Grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff: Humbug oder ganz große Zukunftshoffnung?

Gemeinsam mit der E-Mobilität gehört grüner, also aus Ökostrom gewonnener Wasserstoff, zu den ganz großen Hoffnungsträgern für eine klimaschonende Zukunft. Gleichzeitig aber ruft er auch Kritiker:innen auf den Plan. Ein Rechercheblick hinter die Kulissen.

Auf der einen Seite stehen jene, die felsenfest davon überzeugt sind: Grüner Wasserstoff wird unseren blauen Planeten schon bald vor dem Untergang bewahren! Ihnen stehen jene gegenüber, die sein Potenzial eher skeptisch sehen und stattdessen den Energieträger eher als eine Art Modeerscheinung mit wenig Sinn abtun. Stellt sich also ganz klar die Frage: Was kann grüner Wasserstoff wirklich leisten, und wo sind seine Grenzen? Fünf recherchierte Fakten über den Energieträger der Zukunft, die bei der Meinungsbildung helfen können. 

1. Know your enemy

Nicht jede Art von Wasserstoff ist geeignet, um uns in eine wirklich nachhaltige Zukunft zu geleiten. Eine eigene Farbeneinteilung hilft dabei, die Übersicht zu behalten. Das Nonplusultra ist klimaneutraler, grüner Wasserstoff, der durch Nutzung von erneuerbaren Energien entsteht. Aus Wasser wird dabei mittels Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, mit Strom aus regenerativen Quellen wie Photovoltaik, Wasser- oder Windkraft. 

  • Für türkisen Wasserstoff wird Methan thermisch gespalten und daraus Wasserstoff gewonnen. Wenn der Hochtemperaturreaktor dabei mit Energie aus erneuerbaren Quellen versorgt wird, ist türkiser Wasserstoff ebenfalls klimaneutral. 
  • Blauen Wasserstoff erzeugt man zwar aus fossilen Brennstoffen, allerdings wird das CO2, das dabei entsteht, nicht in die Atmosphäre geleitet, sondern eingelagert. 
  • Grauer Wasserstoff entsteht durch fossile Brennstoffe wie Erdgas oder Kohle und hat die schlechteste Klimabilanz. Das CO2, das neben dem Wasserstoff entsteht, gelangt ungenutzt in die Atmosphäre und wirkt sich negativ auf den Treibhauseffekt aus. Für eine Tonne Wasserstoff entstehen dabei ungefähr zehn Tonnen CO2.

2. Wasserstoff und seine (derzeitigen) Grenzen

Beim wahren Potenzial von grünem Wasserstoff kommt es auf drei Faktoren an: Verfügbarkeit, Speichermöglichkeiten und die Ausweitung seiner Einsatzbereiche. Der Produktionsort ist logischerweise an die Verfügbarkeit von Wasser gebunden. Denn für ein Kilogramm Wasserstoff werden im Herstellungsprozess 17 kg Frischwasser benötigt. Das wird in Zukunft immer mehr Produktionsorte ausschließen, denn Wasser wird immer kostbarer und in vielen Gebieten rarer. 

Grüner Wasserstoff kann außerdem nur ökologisch und wirtschaftlich rentabel sein, wenn seine Nutzung keine langen Transportwege einschließt. Denn der Transport von einem Kilogramm grünem Wasserstoff kostet ungefähr einen Euro pro 100 Kilometer. Im Vergleich zum billigeren grauen Wasserstoff ist das wirtschaftlich nicht rentabel. Außerdem bedeuten weite Transportwege wieder eine Menge CO2.

3. Punkt für Wasserstoff: die Speicherung

Mit Wasserstoff kann klimaschonende Energie endlich in großem Umfang gespeichert werden. Das Gas lässt sich dabei beliebig lange in eigenen Behältern einsperren. Bei Bedarf könnte es sogar erneut in Strom umgewandelt werden, beispielsweise mit einer sogenannten Kraft-Wärme-Kopplungsanlage. Ein essenzieller Punkt ist dabei aber auch, die richtige Infrastruktur auszubauen, um einen sicheren Transport zu ermöglichen.

Grüner Wasserstoff
Damit Wasserstoff sich in Zukunft tatsächlich durchsetzen kann, muss die Energieinfrastruktur ausgebaut werden. Die gute Nachricht: Das Gas lässt sich dabei beliebig lange in eigenen Behältern einsperren.Foto: Adobe Stock | AA+W

4. Ungeahnte Einsatzmöglichkeiten

Damit sich grüner Wasserstoff auch richtig etabliert, müsste er in bereits vorhandenen industriellen Nutzungssektoren genutzt und sein Einsatzgebiet noch weiter ausgebaut werden. Naheliegend ist dabei die Luftfahrt. Hier wird schon einiges geplant und erprobt, es sind aber immer noch einige Prozesse notwendig, um Kerosin zu verflüssigen. Flugstrecken, aber auch Zug- und Busrouten sind genau planbar, die Betankung kann somit an den geeignetsten Knotenpunkten erfolgen. Das macht eine Wasserstoffzukunft möglich. Vielversprechende Visionen also, die derzeit aber noch einiges an Forschung und Planung benötigen.

5. Ein Ausblick auf die grüne Zukunft

Grüner Wasserstoff könnte uns also tatsächlich in eine klimaschonende Energiezukunft führen. Dabei ist es derzeit nicht das Ziel, den landesweiten Energiebedarf komplett mit Wasserstoff zu decken. Völlig autark von heimischem Wasserstoff zu leben, halten Expert:innen nämlich für unmöglich. Der Import wird also für größere Staaten immer teilweise notwendig sein. Vielmehr soll Wasserstoff dann produziert werden, wenn die Region Stromüberschüsse verzeichnet.

Grüner Wasserstoff würde außerdem den lokalen Energiehandel stärken: Bei Bedarf kann ein Defizit in der Stromversorgung mit Wasserstoffspeicher lokal behoben werden – und das klimaneutral.

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