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Konjunktur: Industrie trägt den Aufschwung

Die Konjunktur erholt sich trotz pandemiebedingten Turbulenzen dank einer starken Industrie. Zwar wird sich der Aufschwung nächstes Jahr einbremsen, Wirtschaftsforscher bleiben aber optimistisch.

Es ist Halbzeit. In vielen Unternehmen werden dieser Tage die Bilanzen für die erste Hälfte des Geschäftsjahres präsentiert. Quer durch die Industrie zieht sich dabei ein Trend: Die konjunkturelle Erholung wird sich im kommenden Jahr fortsetzen – wenn auch etwas abgebremst. Diverse Konjunkturumfragen und Wortmeldungen aus den Unternehmen zeigen, dass beispielsweise die österreichische Industrie das Hochkonjunkturniveau verlassen hat und sich in Richtung einer konjunkturellen Normallage entwickelt.

„Nach einem starken Nachholeffekt hat sich die Nachfrage über den Sommer stabilisiert, der Aufschwung setzt sich aber – zwar gebremst durch Probleme in den Lieferketten – weiter fort“, fasst es Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine zusammen. Auch Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender des Ziegelherstellers Wienerberger, spricht von einem „anhaltenden Wachstumskurs nach einem sehr starken ersten Halbjahr“ und einer „hervorragenden Auftragslage und einer dementsprechend hohen Auslastung“.

Industrie als Motor der Konjunktur 

Tatsächlich stieg die Sachgüterproduktion zwischen Jänner und Juni verglichen mit der Vorjahresperiode um 18,5 Prozent. Bundesweit gab es den größten Produktionszuwachs in der Kfz-Industrie (plus 34,6 Prozent/plus 2,3 Milliarden Euro), beim Maschinenbau (plus 20,8 Prozent/plus 2,2 Milliarden Euro) und bei der Herstellung von Metallerzeugnissen (plus 27,4 Prozent/plus 1,9 Milliarden Euro). 

53 Prozent des wirtschaftlichen Aufschwungs in Österreich war zuletzt von der Industrie getragen, rechnet Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung vor. Nimmt man die industrienahen Dienstleister dazu, sind es sogar über zwei Drittel. Das hat am Weg aus der Krise geholfen. Denn, so Helmenstein, „ein Land mit einer hohen Industriequote entwickelt sich schneller aus einer Krise heraus als Länder, die einen starken Dienstleistungssektor haben“.

Arbeitskräftemangel bremst Konjunktur

Aber Helmenstein sieht keinen ungetrübten Himmel. Im Gegenteil. Der Aufschwung sei kein Selbstläufer, es gebe eine Vielzahl an Störfaktoren. Insbesondere die heimische Exportwirtschaft ist unter Druck. Kostenseitig sind die Unternehmen mit enormen Preissteigerungen für Industrierohstoffe und Energie konfrontiert, zum Teil auch mit Verfügbarkeitsengpässen. Dazu komme der erwartete Fachkräftemangel, der sich weiter zuspitzt. „Er ist aber nur der Vorbote eines demografischen Gezeitenwechsels, der in den kommenden Jahren einen allgemeinen Arbeitskräftemangel mit sich bringen wird“, warnt Helmenstein.

Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein
Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein: „Der Aufschwung wird sich fortsetzen.“Foto: IV

Dementsprechend hat die konjunkturelle Erholungsdynamik zwar ihren Plafond erreicht, der Aufschwung werde sich aber in moderatem Tempo – „abgesehen von nicht prognostizierbaren exogenen Schocks“ (Helmenstein) – ohne Zweifel fortsetzen, glaubt der Wirtschaftsforscher. Zahlen aus den Bundesländern untermauern diese Prognose. So hat die Industrie in fast allen Bundesländern wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Der Aufholprozess ist demnach in Kärnten, Wien, Tirol und Vorarlberg überdurchschnittlich. Die Industrie im Burgenland liegt noch unter dem Vorkrisenniveau. 

Corona: Konjunkturrückgang im Osten

Das Corona-Tal scheint damit durchschritten. Denn die Industrieproduktion war aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im Frühjahr 2020 in allen Bundesländern stark eingebrochen. Die Produktionsleistung lag im April 2000 im Österreich-Durchschnitt um 25 Prozent unter jener aus 2019. Mit einem Rückgang von mehr als 30 Prozent waren das Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark besonders stark betroffen. 

Die unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Bundesländern ist vor allem auf eine stark unterschiedliche Branchenentwicklung und eine unterschiedliche Branchenausrichtung zurückzuführen. Die wirtschaftliche Erholung hat bisher nicht alle Industriezweige in gleichem Ausmaß erfasst.

Industrie wächst über EU-Schnitt 

Insgesamt ist aber mittlerweile eine deutliche Trendwende gelungen. Die Produktivität in der österreichischen Industrie hat sich seit der Pandemie tendenziell beschleunigt. Es ist die Fortschreibung eines Erfolgslaufs. Denn Österreichs Industrie wächst seit zwanzig Jahren über dem EU-Schnitt. Während die Industrieproduktion in Österreich seit 2000 real um rund 60 Prozent zulegte, gab es im Euro-Raum insgesamt nur zehn Prozent Zuwachs. Auch in Deutschland war das Wachstum mit 35 Prozent nur gut halb so stark, zeigt die Analyse der Bank Austria. Besonders sticht dabei der Maschinenbau hervor. Er legte zwischen 2000 und 2019 um 140 Prozent zu – siebenmal stärker als der Euro-Schnitt (20 Prozent).

Fast ein Drittel des Wachstumsvorsprungs der heimischen Industrie ist somit auf den Maschinenbau zurückzuführen. Er kommt für 14 Prozent der Industrieproduktion auf. Weitere Branchen, die überdurchschnittlich stark zum Erfolg der heimischen Industrie beitrugen, waren die Metallverarbeitung, die Metallerzeugung sowie die Elektro- und Kfz-Industrie. Helmenstein rät aber zur Wachsamkeit. „Um als Autozuliefererstandort weiter reüssieren zu können, müssen wir darauf achten, weiterhin technologieoffen unterwegs zu sein“, sagt er. „Denn wir wissen nicht, welche Technologie sich am Ende durchsetzen wird.“

Credits Artikelbild: adobe stock

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