Vor 40 Jahren war sie unter den ersten weiblichen Lehrlingen bei voestalpine BÖHLER Edelstahl, später eine der ersten Maschinenbautechnik-Meisterinnen in Österreich. Heute bildet Elisabeth Stelzer selbst junge Menschen in Zerspanungstechnik aus. Darunter auch immer mehr Mädchen.
Ihr Wunsch? Dass Frauen in technischen Berufen irgendwann zur Normalität gehören. Bis es so weit ist, erzählt Elisabeth Stelzer jungen Menschen aber gerne ihre Geschichte. Wie sie sich bei voestalpine BÖHLER Edelstahl, einem der weltweit führenden Anbieter von Werkzeug- und Spezialstählen, vom Lehrling zur Ausbildnerin in Zerspanungstechnik hocharbeitete. Wie sie allen bewies, dass Frauen Männern in technischen Berufen um nichts nachstehen. Und wie sie vor allem jungen Mädchen ein Vorbild sein möchte.
Dabei hatte die Steirerin, die als Kind mit den Nachbarsbuben Fußball spielte, Holz hackte oder ihrem Vater bei Reparaturarbeiten half, mit 16 noch ganz andere Zukunftspläne: „Ich wollte Frisörin werden, klassisch weiblich. Aber ich habe keine Lehrstelle gefunden.“ Anders als eine ihrer Freundinnen, die bei voestalpine BÖHLER Edelstahl (früher Vereinigte Edelstahlwerke) in der Werkschule war und ihr immer wieder vorschwärmte, wie toll es dort ist. „Also habe ich beschlossen, mich zu bewerben, obwohl ich keine Ahnung gehabt habe, was mich erwarten würde.“ Ihr Vater war anfangs skeptisch, umstimmen konnte er sie jedoch nicht. Im Gegenteil. Seine Skepsis habe sie nie verunsicht, sondern zusätzlich angespornt.
Weibliche Lehrlinge willkommen
Das Ausbildungszentrum in Kapfenberg in der Steiermark, in dem Elisabeth Stelzer vor 40 Jahren ihre Lehre begann und in dem sie seit elf Jahren selbst unterrichtet, wurde 1979 eröffnet. Schon damals war es Ziel von voestalpine BÖHLER Edelstahl, weibliche Lehrlinge ins Unternehmen zu holen. Den ersten Schritt tat man, indem man das neue Ausbildungszentrum mit eigenen Umkleidekabinen und Sanitäranlagen für Mädchen austattete. „Sie haben den Mädchen schon damals zugetraut, dass sie mit Dreh- oder Fräsmaschinen umgehen können.“
Mittlerweile gibt es sogar Schmiede- oder Schweißtechnikerinnen im Unternehmen. „Das sind Bereiche, von denen man lange behauptet hat, dass Mädchen körperlich nicht dazu in der Lage wären“, erzählt Elisabeth Stelzer stolz und erinnert sich an ihre eigene Lehrzeit zurück: „Wir sind in der Werkschule nicht anders behandelt worden als die anderen. Aber ich habe trotzdem das Gefühl gehabt, dass ich mehr Gas geben und besser sein muss als manche Burschen, damit ich in meinem Beruf arbeiten kann. Denn im Gegensatz zu heute hat man damals sehr viele Lehrlinge aufgenommen und nicht alle behalten können.“
Von der Werkschule in die „Upperclass“
Elisabeth Stelzer durfte bleiben und kam nach der Lehre in die mechanische Werkstätte – oder, wie sie es nennt, in die „Upperclass der Zerspanungstechnik“. „Ich habe mich wirklich gefreut, dass ich an der Drehmaschine arbeiten konnte“, erzählt sie, „aber die männlichen Kollegen waren es noch nicht gewohnt, die Maschinen mit Frauen teilen zu müssen.“ Das war die erste kleine Hürde, die sie überwinden musste. Sobald ein Kollege meinte: „Das kannst du nicht“, habe sie sich gedacht: „Jetzt erst recht.“ „Denn geht nicht gibt’s bei mir nicht. Man findet immer eine Lösung.“
Ich habe mich wirklich gefreut, dass ich an der Drehmaschine arbeiten konnte, aber die männlichen Kollegen waren es noch nicht gewohnt, die Maschinen mit Frauen teilen zu müssen.
Elisabeth Stelzer
Die Zerspanungstechnikerin hatte nie Probleme, sich durchzusetzen. Auch nicht, als sie 1991 berufsbegleitend ihren Meister in Maschinenbautechnik machte – als eine der ersten Frauen in Österreich. Sie bildete sich innerberuflich weiter und kletterte die Karriereleiter hoch, bis sie letztendlich ihre wahre Berufung fand. Über Umwege. Denn vorerst fand sie sich immer tiefer im kaufmännischen Bereich wieder, hatte mit Inventur, Steuerung und Fertigungssteuerung zu tun. PC-Arbeit den ganzen Tag. „Das war nichts für mich“, erinnert sich Stelzer. „Ich habe gemerkt, dass ich wieder in meinem technischen Bereich arbeiten und vor allem etwas mit jungen Menschen machen möchte.“ Heute, als Ausbildnerin, verbindet sie beides. „Ich kann wirklich sagen, dass ich angekommen bin.“
Nachfolgerinnen gesucht
Bis heute ist Elisabeth Stelzer die einzige Ausbildnerin im Unternehmen. Woran das liegt, kann sie sich selbst nicht genau erklären. Sie ist jedoch zuversichtlich, dass sich noch Nachfolgerinnen finden werden. Denn die Vorstellung, dass Mädchen nicht mit großen Maschinen oder dem industriellen Arbeitsumfeld zurechtkämen, ist veraltet und hat wenig mit der Realität zu tun. „Immer wieder kommen weibliche Lehrlinge zu mir, die ganz begeistert sind, weil sie bei einer Reparatur helfen durften. Klar wird man da mal staubig oder muss eine Kühlflüssigkeit wechseln. Aber im Großen und Ganzen haben wir es heute mit hochmodernen Anlagen zu tun, die vor allem auch digitales Wissen und den Umgang mit Computern erfordern. Was jedoch am meisten zählt, ist, dass die Arbeit interessant ist und das Team passt.“
Metalltechnik unter den Top Ten
Das scheinen auch immer mehr Mädchen so zu sehen. Die meisten Lehrlinge bevorzugen zwar noch „typische Frauenberufe“ wie Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau oder Friseurin. Die Metalltechnik hat es aber immerhin schon unter die Top Ten der beliebtesten Lehrberufe bei Mädchen geschafft. „Es hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Für Mädchen wird es selbstverständlicher, einen technischen Beruf zu ergreifen. Die Barrieren, die ich damals erlebt habe, spielen sich heute hauptsächlich in den Köpfen ab“, freut sich Elisabeth Stelzer. Eines möchte sie den jungen Menschen, vor allem den Mädchen, aber noch mit auf den Weg geben: „Wichtig ist, dass man seine Talente erkennt und etwas daraus macht. Egal, ob man nun Zerspanungstechnikerin oder Frisörin werden möchte. Denn geht nicht gibt’s nicht.“
Über voestalpine BÖHLER Edelstahl:
- voestalpine BÖHLER Edelastahl ist eine Tochtergesellschaft des interantionalen Stahl- und Technologiekonzerns voestalpine. Das Unternehmen gehört weltweit zu den bedeutendsten Anbietern von Werkzeugstählen, Schnellarbeitsstählen und Sonderwerkstoffen und beschäftigt am Standort Kapfenberg knapp 2.300 MitarbeiterInnen. Mit dem Bau des weltweit modernsten Edelstahlwerks baut voestalpine BÖHLER Edelstahl seine weltweit führende Position weiter aus.
- Im Ausbildungszentrum von voestalpine BÖHLER Edelstahl in Kapfenberg in der Steiermark absolvieren rund 200 Jugendliche eine Lehre in 14 verschiedenen Berufen.
- Der Anteil der weiblichen Lehrlinge liegt im Ausbildungszentrum bei rund 30 Prozent.
- Mehr als 90.000 Euro fließen in die Ausbildung jedes Lehrlings.