Lisa Janisch

Habe die Lehre! Geht nicht gibt’s nicht

Wer Lisa Janisch zu Höchstleistungen antreiben möchte, muss nur behaupten, dass sie etwas nicht kann. Und sie beweist das Gegenteil. Lesen Sie hier die Geschichte einer beeindruckenden jungen Steirerin, die 2016 zur besten Malerin Europas gekürt wurde, Vorträge auf Stoasteirisch hält und Vorbild für viele Mädchen ist.

Mit 14 gestaltete sie ihr Zimmer neu. Die Wände malte sie in einem ebenso kräftigen wie hässlichen Rot aus, aus Folien bastelte sie ein Wandtattoo in Form des Playboy-Bunny-Logos. „Rückblickend gesehen war es eine Katastrophe“, lacht Lisa Janisch heute, „damals war ich aber recht zufrieden damit.“ Ihr Vater, der einen Malereibetrieb in Birkfeld in der Steiermark führt, hatte ihr die Farben zur Verfügung gestellt und auch ihr Talent erkannt.

Doch Lisa konnte sich absolut nicht vorstellen, in die Fußstapfen ihres Großvaters und Vaters zu treten und für den Rest ihres Lebens Farbkübel zu schleppen. Das Problem war nur, dass sie nach der Matura keinen Plan hatte, was sie sonst machen wollte. „Ich habe die HLW Weiz abgeschlossen, in der Hoffnung, dass mir in den fünf Jahren klar wird, welchen Beruf ich ergreifen möchte. Aber das Einzige, was ich nach der Schule gewusst habe, war, dass es ein Beruf sein muss, der mir so viel Spaß macht, dass er sich nicht wie Arbeit anfühlt.“

Ein Vierer im Maturazeugnis als Schlüssel zum Erfolg

Dass sie letztendlich die Lehre zur Malerin und Beschichtungstechnikerin anhängte, führt sie auf ihre Deutschprofessorin zurück, die ihr im Maturazeugnis einen Vierer hinterließ. „An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich dafür bedanken,“ sagt die 29-Jährige und meint es nicht ironisch, sondern wirklich ernst. „Wenn ich eine bessere Note in Deutsch gehabt hätte, hätte ich nicht lauter Bewerbungsabsagen bekommen und auch nicht im Betrieb meines Vaters ausgeholfen.“

Lisa Janisch
Der Weg aufs Stockerl war für Lisa Janisch zwar vielleicht vorgezeichnet, aber keinesfalls logisch. Jetzt ist sie ein Vorbild für viele junge Frauen, die sich auf neues Terrain begeben.Foto: Beigestellt

So blieb ihr nichts anderes übrig. „Schon in der ersten Woche habe ich mir gedacht, ‚Kruzifix, das ist genau meins‘, und erkannt, dass ich eine völlig falsche Vorstellung von dem Beruf gehabt habe. Daraufhin habe ich meinem Opa Löcher in den Bauch gefragt und alle Fachbegriffe und alten Maltechniken von ihm gelernt.“

„Tut mir leid, Sie sind hier falsch, wir haben keine Kosmetikschule“

Als Lisa Janisch das Direktorenzimmer der Berufsschule betrat, um sich für die Lehre als Malerin und Beschichtungstechnikerin anzumelden, reagierte man dort mit Verwunderung. „Tut mir leid, Sie sind hier falsch, wir haben keine Kosmetikschule.“ Ähnlich erging es ihr mit den vorwiegend männlichen Kollegen, die sie anfangs nur belächelten. „Aber das hat mich erst richtig angespornt. Als ich dann von den Lehrlingswettbewerben erfahren habe, habe ich gleich gewusst, wenn ich da mitmachen darf, ergreife ich die Chance und zeig’ den Burschen, wo der Bartl den Most holt.“

Das Einzige, was ich nach der Schule gewusst habe, war, dass es ein Beruf sein muss, der mir so viel Spaß macht, dass er sich nicht wie Arbeit anfühlt!

Lisa Janisch, Euopas beste Malerin 2016
Lisa Janisch
Der Weg an Europas Malerinnenspitze war alles andere als eine „g’mahte Wies’n“ ….Foto: Beigestellt
Lisa Janisch
… umso stolzer war der Papa, als Lisa Janisch allen zeigte, wo der Bartl den Most holt.Foto: Beigestellt

Und das tat sie dann auch. Gleich mehrmals. Sie gewann den Wettbewerb in der Berufsschule, nahm unter anderem am Landeswettbewerb teil, am Bundeswettbewerb und schließlich an der Staatsmeisterschaft. Der Sieg bedeutet normalerweise ein Ticket für die Weltmeisterschaft, doch mit 23 Jahren war die Steierin zu alt für die Teilnahme. Die Europameisterschaft 2016 in Göteborg in Schweden, die ein Alterslimit von 25 Jahren hatte, ging sich aber zum Glück noch aus. 

Beste Malerin Europas: Lisa Janisch!

Ein Jahr lang trainierte sie jeden Tag, manchmal bis 2 oder 3 Uhr in der Früh. Zum einen, weil es ihr Spaß machte, zum anderen, weil sie alles aus sich herausholen und weder sich selbst noch ihren Trainer oder ihre BerufskollegInnen enttäuschen wollte. Irgendwann kam aber der Einbruch. Sie erinnert sich:

„An dem Tag hat beim Training nichts funktioniert, es ist mir alles zu viel geworden und ich bin mit meiner Schleifmaschine zusammengesackt. Die Sehnen haben mir wehgetan, ich war fix und fertig und ich habe nur noch geweint. Aber dann ist mein Vater zu mir in den Keller hinuntergekommen. Es war schon nach Mitternacht. Er hat mich ordentlich zusammengeputzt, weil ich es übertrieben und mich zu sehr hineingesteigert habe. Und gleichzeitig hat er mich so liebevoll aufgebaut, dass ich heute noch glasige Augen bekomme, wenn ich daran denke. Das war ein ganz besonderer Moment und hat unsere Beziehung immens gestärkt. Danach ist es wieder bergauf gegangen. Die Schmerzen in den Sehnen haben nachgelassen und ich bin es nicht mehr ganz so verbissen angegangen.“

Lisa Janisch
Um bei den EuroSkills in Göteborg erfolgreich zu sein, holte sich Lisa Janisch sogar eine Mentaltrainerin zur Seite.Foto: Beigestellt

Bei den EuroSkills in Göteborg räumte Lisa Janisch dann groß ab – sie wurde Europameisterin im Bewerb Painting and Decorating, Best of Nation und Best of Europe. Ihr Trainer hatte ihr zuvor gesagt, dass es unmöglich sei, in allen Kategorien Gold zu gewinnen. Also bewies Lisa Janisch ihm das Gegenteil.

Lisa Janisch: „Ich mach’s im Dialekt oder gar nicht“

Heute bildet Lisa Janisch selbst Lehrlinge aus, hält Vorträge an Schulen, in Firmen oder in Brüssel bei der Europäischen Kommission. „Ich möchte meine Erfahrungen weitergeben und vermitteln, dass es bei diesem Beruf um weit mehr geht, als Kübel zu schleppen und Gerüste aufzubauen. Was ich aber von Anfang an klargestellt habe, ist, dass ich meine Vorträge auf Stoasteirisch halte oder gar nicht. Außer in Brüssel, da rede ich schon Englisch.“

Immer wieder kommt es vor, dass Mädchen nach ihren Vorträgen auf sie zukommen und ihr sagen, dass sie ihr Vorbild ist und sie wegen ihr nun selbst die Lehre zur Malerin beginnen möchten.

Lisa Janisch
Wenn es um feine Pinselstriche, schöne Farben, dosierten Ehrgeiz …Foto: Beigestellt
Lisa Janisch
… und viel Optimismus geht, sollte man sich an Lisa Janisch halten!Foto: Beigestellt

Lisa Janisch hat es weit gebracht. Auch, was ihre Wandgestaltung angeht. Die feuerroten Wände sind längst übermalt, vom Playboy-Bunny-Logo keine Spur mehr. Stattdessen sind ihre eigenen vier Wände in Weiß und Naturtönen gehalten. „Aber einige Schichten sind schon oben,“ lacht die Malerin. „Ich wechsle immer wieder zwischen Farben und Tapete und probiere gerne Neues aus. Die Wände müssen da schon einiges aushalten.“

Credits Artikelbild: Beigestellt

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