den Atlantik nach Europa transportiert. 8.500 Kilometer sind es von Kolumbien bis Amsterdam, zehn Tage dauert die Überfahrt für die 14 Tonnen Frachtladung.
TRINKEN SIE IM TREND?
Im Schnitt trinken die Österreicher:innen bis zu drei Tassen Kaffee pro Tag, wobei 30 Prozent drei bis vier Tassen trinken. Die Kaffeeverband-Marktuntersuchung ergab, dass für über 60 Prozent zum Kaffee immer zusätzlich Milch in die Tasse kommt, ein Fünftel mag es auch gern süß und gibt Zucker hinzu.
Die Hitliste der beliebtesten Zubereitungsarten führt Cappuccino mit 36 Prozent an, gefolgt von Verlängertem (33 Prozent) und Espresso (31 Prozent).
Auf dem europäischen Festland geht es per Zug und LKW in die Schweiz. Von dort werden sie vom Vorarlberger Logistikspezialisten Gebrüder Weiss mit einem Wasserstoff-LKW bis zur Kaffeerösterei geliefert. Das macht auch die letzte Meile emissionsfrei. „98 Prozent der Route von Kolumbien bis in die Schweiz werden somit mit nachhaltigen Transportmitteln bewältigt. Damit ist unser Kaffee in Europa fast so nachhaltig wie ein regionales Produkt“, sagt Andre Conte, verantwortlich für die Logistik bei Atinkana.
Um die Welt mit dem Fahrrad
Für Gebrüder Weiss ist es nicht das einzige Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Auch in diesem Jahr lief zwischen April und September eine Radkampagne, bei der über eine allgemein zugängliche App Kilometer gesammelt werden konnten. Pro gefahrene 40 Kilometer finanziert das Unternehmen die Pflanzung eines Baumes in Nicaragua. Das mittelamerikanische Land ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. Die gepflanzten Bäume sollen dort vor Überschwemmungen schützen.
Bei der Premiere der Radkampagne 2022 standen am Ende 249.392 Kilometer beziehungsweise sechs Weltumrundungen auf dem Konto. In diesem Jahr will man sieben Runden schaffen, was 280.525 Kilometer – umgerechnet knapp über 7.000 Bäume – entspricht.
Frachtrückgang nach der Pandemie
Auch betriebswirtschaftlich ist das Unternehmen auf einem Wachstumspfad unterwegs. 2022 erwirtschaftete Gebrüder Weiss einen Nettoumsatz von über drei Milliarden Euro. Vor allem die Geschäftsbereiche Landverkehr und Air&Sea haben gegenüber 2021 zugelegt.
Für heuer erwartet man nach den pandemiebedingten Ausschlägen wieder eine Normalisierung des Logistikgeschäfts. Die Sendungszahlen seien derzeit leicht rückläufig, die Raten im Luft- und Seefrachtbereich wieder annähernd auf das Niveau von 2019 gesunken. Insofern sei auch eine rückläufige Umsatzentwicklung zu erwarten. „Natürlich begegnen wir der aktuellen Wirtschaftsprognose, der hohen Inflation und dem Krieg in der Ukraine mit Respekt und Sorge. Als starkes Unternehmen bleiben wir trotz allem zuversichtlich“, sagte Wolfram Senger-Weiss, Vorsitzender der Geschäftsleitung, anlässlich der letzten Bilanzpräsentation.
Nicht die erste wirtschaftliche Herausforderung für das Unternehmen. Auch der EU-Beitritt Österreichs wirkte sich massiv auf das Geschäft aus. Damals verlor man ein Drittel der Wertschöpfung durch den Wegfall des Verzollungsgeschäfts.
GUT ZU WISSEN
Gebrüder Weiss ist ein internationales Transport- und Logistikunternehmen mit Hauptsitz in Lauterach in Vorarlberg. Insgesamt sind rund 8.400 Beschäftigte an 180 firmeneigenen Standorten in 34 Ländern für das Unternehmen tätig. 2022 betrug der Jahresumsatz 3,01 Milliarden Euro.
Die Wurzeln von Gebrüder Weiss reichen über 500 Jahre zurück. Schon Vorfahren der Eigentümerfamilie Senger-Weiss haben als „Lindauer Boten“ die Handelszentren Mailand und Lindau miteinander verbunden.
Für den Transport von technischen Gütern, Geld, Seide oder Lebensmitteln griff der Bote damals auf verschiedene Verkehrsmittel zurück: Boote für den Boden- und den Comersee, Pferde für die flacheren Etappen und Maultiere für die bergigen Steige.
Unter anderem nutzt Johann Wolfgang von Goethe 1788 diesen Botendienst für die Rückfahrt von seiner ersten Italienreise.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs expandiert Gebrüder Weiss nach Mittel- und Südosteuropa. Auch in China wird die erste Niederlassung gegründet. Im Laufe der Jahre folgen Expansionen nach Zentralasien, Australien und in die USA sowie der Aufbau der Sparte Home Delivery.