Väterkarenz

Höhere Väterbeteiligung erwünscht

Der Mann verbringt 50 Stunden in der Woche im Büro, während die Frau sich um die Kinder und den Haushalt kümmert: Diese Vorstellung ist schon lange nicht mehr zeitgemäß – aber trotzdem oft noch Realität. Dabei profitieren nicht nur die Kinder von einer höheren Väterbeteiligung, sondern auch die Väter, die Mütter und die Unternehmen.

Es gehören zwei dazu: zum Streiten, zum Tangotanzen oder um Kinder in die Welt zu setzen. Wenn es aber darum geht, den Nachwuchs zum Arzt zu bringen oder vom Kindergarten abzuholen, zu umsorgen, wenn er krank ist, oder zu unterrichten, wenn wieder einmal ein Lockdown verhängt wurde, dann reicht in vielen Fällen plötzlich auch nur eine Person. Und das ist in der Regel die Mutter.

Väterbeteiligung? Mangelware. Denn in Österreich ist Kindererziehung, abgesehen von einigen Ausnahmen, nach wie vor Frauensache. So sind es meist die Mütter, die sich wegen fehlender Kinderbetreuungsplätze oder unflexibler Dienstzeiten gezwungen sehen, zu Hause zu bleiben oder in Teilzeit zu gehen. Sie müssen damit auch empfindliche Gehaltseinbußen in Kauf nehmen. 

Mütter als größte VerliererInnen

Und die haben es in sich, wie eine internationale Studie zeigt, an der sich unter anderem die Universität Princeton und die Universität Zürich beteiligten. Das ForscherInnenteam wollte wissen, wie sich die Geburt eines Kindes auf das Gehalt von Männern und Frauen auswirkt. Dafür wurden Daten aus Österreich, Deutschland, Schweden, Dänemark, Großbritannien und den USA gesammelt. Das Ergebnis: Mütter in Österreich müssen noch zehn Jahre nach dem ersten Kind mit einem Einkommensverlust von mehr als 50 Prozent rechnen. 

Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass Frauen nach der Geburt ihre Arbeitszeit reduzieren, in Teilzeit gehen oder gar nicht mehr zurückkehren. Und das erklärt auch, warum die Geburt keinen Einfluss auf das Gehalt der Väter hat. Denn die arbeiten und verdienen ganz normal weiter. Die österreichischen Mütter gehören damit zu den größten Verliererinnen.

Vorbild Schweden

Nur in Deutschland schneiden die Frauen mit Einbußen von 61 Prozent noch schlechter ab. In Schweden hingegen liegt das Einkommen der Frauen zehn Jahre nach der Geburt um 27 Prozent unter dem Wert von davor, wobei auch die Männer dort nach der Geburt weniger verdienen, zumindest für einen kurzen Zeitraum. Das ist zwar auch nicht ideal, aber immerhin gerechter verteilt als bei uns. Doch warum hinken wir den anderen wieder einmal hinterher?

Kinderbetreuung
Doppelbelastung Kinderbetreuung und Job: Schlecht bezahltes MultitaskingFoto: adobe stock | Gina Sanders

Bleiben wir beim Beispiel Schweden: Zum einen investiert der schwedische Staat deutlich mehr Geld in Kinderkrippen, Kindergärten und Vorschulen – immerhin zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes. In Österreich sind es nur 0,7 Prozent. Zum anderen gehen aber auch neun von zehn Vätern in Schweden in Babykarenz, also fast alle. Dass Eltern sich die Kinderbetreuung aufteilen, gilt als normal und wird auch von den Unternehmen gefördert. Nicht nur, um es den Frauen zu ermöglichen, wieder Vollzeit zu arbeiten und finanziell unabhängig zu sein, sondern auch, um Vätern die Chance zu geben, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.

„Es braucht ein Umdenken“

Anders in Österreich, wo nur jeder fünfte Vater dieses Angebot in Anspruch nimmt und das veraltete Rollenbildder Mann bringt das Geld nach Hause, die Frau schupft den Rest – sich nach wie vor hartnäckig hält. Dass es hier zu einem Umdenken kommen muss, findet auch Nikolaus Griller, Vorsitzender der Jungen Industrie Wien und des Gesellschafterausschusses bei Gebauer & Griller Kabelwerke.

Als er vor zehn Jahren in Väterkarenz ging, übernahm er damit eine Vorreiterrolle im Betrieb. „Mir war von Anfang an klar, dass ich dadurch eine Signalwirkung auf andere Väter und Mütter im Unternehmen ausübe. Sie haben gesehen, dass sie mit jemandem zusammenarbeiten, der in Zukunft in der Geschäftsführung sein wird und sich dennoch vier Monate aus den Projekten und der Arbeit herausnimmt“, sagt Nikolaus Griller und freut sich, dass seitdem viele seinem Beispiel gefolgt sind.

Höhere Väterbeteiligung – höherer Stellenwert der Familie

Doch nicht nur die Väterbeteiligung ist in den letzten zehn Jahren gestiegen. Auch der Stellenwert der Familie und der Verpflichtung gegenüber kleinen Kindern hat zugenommen, beobachtet der zweifache Vater. „Das merke ich an Gesprächen mit Kollegen, aber auch an den Gründen, die genannt werden, warum man offiziell nicht kommen kann, zu Hause bleibt oder früher gehen muss. Es ist viel stärker akzeptiert, dass auch ein Vater für seine Kinder verfügbar und daher flexibler sein muss.

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Nikolaus Griller: „Die Elementarbildung muss ausgebaut sowie Arbeitszeiten und Arbeitsorte flexibler gestaltet werden.“ Foto: Griller

Dafür braucht es aber auch familienfreundliche Unternehmenskulturen, sowohl für Mütter als auch für Väter. Bei Gebauer & Griller Kabelwerke gab es daher schon vor Corona großzügige Homeofficeregelungen, flexible Arbeitsweisen und -zeiten. Und auch bei Terminfindungen berücksichtige man die Notwendigkeit einer Kinderbetreuung, sagt Nikolaus Griller. Dies komme nicht nur den Familien zugute, sondern auch dem Unternehmen. „Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass junge Eltern, denen es gelingt, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, extrem belastbar und leistungsfähig sind. Das sind statistisch gesehen sehr wertvolle, wenn nicht sogar die wertvolleren MitarbeiterInnen.“ 

Flexibilität erwünscht, Prämierung gefordert

Dennoch scheint die Väterkarenz für vier von fünf Vätern in Österreich nicht attraktiv genug zu sein. Obwohl sich viele wünschen, mehr Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen, überwiegt oft die Angst vor einem Karriereknick oder Gehaltseinbußen. Was müsste also geschehen, damit mehr Väter sich mehr beteiligen? „Von politischer Seite könnte man noch am Kinderbetreuungsgeld schrauben“, sagt der Vorsitzende der Jungen Industrie Wien. Er fordert etwa eine Prämierung für Paare, bei denen beide Elternteile in Karenz gehen. Ebenso müsse die Elementarbildung ausgebaut sowie Arbeitszeiten und Arbeitsorte flexibler gestaltet werden. Als Beispiele nennt Griller Homeoffice und Teleworking bis hin zu Remote Offices, also Arbeitsplätzen für PendlerInnen, die näher am Wohnort liegen. 

Wichtig sei aber auch, dass man die Verantwortung der Väter gegenüber ihren Kindern klarer in den Vordergrund stelle. „Wenn man sich dafür entscheidet, Kinder in die Welt zu setzen, gehört es dazu, sich an deren Erziehung und Versorgung zu beteiligen und Zeit mit ihnen zu verbringen“, sagt Nikolaus Griller. „Außerdem haben wir einen riesengroßen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen, wenn wir es schaffen, ein Bild für unsere Arbeitswelt zu zeichnen, wo es in Ordnung oder sogar erwünscht ist, kleine Kinder zu Hause zu haben, und es nicht ein Entweder-oder sein muss. Aber dafür müssen alle an einem Strang ziehen.“

Credits Artikelbild: adobe stock | ManEtli

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