In den Holzbausteinen von Matador steckt weit mehr, als man ihnen auf den ersten Blick ansieht: heimische Rotbuchen aus nachhaltiger Waldwirtschaft, technische Präzisionsarbeit, viel Geschichte und noch mehr Zukunft.
Wenn Geschwister streiten, gibt es mehrere Möglichkeiten, dem Konflikt zu begegnen. Man kann etwa geduldig auf die Kinder einreden, sie in getrennte Zimmer schicken oder sich die Finger in die Ohren stecken und im Klo verschanzen. Und wer weiß, vielleicht musste einst auch Johann Korbuly auf eine dieser Methoden zurückgreifen, als seine drei Söhne die Türme der jeweils anderen mutwillig zerstörten und einander anschließend mit Bauklötzen bewarfen. Doch was der Wiener Ingenieur, der unter anderem für den Bau der Grazer Schlossbergbahn verantwortlich war, danach tat, sollte nicht nur seine eigenen Kinder glücklich machen, sondern noch viele Generationen nach ihnen.
Wie ihm das gelang? Er bohrte Löcher in die Holzbausteine, damit man Querverbindungen hineinstecken und die Konstruktionen dadurch unzerstörbar machen konnte. So erfand Johann Korbuly Anfang des 20. Jahrhunderts Matador, Bausätze aus Holz, die Kinder auch mehr als 100 Jahre später immer noch begeistern und heute dank des Nachhaltigkeitsaspekts mehr Zukunft haben als viele hochmoderne, sprechende, pupsende, sich bewegende oder musizierende Plastikprodukte.
Zurück auf den Holzweg
Dabei gab es auch bei Matador die Überlegung, vermehrt Plastik einzusetzen, um ein Imperium zu erschaffen, das jenem von Lego Konkurrenz machen sollte. Zumindest war dies der Plan von Medienmacher Kurt Falk, als er den österreichischen Traditionsbetrieb 1978 erwarb. Doch die Kosten waren letztendlich zu hoch, und die Produktion musste von einem Tag auf den anderen eingestellt werden. Für zehn Jahre verschwand Matador völlig von der Bildfläche. Bis der gelernte Betriebswirt Michael Tobias gemeinsam mit seiner Frau Claudia 1997 die Markenrechte kaufte und das Spielzeug wieder zu Leben erweckte.
Allerdings war vom ursprünglichen Unternehmen nicht mehr viel übriggeblieben. Die Gebäude halb verfallen, die Maschinen alt und ungewartet, ein Großteil der Zeichnungen verloren. So musste Michael Tobias ganz von vorne anfangen. Mithilfe historischer Bauvorlagen und Zusendungen von Matador-Fans gelang es ihm, die alten Baukästen und deren Inhalte zu rekonstruieren. Statt auf Plastik setzte er auf heimisches Rotbuchenholz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Und er verlegte die Produktion von Pfaffenstätten nach Waidhofen an der Thaya. Was er jedoch unterschätzt hatte, war die hochkomplexe Anfertigung der Bausteine. Denn die Holzpfosten müssen mindestens ein Jahr gelagert werden, bevor sie verarbeitet werden können. Die einzelnen Teile müssen auf Hundertstelmillimeter genau geschnitten und gebohrt werden, damit sie zusammenpassen. Pro Stück darf die Fertigungszeit nicht länger als zehn Sekunden dauern, sonst rentiert es sich nicht.
Kinder- und umweltfreundlich
Großen Wert legt der Holzspielzeughersteller dabei auf eine umweltfreundliche Produktion. So wurde eigens ein ausgeklügeltes System entwickelt, um die Menge der Holzabfälle möglichst gering zu halten. Die Abfälle, die sich nicht vermeiden lassen, werden genutzt, um damit die Produktion zu beheizen. Und auch bei den LieferantInnen für Zusatzteile, wie zum Beispiel Verpackungen, setzt Matador auf regionale Unternehmen und vermeidet so unnötig lange Transportwege. Gerade in Zeiten von Corona kommt es dem österreichischen Traditionsbetrieb besonders zugute, dass er nicht von HändlerInnen aus Asien abhängig und von Lieferengpässen betroffen ist.
Ein weiteres Problem stellt das Fehlen verschiedener Rohstoffe wie Kunststoff, Papier und Microchips dar.
Johannes Schüssler, Sprecher des österreichischen Spielwarenhandels über die kritische Situation am Spielzeug-Markt
„Wenn in den chinesischen Fabriken ein einzelner Corona-Fall bekannt wird, wird die Fabrik komplett zugesperrt, und das für mindestens drei Wochen, daher auch der Produktionsausfall“,erklärt Johannes Schüssler, Sprecher des österreichischen Spielwarenhandels. „Ähnlich agiert man auch in den großen Verladehäfen bei Auftreten eines Corona-Falles. Der Hafen wird einfach geschlossen, und die Container stauen sich. Ein weiteres Problem stellt das Fehlen verschiedener Rohstoffe wie Kunststoff, Papier und Microchips dar.“ Das wirke sich auch auf den Spielwarenhandel aus, so Johannes Schüssler. Michael Tobias kann hingegen entspannt in Richtung Weihnachtsgeschäft blicken. Und das läuft gut.
Nachhaltiges unterm Weihnachtsbaum
Gerade nachhaltige Geschenke sind heuer besonders gefragt. Das geht aus der aktuellen Umfrage des digitalen Marktplatzes willhaben hervor, für die knapp 4.500 KonsumentInnen zu ihren Advent-Einkäufen befragt wurden. Demnach gaben 77 Prozent an, dass sich der Nachhaltigkeitsgedanke bei ihnen in den vergangenen Jahren verstärkt hätte. Für fast drei Viertel der Befragten ist Nachhaltigkeit auch bei Weihnachtsgeschenken ein wichtiges oder eher wichtiges Anliegen, wobei vor allem Frauen besonders auf Regionalität, die Verpackung, ökologisches Material und das Vermeiden von Kunststoff achten. Rund ein Drittel der Befragten kauft heuer gezielt Geschenke von nachhaltigen Marken ein. Das ist eine durchaus positive Entwicklung im Konsumverhalten, die hoffentlich ebenfalls nachhaltig ist.
Über Matador:
1901 ließ der Wiener Ingenieur Johann Korbuly die ersten Holzbaukästen unter dem Namen Matador patentieren. Da die ProduzentInnen und HändlerInnen damals das Potenzial des Holzspielzeugs nicht erkannten, musste Korbuly die Bausätze selbst in einer kleinen Werkstatt im 4. Wiener Bezirk herstellen und vertreiben. 1978 verkaufte seine Familie den Betrieb an den Zeitungsherausgeber Kurt Falk, der jedoch mit seiner Idee, vermehrt auf Plastik zu setzen, scheiterte und 1987 zusperren musste. Zehn Jahre später kauften Claudia und Michael Tobias die Markenrechte und ließen Matador neu aufleben. Heute beschäftigt Matador in Waidhofen an der Thaya elf MitarbeiterInnen und produziert jährlich rund 50.000 Bausätze.