Hochgeschwindigkeitszug voestalpine

Highspeed auf der größten Weiche der Welt

Mit 360 km/h durch England, mit 230 km/h über die größte Weiche der Welt: Dank Hightech-Schienen aus Österreich ist die Britische Bahn mit Hochgeschwindigkeit in die Zukunft unterwegs.

Die Britische Bahn war in jüngerer Vergangenheit nicht gerade als Schnellzug für positive Nachrichten bekannt. In den 1990er-Jahren wurden als Folge einer verunglückten Privatisierung Tausende Bahnkilometer und bis zu zwei Drittel aller Bahnhöfe stillgelegt. Es folgte ein Mix aus fehlenden Investitionen, vielen Verspätungen, technischen Gebrechen und schließlich die Wiederverstaatlichung. Eine ziemlich rumpelige Trasse, die da in die Gegenwart führt.

Jetzt soll die Abfahrt Richtung besserer Zukunft gelingen. Dafür wird unter dem Namen „High Speed 2“ (HS2) das derzeit größte Infrastrukturprojekt Europas realisiert – eine neue Nord-Süd-Hochgeschwindigkeitsverbindung über knapp 275 Kilometer. Kostenpunkt: Mit ursprünglich 59 Milliarden Euro veranschlagt, sollen es mittlerweile schon über 100 Milliarden Euro sein. Ein Jobmotor ist das Projekt jedenfalls. Knapp 25.000 Menschen sind auf den Baustellen beschäftigt.

237 Millionen-Auftrag für die Britische Bahn

Erste Abschnitte sollen 2035 fertig sein. Bis zu 300.000 Passagier:innen pro Tag werden dann schneller zwischen London und unter anderem Manchester und Birmingham unterwegs sein können. Die Fahrzeit von London nach Birmingham wird sich beispielsweise von 82 auf 45 Minuten reduzieren, nach Manchester mit 67 Minuten fast halbieren. Dafür müssen nicht nur zahlreiche Tunnel- und Brückenanlagen errichtet werden, es braucht auch Weichen und Schienen. Sie kommen von voestalpine Railway Systems, dem globalen Marktführer für Bahninfrastruktursysteme und Signaltechnik.

Britische Bahn voestalpine
Milliardenprojekt: Die Britische Bahn baut ihr Streckennetz für Hochgeschwindigkeitszugverbindungen quer durch England massiv aus. Die voestalpine liefert Schienen und Weichenanlagen.Foto: HS2

Der österreichische Komplettanbieter für volldigitalisierte Bahnstrecken soll Design, Lieferung und Service für Weichen, Antriebe und Schienenauszüge inklusive Monitoring- und Diagnosesystemen für das neue Hochgeschwindigkeitsnetz übernehmen. Mit einem Gesamtvolumen von rund 237 Millionen Euro handelt sich dabei um den bisher größten Einzelauftrag aus Großbritannien.

Mit 230km/h über die Weiche

Die Anforderungen sind enorm: Damit die Hochgeschwindigkeitszüge am Ende mit bis zu 360 km/h unterwegs sein können, müssen auch entsprechend leistungsstarke Weichen mit eigener Geometrie entwickelt werden. So umfasst der Konstruktionsauftrag unter anderem die größte Weiche der Welt, die bisher unter Einhaltung aller europäischen Normen für Beschleunigungs- und Ruckwerte gebaut wurde.

Auf diesen Schienenanlagen sind Abzweiggeschwindigkeiten von bis zu 230 km/h möglich, rechnet man bei der voestalpine vor. Nur so können die Frequenzziele von 18 Zügen pro Stunde in jeder Richtung verwirklicht werden. Die ersten Weicheninstallationen auf der Strecke sind für das dritte Quartal 2024 geplant.

Neue Jobs durch neue Bahn

Der gesamte Lieferumfang umfasst neben 250 Hochgeschwindigkeits-, Niedriggeschwindigkeits- und Depotweichen auch 1.200 Weichenantriebe und Endlagerprüfer. Dazu kommen unter anderem noch 70 Schienenauszugsvorrichtungen – Bauteile des Gleisoberbaus, die größere Schienenlängsbewegungen zulassen – und langjährige Wartungsverträge.

Hochgeschwindigkeitszug
Die Züge im neuen britischen Hochgeschwindigkeitsnetz sollen bis zu 370km/h fahren.Foto: HS2

„Dieser Rekordauftrag bestätigt einmal mehr unsere Strategie und unsere globale Kompetenz in diesem Segment“, ist voestalpine-Vorstandsvorsitzender Herbert Eibensteiner zufrieden. So werden bei der britischen Tochtergesellschaft bis zu 50 neue Arbeitsplätze geschaffen und ein neues Logistikzentrum für das Großprojekt errichtet.

Millionenaufträge aus Sydney und Sarajevo

Die Schienenspezialist:innen des nach OMV und Strabag drittgrößten heimischen Industriekonzerns können auf umfassende Erfahrung zurückgreifen. Erst kürzlich wurde ein 220-Millionen-Euro-Auftrag für Weichen und geschweißte Schienen für den Großraum Sydney für weitere fünf Jahre verlängert. Auch für die erste ägyptische Hochgeschwindigkeitsstrecke liefert die voestalpine um 42,5 Millionen Euro rund 260 Hochgeschwindigkeitsweichen inklusive Weicheninstandhaltungssoftware.

Hochleistungsweichen aus Linz kommen auch bei der Modernisierung der Strecke Adria–Schwarzes Meer zum Einsatz. Und für das Straßenbahnnetz der bosnischen Hauptstadt Sarajevo produziert die voestalpine insgesamt 3.000 Tonnen Schienen. Der Gesamtprojektwert beläuft sich dort auf rund 20 Millionen Euro. Es ist ein weiteres Beispiel, dass Eisenbahn-Know how aus Österreich weltweit gefragt ist. So ist auch Triebwagentechnologie aus der Steiermark und Niederösterreich global im Einsatz.

GUT ZU WISSEN

  • voestalpine Railway Systems, Teil der Metal Engineering Division des voestalpine-Konzerns, erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2021/22 an weltweit 70 Produktions- und Vertriebsstandorten einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro.
  • Rund 7.200 Mitarbeiter:innen sind beschäftigt, davon 1.500 in Österreich.
  • Die Zentrale dieser Konzernsparte ist in Leoben und Zeltweg beheimatet.
Credits Artikelbild: HS2

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