Internorm Mitarbeiter Produktion

„Italien ist bei Sanierungsförderungen ein Vorbild“

Internorm gehört zu den führenden Fensterherstellern Europas. Die rege Bau- und Sanierungsaktivitäten sorgt für ein Rekordergebnis. 25 Prozent davon gehen an die Mitarbeiter:innen, verrät Christian Klinger, Aufsichtsratschef und Internorm-Miteigentümer, im Interview.

Sanierung und Dämmung stehen derzeit hoch im Kurs. Sind Sie ein Krisengewinner?

CHRISTIAN KLINGER: Nein, die Krise hat auch uns selbst stark getroffen. Wir können unsere Mehrkosten ja nicht 1:1 an die Kunden weitergeben. Abgesehen vom Isolierglas, das wir selbst produzieren, haben wir aber eine nicht sehr energieintensive Produktion und sind daher nicht förderwürdig. Auch kommen wir weitgehend ohne Gas und Öl aus. Aber es kann uns über die Zulieferer treffen, beispielsweise beim Zukauf von Flachglas.

Wie stellt sich der Markt derzeit dar?

Zweigeteilt: Bis zur Jahresmitte ging der Neubau leicht zurück, parallel hat aber die Sanierungstätigkeit zugenommen. Insgesamt ergibt das einen vernünftigen Geschäftsverlauf. Wir gehen von einem guten Gesamtjahr aus. Für das nächste Jahr erwarten wir deutlichere Umschichtungen Richtung Sanierung.

Warum erst dann?

Weil man in Österreich sehr auf den Tausch von Öl- und Gasheizungen fixiert ist, statt auf die Sanierung von zum Beispiel Fenstern. Dabei könnten wir sofort liefern, während bei Heizungen die Lieferzeiten zwischen zwölf und 18 Monate liegen. Ein Umdenken würde sich aber auszahlen, gehen doch 30 Prozent der Wärme über die Fenster verloren. Und es wäre grundsätzlich gescheiter, zuerst zu sanieren und dann die Heizung auf die neuen Dimensionen anzupassen. Wir predigen das seit Jahren und reden mit den zuständigen Ministerien. Dort hat man sich aber auf „Raus-aus-Öl-und Gas“-Förderungen eingeschworen. Wenn wir die gesetzten Klimaziele ernst nehmen und auch erreichen wollen, braucht es aber ein Umdenken.

Internorm Christian Klinger
Internorm-Miteigentümer Christian Klinger: „Wir hatten während der Krise keinen Tag einen Produktionsstillstand und konnten immer liefern.“Foto: Internorm

Sie verweisen diesbezüglich auf Italien als Vorzeigeland. Warum?

Dort gibt es ein sehr attraktives Fördermodell für Sanierungen – es werden bei umfassenden Sanierungen 110 Prozent der Kosten über Steuergutschriften auf fünf Jahre rückerstattet. Saniert man nur die Fenster, sind es immer noch 50 Prozent. Und der Lieferant kann direkt mit der Bank kooperieren, der Kunde hat damit null Erstinvestment. Die Eingangshürde ist also sehr nieder und unbürokratisch. Das hat einen wahren Boom ausgelöst, was zeigt, dass man durch gute Maßnahmen etwas bewegen kann. Das wirkt bis zu uns: Italien war früher ein kleiner Markt für uns, jetzt ist er zum zweitgrößten geworden.

Wäre das ein Vorbild für Österreich?

Ja, weil attraktive und einfache Fördermodelle, schnell in den Köpfen sind und weil sie auch als Bremse für die Schwarzarbeit dienen. Und es würde auch die Wertschöpfung in Österreich halten. Denn bei Photovoltaikanlagen fließt ein Großteil der Wertschöpfung über die verwendeten Komponenten nach China. Bei uns im Konzern bleibt sie zu 95 Prozent in Österreich, bei Internorm-Produkten sogar zu hundert Prozent, weil wir in Österreich produzieren.

Aber das ist aufgrund der hohen Lohnnebenkosten doch teurer?

Ja, aber in der Fensterproduktion ist beispielsweise der Glastransport sehr kostenintensiv. Wenn man das selbst macht oder Zulieferer aus Europa hat, ist man nicht auf globale Lieferketten angewiesen. Wir hatten während der Krise keinen Tag einen Produktionsstillstand und konnten immer liefern. Zuerst wurden wir für diesen sehr konservativen Zugang am Markt nur belächelt, am Ende hat er sich und unsere langfristigen Beziehungen zu Geschäftspartnern aber stark positiv ausgewirkt.

Internorm hat das letzte Geschäftsjahr mit einem Umsatz von 421 Millionen Euro und einem Plus von 14 Prozent abgeschlossen. Die Zeichen stehen auf Wachstum und Ausbau der Produktionskapazitäten um 200 Millionen Euro in den Werken Lannach, Traun und Sarleinsbach. Finden Sie ausreichend Mitarbeiter:innen?

Natürlich gibt es einen Strukturwandel, aber wir sind da weniger besorgt. Wir haben Anfang letzten Jahres mehr als hundert aufgenommen, viele sind aus dem Tourismus gekommen. Wenn man im branchenübergreifenden Wettbewerb um Personal geregelte Arbeitszeiten, eine gute Bezahlung und Planbarkeit bietet, bleibt die Fluktuation gering und man findet auch neue. Außerdem sind wir der Überzeugung, dass – wenn man „Mitunternehmer:innen“ statt Mitarbeiter:innen haben will – man sie auch am Geschäftserfolg beteiligen muss. Wir zahlen daher 25 Prozent unseres Gewinns an die Belegschaft aus. 

Wie sieht es mit der Nachwuchsförderung beziehungsweise Ausbildung aus?

Wir drängen seit Längerem darauf, eine Ausbildung zur „Fensterbauerin“ und „Fensterbauer“ zu installieren. Mit Fenster, Türen, Sonnenschutz und Fassaden böten sich unzählige Facetten. Die Mühlen mahlen diesbezüglich leider sehr langsam.

Noch einmal zurück zur Sanierung und dem Klimawandel. Neben dem Heizen wird auch das Kühlen immer wichtiger. Wie reagieren Sie darauf?

Tatsächlich wird die sommerliche Überhitzung in den nächsten zwei Jahrzehnten eine zentrale Herausforderung. Die Kosten für einen adäquaten Sonnenschutz und das Kühlen werden jene zum Heizen übersteigen. Wir bieten beispielsweise Raffstores, die eine Lichtumlenkung an die Decke haben, damit es bei heruntergelassenem Sonnenschutz im Raum nicht finster wird. 

Wie viele investieren Sie in derartige Entwicklungen?

Unser Budget für Forschung und Entwicklung liegt – je nach Berechnung – zwischen 2,5 und 5 Prozent. Wir designen unsere Produkte selbst, so sind wir nicht von Vorlieferanten abhängig, beispielsweise von Profil- oder Beschlagherstellern. Mein Großvater war schon Metallverarbeiter, hat Grabkreuze und später Geschäftsprotale hergestellt. Diese Selbstbau-Kultur haben wir uns erhalten.

GUT ZU WISSEN

  • Internorm ist Teil des Internationale Fensternetzwerks (IFN). Zu der Unternehmensgruppe gehören neun Unternehmen (Internorm, Topic, GIG, HSF, Schlotterer, Kastrup, Skaala, Skanva und Neuffer).
  • Der Markenverbund gilt als führender Anbieter für Komplettlösungen rund um Fenster, Türen, Fassaden und Sonnenschutz
  • Der Konzern verfügt über insgesamt 2000 Vertriebspartner von Süditalien bis Schweden und Irland bis Polen.
  • Bis 2026 will der Familienkonzern 400 Millionen Euro in eine ehrgeizige Wachstumsstrategie investieren.
  • Fast zwei Drittel des Umsatzes (2021: 785 Millionen Euro) werden in der DACH-Region erwirtschaftet, davon 38 Prozent in Österreich, knapp 17 Prozent in Deutschland und sieben Prozent in der Schweiz.
Credits Artikelbild: Internorm

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