Konjunktur

Konjunktur: Ende der Talfahrt in Sicht

Über der aktuellen Geschäftslage liegen zwar noch dunkle Schatten, aber nach der Serie an Krisen in den letzten Monaten hellen sich die Konjunkturprognosen ab Jahresmitte etwas auf.

Langsam kehrt die Zuversicht zurück. Nach einer Serie von Krisen – von der Corona-Pandemie über den Ukrainekrieg bis zur massiven Inflation – scheint sich die Wirtschaftslage langsam zu erholen. Die Prognosen zeigen mittelfristig zumindest ein verhaltenes Comeback des Wachstums. Ab Jahresmitte könnte die Talfahrt enden. Die Sorge vor einer tiefen Rezession dürfte überwunden sein, Anzeichen einer konjunkturellen Stabilisierung lassen sich erkennen. 

Nach der vom Kollaps des Bankensystems in den USA 2009 und dem Konjunkturabsturz durch die Corona-Pandemie ab 2020 scheint die Gefahr einer dritten Großkrise damit (vorerst) gebannt. Ab Jahresmitte könnte es eine Rückkehr der Konjunktur auf den Wachstumspfad geben.

Konjunktur: Normalisierung bei Preisen

Die Erholung steht aber auf wackeligen Beinen. Es bleibt zäh – und Schuld daran sind Faktoren, die in den vergangenen Monaten zu Dauerbegleitern des Alltags wurden: Explodierende Energiekosten, anhaltender Personalmangel und brüchige Lieferketten haben die Konjunktur Richtung Abschwung abbiegen lassen. 

Die Lage entspannt sich nur langsam. Durch das Aufheben der pandemiebedingten Beschränkungen erholt sich der Dienstleistungssektor, insbesondere in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, zunehmend. Auch bei den Industrierohstoffen und damit den Erzeugerpreisen scheint es eine Normalisierung, bei den Lieferkettenstörungen eine Entspannung zu geben.

Kurzfristig noch Schatten

„Die Herausforderungen in der realwirtschaftlichen Entwicklung bleiben aber weiterhin groß und enorm abhängig von den Entwicklungen in China, den USA und der Energiepreise“, verweist Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, auf die Vielzahl mächtiger Einflussquellen auf den globalen Märkten.

Dieser Mix hat schon bisher tiefe Spuren hinterlassen und spiegelt sich auch in der aktuellen Geschäftslage der Unternehmen wider. Sie ist schlecht. Die schwache Konjunkturdynamik geht auch an heimischen Betrieben nicht spurlos vorbei. Die Auftragslage derzeit wird als schlecht eingestuft, die Verkaufspreise sinken im kommenden Quartal weiter.

Helmenstein-IV
„Es gibt einen Stimmungswechsel hin zum Positiven“, sagt Ökonom Christian Helmenstein.Foto: IV

Tiefpunkt in Europa überwunden

Mit Blick nach vorne hellt sich die Lage allerdings auf. „Auf Sicht von sechs Monaten sollte sich die rezessive Dynamik im Industriebereich abschwächen“, sagt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Tatsächlich zeigen Umfragen ein Anziehen bei Aufträgen ab Jahresmitte und damit ein Plus in der Produktion und bei den Personalständen.

Die Subventionen müssen langsam wieder abschmelzen, Budgetdisziplin und Eigenverantwortung müssen zurückkehren.

Christoph Neumayer

Mit Blick über den österreichischen Tellerrand zeigt sich ein ähnliches Bild auch im Euroraum. Der Tiefpunkt scheint überwunden, das Schrumpfen der Konjunktur könnte früher als erwartet ein Ende finden. Eine Rückkehr in die Wachstumsspur wird allgemein erwartet.

Subventionen wieder zurückfahren

Alles halb so schlimm also? Keineswegs, bremsen Expert:innen. Denn wesentliche Teile des möglichen Aufschwungs sind durch milliardenschwere Staatshilfen teuer erkauft. „Wenn wir einen Lichtstreifen am Horizont sehen, müssen wir das Subventionieren im Unternehmenssektor wieder Zurückfahren“, fordert IV-Generalsekretär Christoph Neumayer daher. Nach den großzügigen Förderungsinitiativen zur Krisenbewältigung müssen Budgetdisziplin und Eigenverantwortung zurückkehren, mahnt er. Die Subventionen müssen „langsam, aber sicher wieder abschmelzen“ (Neumayer). 

Gleichzeitig seien laut Ökonom Helmenstein in Österreich riesige Investitionen notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit in Sachen Digitalisierung, Automatisierung und Robotik zu steigern und so den Standortnachteil bei den Energiekosten abzufedern.

Tigerstaaten ziehen bei Wachstum davon

Die globale Konkurrenz – vor allem in Asien und Afrika – bleibt jedenfalls groß und „hungrig“. Helmenstein rechnet allein für das laufende Jahr mit mehr als 60 sogenannten „Tigerstaaten“, also Länder, deren Volkswirtschaften real um mehr als vier Prozent wachsen dürften. Zum Vergleich: Für Österreichs Wirtschaft erwarten Ökonomen ein Plus zwischen einem Viertel- und Dreiviertelprozentpunkt.

Um international mithalten zu können, brauche es demnach die entsprechenden Investitionen. Allein um den Ausbau der erneuerbaren Energien laut gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, würde bis 2030 ein Volumen von 30 Milliarden Euro notwendig sein. Dazu kommen noch einmal 20 Milliarden Euro für den Netzausbau. Um die Energiewende zu schaffen, erwartet Helmenstein demnach „sehr dynamische 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts“. 

Weiterarbeiten nach Pension ermöglichen

Um den möglichen Aufschwung tatsächlich zu sichern, brauche es jedoch „Menschen, die die Erholung begleiten können“, verweist Neumayer auf den latenten Arbeitskräftemangel, den es zu beheben gelte. Die Schrauben, an denen diesbezüglich gedreht werden müsste, sind bekannt: mehr Menschen, vor allem Frauen, von Teilzeitjobs in Vollzeitbeschäftigungen bringen und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen (Kinderbetreuung) schaffen, Überstunden steuerlich entlasten sowie Anreize und Erleichterungen bieten, um ein Weiterarbeiten im Pensionsalter zu ermöglichen.

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