IT-Sektor Fachkräftemangel

Wir wollen dich: IT-Fachkräfte – heiß begehrt und heftig umworben

IT-ExpertInnen sind heute so gefragt wie GetränkehändlerInnen in der Wüste. Und tatsächlich kann der Durst nach geeignetem IT-Personal aktuell nicht gestillt werden. Vor allem Cybersecurity-ExpertInnen sind Mangelware.

Wer suchet, der findet“, lautet eine alte und vielzitierte Redewendung. Doch während diese Prophezeiung auf Jobsuchende durchaus zutreffen mag, scheinen Unternehmen quer durch alle Branchen weit weniger Glück bei der Rekrutierung von Mitarbeitenden zu haben. Besonders im IT-Sektor stellt der Fachkräftemangel Betriebe vor massive Herausforderungen. Denn Corona hat zwar die Digitalisierung vorangetrieben, gleichzeitig fehlt es aber an geeignetem IT-Personal. Dies soll unter anderem der Ausbildung geschuldet sein, die in vielen Bereichen noch ausbaufähig ist, wie aus einer aktuellen Studie von Deloitte Österreich in Kooperation mit der LSZ (Landessicherheitszentrale) hervorgeht. Dafür wurden 118 CIOs (Chief Information Officer bzw. IT-LeiterIn) aus ganz Österreich befragt.

Turbo Boost für die Digitalisierung

Dabei zeigt sich, dass heimische Unternehmen den Digitalisierungsschub, der durch Corona losgetreten wurde, nutzen konnten. So bewerten 37 Prozent der Befragten ihren digitalen Reifegrad im Schnitt mit einem Gut und 45 Prozent mit einem Befriedigend. Digitale Technologien sind mittlerweile Kernbestandteil der meisten Unternehmensstrategien. Vor allem Sicherheitsthemen spielen heute eine essenzielle Rolle, sagt Karin Mair, Managing Partnerin in der Risk Advisory bei Deloitte Österreich: „Initiativen rund um die eigene Cybersecurity stehen weit oben auf der Agenda der Unternehmen – die gestiegene Bedrohungslage schlägt sich großflächig in den Aktivitäten der Unternehmen nieder.“ Gleichzeitig sei laut Umfrage aber ein weiteres Thema in den Fokus gerückt: „Das Finden und Halten der richtigen Talente beschäftigt die IT-Abteilungen derzeit massiv und beeinflusst auch die Innovationsbestrebungen.“ 

IT-Sektor Fachkräftemangel
Karin Mair, Managing Partnerin in der Risk Advisory bei Deloitte Österreich weiß: Viele Unternehmen im IT-Sektor sind vom Fachkräftemangel stark betroffen. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln.Foto: Deloitte/feelimage

Es fehlt das IT-Personal

Allein in Österreich fehlen mehr als 24.000 qualifizierte IT-Fachkräfte. Bis 2025 könnte die Zahl der unbesetzten Stellen im IT-Sektor sogar auf bis zu 30.000 anwachsen, wie die Wirtschaftskammer Österreich vorrechnet. Damit steht Österreich aber nicht alleine da. Europaweit werden laut offiziellen Zahlen der EU-Kommission in den nächsten acht Jahren sogar rund elf Millionen zusätzliche IT-Fachkräfte fehlen. Das entspricht ungefähr der EinwohnerInnenzahl von Schweden. Es besteht also dringender Handlungsbedarf. 

(IT-) Sicherheit geht vor

Wie die Deloitte-Studie zeigt, muss sich speziell im Bereich Cybersecurity etwas tun. So gaben zwar rund drei Viertel der befragten CIOs an, Cybersecurity-Initiativen am Laufen zu haben und in diesem Sektor gut aufgestellt zu sein. Gleichzeitig herrscht aber gerade hier Personalmangel, und vier von zehn Unternehmen sind auf der Suche nach SicherheitsexpertInnen. Ein Grund dafür dürfte die IT-Ausbildung sein. „Angesichts der zunehmenden Bedeutung von IT-Sicherheit wird das lückenhafte Ausbildungsangebot in Österreich offensichtlich. Formale Ausbildungen an den heimischen Hochschulen sind in vielen Bereichen noch ausbaufähig. Viele Unternehmen müssen ihre Talente daher selbst ausbilden oder Know-how zukaufen“, meint Karin Mair. 

Das Finden und Halten der richtigen Talente beschäftigt die IT-Abteilungen derzeit massiv und beeinflusst auch die Innovationsbestrebungen. 

Karin Mair, Managing Partnerin in der Risk Advisory bei Deloitte Österreich

Ungelöstes Problem: Hohe Dropout-Quote

Auch Alfred Harl, Obmann des Fachverbands für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) der WKÖ sieht die Wurzeln des IT-Fachkräftemangels unter anderem in der Ausbildung. „Diese wird zurzeit nicht der Herausforderung durch den Bedarf an IT-ExpertInnen gerecht.“ Die Zahl der IT-Studiengänge sei zwar gestiegen, allerdings sei auch die Anzahl der Studierenden, die ihr Studium vorzeitig abbrechen, gerade im IT/IKT-Sektor besonders hoch. So lag die Zahl der StudienabgängerInnen in den Bachelor-Studiengängen im Studienjahr 2019/2020 bei rund 43 Prozent, in Informatik-Masterstudien auf Universitäten bei 51,4 Prozent. Während MasterstudentInnen der Branche meist jedoch erhalten bleiben und das Studium wegen eines Jobangebots abbrechen, ist das bei Dropouts in Bachelorstudien normalerweise nicht der Fall.

Kann ein verbessertes Ausbildungsangebot dem Fachkräftemangel im IT-Sektor entgegenwirken?Foto: Adobe Stock | Luckybusiness

Machen statt warten

Noch ist keine Besserung in Sicht, und Unternehmen sehen der Zukunft eher pessimistisch entgegen. Fast zwei Drittel der Befragten rechnen nicht damit, dass sie in den nächsten Monaten die notwendigen Talente und Fähigkeiten zur Verfügung haben werden. Was hinzukommt ist, dass sich die Anforderungen ständig ändern. Gerade im Tech-Bereich liegt die Halbwertszeit von Skills derzeit nur bei zwei Jahren. Die befragten Unternehmen legen daher großen Wert auf die Weiterbildung des vorhandenen Personals und setzen auf Learning on the Job und Knowledge Management, auf umfassende Lernangebote sowie den Zukauf von Spezialwissen. 

Keine Angst vor Veränderung

Die große Kunst besteht aber nicht nur darin, Arbeitskräfte zu finden oder selbst auszubilden, sondern auch darin, diese zu halten. Für rund 62 Prozent der Unternehmen zählt daher Flexibilität in Hinsicht auf Arbeitszeit und -ort zu den wichtigsten Faktoren, um als ArbeitgeberIn attraktiv zu sein. 60 Prozent sehen die Teamkultur und das Team als wesentlich an, 59 Prozent das Thema Work-Life-Balance, und für 47 Prozent der Befragten sind Lern- und Entwicklungsangebote ausschlaggebend, um Talente ans Unternehmen zu binden. Letztendlich haben jene Betriebe die größten Chancen im internationalen Wettbewerb und am Arbeitsmarkt, denen es nicht nur gelingt, die digitale Transformation voranzutreiben, sondern auch die MitarbeiterInnen mit ins Boot zu holen.

Credits Artikelbild: Adobe Stock | Gorodenkoff

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