Lenzing

Diese Mode ist (k)ein Mist!

Levi’s nutzt es. Esprit auch. Und Löffler sowieso. Sie alle verwenden Lyocell. Jene Fasern, die zu 100 Prozent aus Holz hergestellt werden, als äußerst langlebig gelten und biologisch abbaubar sind. Was viele aber nicht wissen: Die nachhaltigen Fasern kommen aus Lenzing in Oberösterreich.

Lenzing ist eine kleine Marktgemeinde im Bezirk Vöcklabruck mit rund 5.200 EinwohnerInnen. Auf den ersten Blick eher unauffällig. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen die Pfarrkirche Lenzing und die Schimmelkirche Pichlwang. Zumindest wenn es nach Wikipedia geht. Lenzing ist aber auch Sitz des gleichnamigen Unternehmens, das Weltmarktführer bei der Herstellung von Textilfasern aus Zellstoff ist und Standorte in allen Zeitzonen hat – unter anderem in England, China und den USA.

Fast überall ist „Lenzing“ drin

Die Wahrscheinlichkeit, dass einem im Alltag Lenzing-Fasern unterkommen, ist groß. Man findet sie vorwiegend in Kleidung, angefangen von Unterwäsche über Schutzkleidung bis hin zu Abendroben, aber auch in Schuhen, biologisch abbaubaren Putztüchern, Hygieneartikeln oder Obst- und Gemüsenetzen. Die Fasern werden sogar in der Landwirtschaft eingesetzt, etwa in der Tomatenzucht. Und selbst die Nebenprodukte werden wiederverwertet und zu Essigsäure, Kaugummi oder Soda verarbeitet.  

Kreislaufwirtschaft: zurück zum Anfang

Es ist also offensichtlich: Lenzing-Fasern sind besonders. Aber – warum eigentlich? Und was unterscheidet TENCEL™ (so der Markenname der Lenzing AG für Fasern für textile Anwendungen) von Baumwolle oder Polyester? „Der Ursprung jeder Lenzing-Faser ist Cellulose, ein Baustein des nachwachsenden natürlichen Rohstoffes Holz. Die Faserherstellung selbst ist aufgrund eines geschlossenen Kreislaufes besonders umweltfreundlich. Denn das verwendete Lösungsmittel wird zu mehr als 99 Prozent wiedergewonnen und wiederverwertet. Im Gegensatz zu Polyester und anderen synthetischen Fasern hinterlassen Lenzing-Fasern auch keinen Plastikmüll in den Ozeanen“, erklärt Filip Miermans, Leiter der Kommunikationsabteilung der Lenzing AG.  

Filip Miermans leitet die Kommunikationsabteilung der Lenzing AG. Er sagt: „Im Gegensatz zu Polyester und anderen synthetischen Fasern hinterlassen Lenzing-Fasern auch keinen Plastikmüll in den Ozeanen.“Foto: Lenzing AG | Neumayr/Leo

Wenn man wollte, könnte man Textilien, die zu 100 Prozent aus TENCEL™ bestehen, sogar auf den hauseigenen Komposthaufen werfen. Ob es einen Grund gibt, dies zu tun, ist eine andere Frage, schließlich gilt TENCEL™ als besonders langlebig, atmungsaktiv und reißfest. Von Zerfallsexperimenten weiß man aber, dass es nur einige Wochen dauert, bis von kompostierten TENCEL™-Fasern nichts mehr übrig ist. Nachhaltiger geht’s also gar nicht.

Transparente Lieferketten

„Mit jedem Produkt, das wir konsumieren – seien es Lebensmittel, Kleidung, Autos oder andere Güter –, üben wir einen Einfluss auf die Umwelt aus. Und doch wissen wir meist überraschend wenig über die materiellen Güter und deren Weg vom Rohstoff bis zum fertigen Erzeugnis“, hält Filip Miermans fest. Daher arbeite die Lenzing Gruppe mit Hochdruck daran, die textile Wertschöpfungskette vom Baum bis zum Kleidungsstück transparenter zu machen.

Immerhin gilt die Textil- und Bekleidungsindustrie nach der Öl- und Kohleindustrie als einer der größten Umweltverschmutzer. Aktuelle Studien zeigen, dass die Produktion aller Kleidungsstücke, die weltweit getragen werden, ungefähr zehn Prozent der global ausgestoßenen Treibhausgasemissionen verursacht.

Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist nach der Öl- und Kohleindustrie einer der größten Umweltverschmutzer.Foto: Lenzing AG | Richard Ramos
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Diese traurige Tatsache könnte sich durch den verstärkten Einsatz der kompostierbaren Textilien der Lenzing AG langfristig ändern.Foto: Lenzing AG | Richard Ramos

Unser Einkaufsverhalten hat aber auch Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Bis ein Paar Jeans im Geschäft landet, werden fast 10.000 Liter Wasser verbraucht. Wer das im Hinterkopf behält, kauft vielleicht anders ein. Im November dieses Jahres hat Lenzing deshalb eine digitale Plattform eingerichtet, um die einzelnen Stationen ihrer Lieferkette offenzulegen. So sollen KonsumentInnen in Zukunft durch das Einscannen des Barcodes auf dem Kleidungsstück bereits im Geschäft einen Überblick über die Zusammensetzung und die gesamte textile Lieferkette bekommen.

Lenzing: Ein Unternehmen, zwei Klimaziele

Doch das ist erst der Anfang, denn das Unternehmen hat sich zwei ambitionierte Klimaziele gesteckt: Bis 2030 will die Lenzing AG ihre CO2-Emissionen pro Tonne Faser um 50 Prozent reduzieren, bis 2050 möchte man überhaupt klimaneutral produzieren können. Das heißt die CO₂-​Emissionen sollen bis dahin auf ein Minimum reduziert und allfällige restliche CO₂-Emissionen durch Klimaschutzmaßnahmen kompensiert werden. Insgesamt will Lenzing mehr als 100 Millionen Euro in Energieeinsparung, Umstellung auf Erneuerbare Energien und neue Technologien investieren.

Von der klimaneutralen Faser zum klimaneutralen Werk

Die ersten klimaneutralen Fasern hat Lenzing bereits auf den Markt gebracht. Durch den Bau neuer Werke will man den Klimazielen noch näher rücken. „In Brasilien errichten wir das derzeit weltweit größte Faserzellstoffwerk seiner Art. Und in Thailand ist die größte Produktionsanlage der Welt für Lyocell-Fasern im Entstehen. Beide Standorte sind als CO2-neutrale Werke konzipiert. Das Werk in Brasilien wird darüber hinaus mehr als 40 Prozent des erzeugten Stroms als ‚grüne Energie‘ ins öffentliche Netz einspeisen“, erklärt Filip Miermans.

Noch ist die Nachfrage nach holzbasierten Cellulosefasern im Vergleich zu Baumwolle oder Polyester eher klein. Doch Filip Miermans ist zuversichtlich: „Derzeit liegt der Marktanteil bei sechs bis sieben Prozent. Aber das Bewusstsein für nachhaltige Kleidung und nachhaltige Ressourcen nimmt deutlich zu.“

Fazit:

Gut ist, wenn KonsumentInnen sich Gedanken darüber machen, was sie in den Kleiderschrank hängen und auch bereit sind, etwas mehr für eine hochwertige Bluse oder Hose auszugeben. Noch besser ist, wenn sie diese Kleidungsstücke gerne und lange tragen, statt sich alle paar Tage etwas Neues zu kaufen, nur weil es günstig ist.

Über die Lenzing AG

  • Gründung: 1938
  • Standorte: 7 (Lenzing, Heiligenkreuz/Österreich, Paskov/Tschechien, Nanjing/China, Grimsby/England, West Java/Indonesien, Mobile/USA)
  • Mitarbeiterzahl: 7.036
  • Jahreskapazität in Tonnen (2019): Fasern gesamt 1.045.000, Faserzellstoff gesamt 595.000
  • Umsatz: 2.105,2 Mio € (2019)
  • Am Standort Lenzing forschen 192 Expertinnen und Experten an nachhaltigen Innovationen im Faserbereich
Credits Artikelbild: Lenzing AG | Richard Ramos

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