Bei 15a denken die meisten wohl an Buslinien oder Hausnummern, tatsächlich verbirgt sich dahinter aber eine Vereinbarung, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern soll. Ein Schritt in die richtige Richtung, sagen viele. Aber es liegt noch ein langer Weg vor uns.
Wer Kinder in die Welt setzt, lernt schnell, dass man auf so manches verzichten muss. Auf Schlaf zum Beispiel, Hobbys oder Zeit zu zweit. Oft aber auch, und das betrifft in erster Linie Frauen, auf einen Teil des Gehalts. Denn während das Einkommen von Vätern nach der Geburt leicht ansteigt – einerseits, weil diese im Schnitt länger arbeiten, andererseits, weil sie mit Nachwuchs mehr Erfolg bei Lohnverhandlungen haben –, müssen Mütter nicht selten einen Karriereknick in Kauf nehmen. Die viel beschworene Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Ein Wunschtraum?
Zu diesem Ergebnis kam kürzlich ein Forschungsteam der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien, das 128.000 heterosexuelle Paare aus 30 europäischen Ländern unter anderem zu ihrem Einkommen und ihren Erwerbstätigkeiten befragte. Besonders schwer fällt der Wiedereinstieg ins Berufsleben jungen Müttern aus Deutschland und Österreich. Ein Grund für die fehlende Vereinbarkeit ist laut Studie der Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen.
Bessere Vereinbarkeit durch höhere Betreuungsquote
Dies soll sich in Österreich aber ändern. Bund und Länder haben sich dafür auf eine neue 15a-Vereinbarung zur Kinderbetreuung geeinigt. Demnach soll bis zum Kindergartenjahr 2026/27 flächendeckende, ganzjährige, leistbare und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung angeboten werden – auch im ländlichen Raum und speziell für Kinder unter drei Jahren. Damit möchte man das „Barcelona-Ziel“ erreichen. Es sieht eine Betreuungsquote für Unter-Dreijährige von 33 Prozent vor, was Eltern eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen soll. Derzeit stehen wir laut einer aktuellen Kindertagesheimstatistik bei 27,6 Prozent.
Längere Öffnungszeiten für Kindergärten
Künftig sollen Kindergärten zumindest 45 Stunden pro Woche und 47 Wochen im Jahr geöffnet haben. Dafür nimmt der Bund auch mehr Geld in die Hand. Die bisherigen Mittel für die Bundesländer werden auf 200 Millionen Euro pro Jahr für eine Laufzeit von fünf Jahren erhöht. Damit käme man insgesamt auf eine Milliarde Euro, das sind um 40 Prozent mehr als bisher. Neben dem Ausbau des Angebots sollen damit auch das kostenlose Pflichtkindergartenjahr für Fünfjährige sowie die frühe Sprachförderung finanziert werden. Zudem können die Länder die Gelder flexibler einsetzen als bisher.
Gleiche Qualitätsstandards für alle
Der Ausbau von Kindergartenplätzen sowie längere und flexiblere Öffnungszeiten, die eine Vollzeitbeschäftigung der Eltern ermöglichen, seien „nicht nur ein Gebot der Stunde, sondern im Jahr 2022 höchst an der Zeit“, betont der Generalsekretär der Industriellenvereinigung Christoph Neumayer. Und das nicht nur für Eltern, sondern auch für Betriebe, denen es an Arbeits- und Fachkräften mangelt. Die neue Vereinbarung enthalte erste Weichenstellungen. Dennoch gebe es aus Sicht der Industrie weiteren Handlungsbedarf: „Notwendig wäre es gewesen, wenn die Vereinbarung auch die Qualitätsstandards in der Kinderbildung und -betreuung vereinheitlicht hätte. Denn jedes Kind hat ein Recht auf gleiche Qualität in der Bildung und Betreuung – egal, wo es betreut wird.“
Mehr PädagogInnen, kleinere Gruppen
Bundesweit einheitliche Standards wünschen sich auch die PädagogInnen selbst, vor allem wenn es um die Verkleinerung der Gruppen und die Verbesserung des Betreuungsschlüssels geht. Dies sei jedoch nur schwer umzusetzen, da es auch in der Elementarpädagogik an Fachkräften fehlt, gibt beispielsweise die Junge Industrie zu bedenken. Ohne Ausbildungsoffensive für angehende PädagogInnen sowie die Qualifizierung von QuereinsteigerInnen werde ein flächendeckender Ausbau nicht zu stemmen sein.
Darüber hinaus müsse man auch dafür sorgen, dass das Berufsfeld an Attraktivität gewinnt. Nicht nur um neue AbsolventInnen zu gewinnen, sondern auch um ElementarpädagogInnen in ihrem Job zu halten. Gerade während der Pandemie waren sie extrem gefordert, ihre Anliegen und Warnrufe wurden aber oft übersehen und überhört. Demnächst soll die Vereinbarung im Ministerrat vorgelegt und spätestens bis Herbst im National- und Bundesrat beschlossen werden.