Nudelhersteller Wolf: Seine Pasta sieht kein Plastik!

Papier statt Plastik – klingt eigentlich simpel. Aber tatsächlich macht das aktuell vor allem ein österreichischer Nudelproduzent: Wolf Nudeln. Wir haben bei Chef Joachim Wolf persönlich nachgefragt.

Unternehmen wir einen Ausflug in den Supermarkt. Genauer gesagt: ins Nudelregal. Wir sehen eine Fülle an unterschiedlichen Formen und Farben. Von Anelletti (die kleinen runden Suppennudeln) bis Zitoni (kurze, dicke Makkaroni). Was wir auch sehen, sind unterschiedliche Verpackungen, die bei näherer Betrachtung aber gar nicht so unterschiedlich sind: Plastik, Kartons mit Plastikfensterchen, Plastik, das sich als Papier tarnt. Einer unter den großen Herstellern sticht dann aber doch heraus: die Nudeln mit der Aufschrift „Wolf“. Schön verpackt in reines, recycelbares Papier.

Plastik wird in 450 Jahre nicht vollständig zersetzt

Wir nehmen sie in die Hand. Fühlt sich ungewohnt an, aber der Verzicht auf Plastik hat einen enorm positiven Effekt auf die Umwelt. Denn: Plastikverpackungen werden entweder verbrannt, was im schlimmsten Fall Schadstoffe freisetzt, oder sie benötigen eine lange Zeit, um sich biologisch abzubauen. Derzeit geht man sogar davon aus, dass Plastik nicht einmal nach 450 Jahren vollständig zersetzt werden kann.

Joachim Wolf
Mit seinen Pastaverpackungen ohne Plastik setzte Joachim Wolf neue Maßstäbe.Foto: Wolf Nudeln GmbH
Joachim Wolf
Um den KundInnen das Produkt zugänglich zu machen, setzt er auf Bilder statt Fenster.Foto: Wolf Nudeln GmbH

Mikro- und Nanoplastikpartikel sickern in Grundwasser und Meere und entwickeln sich zu mikroskopisch kleinen Bumerangs – weil sie über Fische und andere Lebewesen wieder in unsere Nahrungsmittelkette gelangen und uns genau so wenig guttun wie allen anderen Tieren. Da stellt sich doch die Frage: Warum macht Ihnen das nicht jeder nach, Joachim Wolf?

Joachim Wolf sagt: KonsumentInnen sind noch nicht reif genug

„Wir versuchen, die Umwelt und die Wirtschaft in Einklang zu bringen. Aber: Diese Idee zu realisieren, war schon ein enormer finanzieller Aufwand. In unserer Wirtschaft ist es in der Regel üblich, den Gewinn eines Produkts ständig zu maximieren und nicht darauf zu achten, was rundherum passiert. Außerdem sind die KonsumentInnen noch immer nicht so weit – sagen wir: ,erzogen‘ –, dass sie automatisch zu Papierverpackungen greifen.“

Kein einfacher Prozess

Aber wie gelang es Wolf Nudeln überhaupt, das Plastik gänzlich auszusparen? Ermöglicht wurde die fossilfreie Verpackung durch die Zusammenarbeit des Verpackungsmaschinenherstellers Bosch und dem skandinavischen Papierproduzenten BillerudKorsnäs. Ein elf Jahre dauernder Kraftakt! Wolf selbst hat sich vor fast vier Jahren in die Entwicklung eingeklinkt und war vor knapp einem Jahr plötzlich weltweit der erste Teigwarenerzeuger, bei dem diese neuartige Technologie zum Einsatz kam.

Die Großen ziehen nun nach

Komplex gestaltete sich dabei vor allem der Verpackungsprozess: An den zu verschweißenden Stellen wird sogenanntes Siegelmaterial aufgebracht und mit geregelter Temperatur nach Befüllen des Beutels verschweißt. Weil das fertige Produkt aber insgesamt weniger als fünf Prozent Siegelmaterial aufweist, kann die Verpackung trotzdem als Papier wiederverwertet und somit entsorgt werden.

Joachim Wolf in seiner Nudelfertigung.Foto: Wolf Nudeln GmbH
Seine Nudeln werden ernergieautark produziert!Foto: Wolf Nudeln GmbH

Alles über diesem Anteil müsste als Restmüll beseitigt werden. „Besonders stolz sind wir bei Wolf Nudeln darauf, dass wir sogar die Großen wachgerüttelt haben. Supermarktketten dachten vor unserer Innovation nicht einmal darüber nach, mehr Papierverpackungen in diesem Bereich anzubieten. Mittlerweile arbeiten schon ein paar Eigenmarken an nachhaltigen Papierverpackungen wie unserer.“

Joachim Wolf pfanzt Bäume für die Zukunft

Für die Erzeugung des Spezialpapiers mit besonders langen Fasern wird übrigens Fichtenholz aus aktiver und regenerativer Forstwirtschaft verwendet. Bleibt dennoch die Frage offen, was nun verzeihlicher ist: Plastikmüll, der bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzt, oder für Papier Bäume zu fällen? Eine komplizierte Rechenaufgabe, die die genaue Gegenüberstellung von Emissionswerten und vielem mehr erfordert.

Wir sind besonders stolz darauf, dass wir die Großen wachgerüttelt haben!

Joachim Wolf von Wolf Nudeln

Damit dieses Problem aber gleich von vornherein gelöst ist, werden für jeden Baum, der für die Verpackungen geschlägert wird, vier neue gepflanzt. Das liegt an den Bestimmungen des schwedischen Papierproduzenten. Diese schreiben sogar gesetzlich vor, dass für jeden gefällten Baum mindestens zwei bis drei neue gepflanzt werden müssen – im Sinne einer nachhaltigen Aufforstung.

Menschliche Neugierde

Durch das Fehlen von transparentem Plastik ist natürlich kein Blick ins Innere der Nudelverpackung möglich. Dass auf der Verpackung darum ein naturgetreues Foto der jeweiligen Sorte zu sehen ist, ist einem psychologischem Phänomen geschuldet: VerbraucherInnen wollen nämlich genau wissen, was sie kaufen, bevor sie es kaufen – und das am liebsten in natura.

Vom Hühnerschiss zum Umweltsegen

Aber es geht bei Nudeln freilich nicht nur um die Verpackung! Auch wenn man, genügend kitschiger Werbespots sei Dank, vielleicht eine italienische Nonna im Kopf hat, die gerade ihre von Hand gemachten Fettuccine zum Trocknen aufhängt – die Realität sieht freitlich weit weniger romantisch aus. In Wirklichkeit wird für die industrielle, also rein maschinelle, Nudelerzeugung eine beträchtliche Menge an elektrischer und thermischer Energie benötigt. Energie, deren Erzeugung die Umwelt belastet und die CO2-Bilanz konsequent nach oben treibt.

Joachim Wolfs Nudeln werden energiautark produziert

Es sei denn, man schafft es irgendwie, energieautark zu produzieren. Wolf Nudeln tut genau das seit nun bereits zehn Jahren. Nicht nur CO2-frei, sondern komplett energieautark, das ist Joachim Wolf, der das Familienunternehmen in dritter Generation führt, besonders wichtig zu unterscheiden. Denn den Unterschied kann man als NormalverbraucherIn gar nicht mehr erkennen, wie er erzählt:

„Wir benutzen wirklich keine fossilen Brennstoffe, im Unterschied zu vielen anderen, die sich die CO2-freie Zertifizierung kaufen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass die VerbraucherInnen den Unterschied kennenlernen. Denn große Unternehmen haben die Möglichkeit, ihren CO2-Fußabdruck berechnen zu lassen, für den negativen Teil Zertifikate zuzukaufen und sich damit quasi freizukaufen. Das ist meiner Meinung nach nicht mehr als eine Ablasszahlung, wie sie im Mittelalter üblich war. Wenn du Sünden hattest, hast du der Kirche ein paar Gulden gegeben – und du warst aus dem Schneider.“

Zukunftsträume oder bald Wirklichkeit?

Aber kehren wir zurück zu unserem gedanklichen Rundgang durchs Nudelregal. Bevor wir diesen beenden, laden wir Herrn Wolf noch ein wenig zum Träumen von einer gänzlich verpackungsfreien Nudelwelt ein. Ließe sich das in Zukunft vielleicht sogar im Supermarkt durchsetzen? Unverpackte Nudeln zum Selbstabfüllen? „An diesem Thema arbeiten wir gerade. Aber es ist immer eine Sache der Bequemlichkeit der KonsumentInnen. Wenn diese gewillt sind, eine Dose von daheim mitzubringen, sie im Supermarkt zu befüllen und sie wieder mit nach Hause zu nehmen, dann ginge das.“

Leider müsse man aber hierbei zusätzliche Facetten bedenken: Ab wann ist der Produzent beim Thema Lebensmittelhygiene nicht mehr haftbar? Wolf: „Der Produzent ist so lange haftbar, wie die Verpackung verschlossen ist. Aber wer haftet dafür, wenn die wiederbefüllbare Dose daheim aufgemacht wird und Fremdkörper oder Verunreinigungen drinnen sind?“

Bevor diese Vision im großen Stil Realität wird, müssen also noch einige gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden. Joachim Wolfs Schlusssatz: „Aber gar keine Verpackungen mehr zu brauchen, das wäre natürlich der schönste Gedanke.“

Alles über Wolf Nudeln:

  • Das Unternehmen wurde nach dem Ersten Weltkrieg als Brotbäckerei von Franz Wolf, dem Großvater des heutigen Eigentümers DI Joachim Wolf, gegründet.
  • Im Jahre 1956 begann dessen Sohn Fery Wolf seinen Traum zu verwirklichen und produzierte für den Raum um Güssing auch Teigwaren, die er neben dem Gebäck anbot. Durch die wirtschaftlichen Umstände nach dem Zweiten Weltkrieg und der Philosophie, die besten Rohstoffe zu verarbeiten, konnte sich das Unternehmen mit den Teigwarenprodukten innerhalb kurzer Zeit am Markt etablieren.
  • In der Folge wurde der Vertrieb über den lokalen Raum hinaus auf Ostösterreich und in den 1970er-Jahren auf ganz Österreich erweitert.
  • Das Projekt „Die Umweltnudeln von Wolf“ wurde bei der Verleihung der Energy Globe Awards Austria 2013 Sieger in der Kategorie Luft.
  • Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, kann dies im Rahmen einer geführten Tour durch die Biogasanlage machen – sobald es die Corona-Maßnahmen wieder zulassen.

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