Homeoffice forever

Homeoffice forever, oder wie?

Ein Virus zwang uns, die Arbeitswelt zu revolutionieren. Der Büroalltag wanderte in die eigenen vier Wände, die Digitalisierung erlebte eine Beschleunigung, Videokonferenzen ersetzten Dienstreisen. Doch wie geht’s nach Corona weiter? Heißt das jetzt: Homeoffice forever? Was wird bleiben? Und wo muss nachgeschärft werden?

Mitte März 2020 verließen viele beinahe fluchtartig ihre Büros. Sie klemmten sich den Laptop unter den Arm und gossen ein letztes Mal die Büropflanzen, bevor sie sich auf ungewisse Zeit im Homeoffice verschanzten. Während vor dem ersten Lockdown nur etwa zehn Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von zu Hause aus arbeiteten, sind es seit März viermal so viel. Das vom Wifo errechnete Potenzial, das in Homeoffice steckt, ist sogar noch etwas höher. Demnach könnten rund 45 Prozent aller unselbstständigen Erwerbstätigen inklusive der Lehrkräfte in den eigenen vier Wänden arbeiten.

Dass es funktioniert, haben die letzten Monate gezeigt. ArbeitgeberInnen profitieren, weil sie durch verringerte Büroflächen nicht nur Miet-, sondern auch Unterhaltskosten einsparen. Und ArbeitnehmerInnen sind durch das Wegfallen von Pendelzeiten zeitlich flexibler und können Beruf und Familie besser vereinbaren.

Homeoffice-Steuer? Echt jetzt?

StrategInnen der Deutschen Bank finden sogar, dass es für MitarbeiterInnen ein dermaßen großes Privileg ist, zu Hause arbeiten zu dürfen, dass sie dafür zahlen sollten. Eine fünfprozentige Abgabe in Form einer Homeoffice-Steuer sei ihrer Meinung nach durchaus angemessen, ersparen Beschäftigte sich doch Fahrtkosten, Restaurantbesuche und teure Bürokleidung. Eingehoben soll die Steuer aber nur von jenen werden, für die es nach dem Lockdown sozusagen „Homeoffice forever“ heißt. ExpertInnen halten diesen Vorschlag aber für ebenso absurd wie abwegig.

Homeoffice forever? Gekommen, um zu bleiben …

Und das ist gut so, denn immer mehr Unternehmen möchten auch nach der Corona-Pandemie auf Arbeitsplätze außerhalb des Büros setzen. Der Kurznachrichtendienst Twitter bietet seinen rund 5.000 Beschäftigten ganz offiziell bereits das Homeoffice forever, sofern sie dazu in der Lage sind. Zusätzlich soll jede/r Twitter-MitarbeiterIn bis zu 1.000 Dollar für die Ausstattung des Heimbüros ausgeben dürfen, wie die Website BuzzFeed berichtete. Auch Siemens will es zum weltweiten Standard machen, dass rund 140.000 MitarbeiterInnen in Zukunft an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause arbeiten können. Vodafone hatte seinen Angestellten bereits vor der Krise erlaubt, die Hälfte der Zeit im Homeoffice zu arbeiten. Künftig wollen sie das Angebot sogar auf 70 bis 80 Prozent ausweiten.

Homeoffice auch in der Baubranche

Der steirische Fertigteilhaus-Hersteller Haas sieht im Umstieg auf ein Homeoffice forever neben finanziellen Einsparungen noch eine weitere Chance: Es gäbe zwar Fachkräfte, die sich vorstellen könnten, bei ihnen zu arbeiten, die 40-minütige Anreise von Graz zum Standort in Großwilfersdorf würde aber viele abschrecken, erklärt Geschäftsführer Robert Frischer in einem Interview mit der Wiener Zeitung. Wenn er MitarbeiterInnen mit höheren Qualifikationen wolle, müsse er ihnen auch Homeoffice anbieten können.

Wenn ich MitarbeiterInnen mit höheren Qualifikationen haben möchte, muss ich ihnen auch Homoffice anbieten können!

Robert Frischer, Geschäftsführer Haas Fertigbau

Er geht sogar noch einen Schritt weiter und berücksichtigt diesen Aspekt nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch beim Bau neuer Wohnungen oder Häuser. Denn der Arbeitsbereich in den eigenen vier Wänden wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Raumkonzeption, Anschlüsse und Lichtverhältnisse müssen daher an die neuen Bedingungen angepasst werden.  Stichwort: Smart Office!

Wo Licht ist, ist auch Schatten

Doch das Arbeiten im Homeoffice bringt auch Nachteile mit sich. Während Unternehmen dazu verpflichtet sind, ergonomische Möbel bereitzustellen, sieht es zu Hause oft ganz anders aus. Nicht jede/r hat daheim Platz für ein eigenes Büro mit passendem Schreibtisch und Bürosessel. Manchmal muss auch der Küchentisch herhalten.

Christine Aschbacher
Die kürzlich zurückgetretene Bundesministerin Christine Aschbacher versuchte das Homeoffice-Gesetz auf Schiene bringen. Foto: BKA | Christopher Dunker

Außerdem fällt es schwer, Heimarbeit klar von Freizeit und Familie abzugrenzen. Wenn nebenbei Kinder betreut werden müssen, führt das zu zusätzlicher Belastung statt zu Entlastung. Und selbst wenn man ungestört arbeiten kann, gehen einem früher oder später die sozialen Kontakte ab. Arbeiten im Homeoffice muss daher so gestaltet sein, dass die positiven Aspekte überwiegen. Experten empfehlen eine Mischung aus fixen Bürotagen und ein bis zwei Tagen Heimarbeit pro Woche. Also eher kein gänzliches Homeoffice forever.

Homeoffice-Gesetz lässt auf sich warten

Wer ins Homeoffice darf und wer nicht, ist allerdings nach wie vor Vereinbarungssache zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn. Ein neues Homeoffice-Gesetz, in dem etwa der Rechtsanspruch auf Heimarbeit, Ruhezeiten oder eventuelle Förderungen geregelt sind, gibt es nicht. Während in Deutschland bereits ein Entwurf vorliegt, wurde das Gesetz in Österreich auf März 2021 verschoben.   

Fazit:

Die Krise hat gezeigt, was alles möglich ist. Der Grundstein für ein flexibles und produktives Arbeitsumfeld ist somit gelegt. Wichtig ist jetzt, die Möglichkeiten und Leitlinien so zu definieren, dass ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen gleichermaßen davon profitieren. Im großen und ganzen kann man wohl sagen: Ja, Homeoffice foerver.

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