Stromleitung UVP Bauarbeiten

Lange UVP-Verfahren bremsen Energiewende

Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) sollen die Umwelt schützen. Sie sind komplex und können Monate und Jahre dauern. Wegen dieser langen Verfahren bei Energie-Infrastrukturprojekten „wackeln“ aber auch die Klimaschutzziele.

Sechseinhalb Jahre statt der gesetzlich vorgesehenen 15 Monate hat es bis zur endgültigen Genehmigung der 380kV-Leitung in Salzburg gedauert. Die Abwicklung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für dieses Projekt dient KritikerInnen einer lähmenden Verfahrenspraxis als Paradebeispiel. Sie sprechen angesichts der langsam mahlenden bürokratischen Mühlen von standortgefährdenden Verzögerungen

Denn bei UVP-pflichtigen Projekten handle es sich in der Regel um Infrastruktur-, Energie- oder größere Industrieprojekte. Verzögern sich die dafür erforderlichen Genehmigungen derart massiv, werde das Entwicklungspotenzial eines Standorts gebremst. Gerade für ein kleines und exportorientiertes beziehungsweise im Fall der Energieversorgung importabhängiges Land wie Österreich bedeutet das einen Wettbewerbsnachteil.

UVP: Fristen sind „totes Recht“

Der Zweck einer UVP sei es eben, die Umweltauswirkungen umfassend zu prüfen, entgegnen Umweltschutzbehörden. Dazu kommen breite Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit. Das alles in einem Verfahren abzuhandeln, wirke grundsätzlich sogar beschleunigend, wird argumentiert. Vielen ProjektwerberInnen geht es dennoch viel zu langsam. Tatsächlich werden die im UVP-Gesetz vorgegeben Verfahrensdauern durch Einsprüche, Gutachten und Fristenläufe maximal überdehnt. „Sie sind de facto totes Recht“, kritisieren AntragsstellerInnen. Gerade bei Projekten der Energiewirtschaft ist eine fünf- bis zehnjährige Verfahrensdauer keine Seltenheit.

Aktenberge
Gutachten trifft Gegengutachten: Die Aktenberge, die bei UVP-Verfahren abzuarbeiten sind, bremsen schnelle Entscheidungen. Foto: adobe stock | Alfred Knapp

So reichen im Fall der Salzburger 380kV-Leitung die Wurzeln des Verfahrens bis 2012 zurück. Damals wurde das Projekt bei der Landesregierung als zuständige UVP-Behörde eingereicht. Ende 2015 erfolgte der positive Bescheid, dann diverse Einsprüche, 2019 schließlich die Genehmigung durch das Bundesverwaltungsgericht. Der Baustart erfolgte. Das Verfahren lief im Hintergrund aber noch ein Jahr. Erst im Oktober 2020 wies der Verwaltungsgerichtshof als letzte Instanz Proteste als unbegründet ab.

UVP-Verhandlung mit 2.520 Aktenordnern

Auch in der Steiermark kennt man derartige Zeitspannen. Bereits 1984 wurde mit den Planungen für den Bau einer knapp hundert Kilometer langen 380kV-Leitung aus dem Südburgenland bis südlich von Graz begonnen. 2003 reichte der Verbund das Projekt zur Umweltverträglichkeitsprüfung ein. 2.520 Aktenordner wurden dafür in die Grazer Burg, dem Sitz der Landesregierung, gekarrt.

Für die 2004 startende UVP-Verhandlung selbst musste die Stadthalle angemietet werden, um ausreichend Platz für AnrainerInnen, ExpertInnen und Interessierte bereitstellen zu können. Im Verfahren waren dann 18 Bürgerinitiativen und knapp 1.500 Parteien beteiligt. Das Bundesumweltamt gab 2007 schließlich „grünes Licht“ für die eingereichte Freileitung. 2009 ging sie in Betrieb.

Ein Projekt blockiert das andere

Ähnliche Dimensionen erreichte der Ausbau des Kraftwerkes Sellrain/Silz in Tirol. Das Projekt wurde 2009 zur UVP eingereicht und erst zehn Jahre später genehmigt. Noch länger dauern wird es beim Projekt „Ausbau Kaunertalkraftwerk“. Es wurde zwar bereits 2012 eingereicht. Eine Genehmigung ist jedoch noch lange nicht in Sicht. In diesem Fall verzögert aber ein anderer kurioser Punkt das Verfahren: Es wurde ein konkurrierendes Projekt eingereicht. Rechtlich ist das möglich, es blockiert aber das ursprüngliche Verfahren.

Stefan Stolitzka
Stefan Stolitzka: „In diesem Tempo ist die Energiewende nicht realisierbar.“ Foto: IV | Kanizaj

„Der Handlungsbedarf ist offenkundig, in diesem Tempo ist auch die Energiewende nicht realisierbar“, kritisiert der Präsident der steirischen Industriellenvereinigung, Stefan Stolitzka, mit Verweis auf den für die „grüne Wende“ notwendigen Ausbau der Infrastruktur. Bekanntlich hat sich Österreich im neuen Erneuerbaren Ausbau-Gesetz (EAG) verpflichtet, dass bis 2030 hundert Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommt. Aber ohne entsprechende Kraftwerke und Speicher, ohne Netzausbau sind Versorgungssicherheit und Stabilität nicht aufrechtzuerhalten, warnen auch Netzbetreiber regelmäßig.

„Entrümpelung“ von Gesetzen gefordert 

ProjektwerberInnen drängen daher auf eine Reform des UVP-Verfahrensprozederes. „Einwände müssen so früh wie möglich auf den Tisch“, fordert Stolitzka. Generell bedürfe es zudem einer Entrümpelung unionsrechtlich nicht erforderlicher Bestimmungen. „Es ist beispielsweise nicht geboten, dass sämtliche ProjektgegnerInnen Verfahren bis zu den Höchstgerichten treiben können“, so Stolitzka. Umweltverträglichkeitsprüfungen haben das Ziel, Großprojekte im Einklang mit dem Schutz der Umwelt umsetzbar zu machen, argumentiert er: „Ein positives UVP-Verfahren heißt, dass ein Weg und Auflagen gefunden wurden, diesen Einklang zwischen Projekt und Umwelt herzustellen. Punktum.“

Credits Artikelbild: adobe stock | SparkGus

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