Matratzenrecycling

Matratzenrecycling: Ab jetzt schlafen wir nachhaltig

Recycling von Schaumstoffmatratzen war bisher eher unmöglich als nur schwierig. Doch die Betonung liegt hier auf „bisher“: In Österreich wurde ein revolutionäres Verfahren entwickelt, um Matratzen wiederzuverwerten.

Altpapier, Glas, Plastikverpackungen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten gelernt, einen Gutteil unseres Mülls zu trennen, um ihn einer Wiederverwertung zuzuführen. Doch trotz zahlreicher Recyclingmöglichkeiten in unserem Alltag wachsen überall auf der Welt die Müllberge unaufhörlich; Österreich nimmt dabei innerhalb der EU einen unrühmlichen Platz ein. Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) verzeichnete die Alpenrepublik 2021 im Vergleich der 27 EU-Mitgliedsstaaten mit 834 Kilogramm das höchste Pro-Kopf-Aufkommen an sogenannten Siedlungsabfällen, bestehend auch aus Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfällen aus Unternehmen.

Matratzenrecycling
Repolyol-Schaum und REDcert2-zertifizierter Schaum klebstofflos zum nachhaltigen PU-Matratzenkonzept vereint.Foto: NEVEON Holding GmbH

Bei derartigen Zahlen muss insbesondere in Zeiten von Klimawandel und Rekordinflation klar sein: Ressourcenschonung und Wiederverwertung darf nicht bei den „üblichen Verdächtigen“ aufhören; weitere Materialien müssen weg von umwelt- und klimaschädlicher Einmalnutzung und hin zur Kreislaufwirtschaft gebracht werden. Materialien wie Schaumstoffe. Wollte man diese bisher recyceln, waren die Möglichkeiten allerdings begrenzt. Sehr begrenzt. So heißt es beispielsweise auf der Website der für die Wiener Abfallwirtschaft zuständigen städtischen Magistratsabteilung 48, man solle Schaumstoff dem Restmüll zuführen.

Innovation durch Kooperation 

Nun wird Schaumstoff allerdings nicht nur zur Schalldämmung oder als Verbundmaterial verwendet, sondern ist in so gut wie jedem Haushalt zu finden: in Polstermöbeln, im Modellbau, in Matratzen. Vor allem Letztere lassen – schon allein aufgrund ihrer Größe – bei Entsorgung im Restmüll den Müllberg weiter deutlich anwachsen. Dieses Problems hat sich NEVEON, eine Sparte des österreichischen Kunst- und Schaumstoffherstellers Greiner AG mit Sitz in Kremsmünster, angenommen. Bereits seit einiger Zeit arbeitet man intensiv an einer Lösung desselben.

In Zusammenarbeit mit dem deutschen Chemieunternehmen BASF hat es sich NEVEON nämlich zum Ziel gesetzt, das Matratzenrecycling im wahrsten Sinne des Wortes zu revolutionieren – und vermeldete dazu jüngst tatsächlich einen Durchbruch bei der Herstellung von recyceltem Polyol (Repolyol). Polyole, eine Gruppe organischer Verbindungen, zu der unter anderem auch die sogenannten Zuckeralkohole gehören, werden zur Herstellung von Polyurethan-(PU-)Schäumen für Matratzen benötigt.

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    Roland Krämer, NEVEON Vice President Group R&D Innovation ExcellenceFoto: NEVEON Holding GmbH
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    Jürgen Kleinrath, NEVEON CEO Credit: NEVEON Holding GmbHFoto: NEVEON Holding GmbH

Mittels eines von BASF entwickelten Recyclingverfahrens gelang es NEVEON, erstmals im Tonnenmaßstab hochwertiges Repolyol herzustellen, das vollständig aus Altmatratzen gewonnen und in hochwertige Blockschaumstoffe mit 80 Prozent Recyclinganteil in der Polyolkomponente verarbeitet wurde. Das bahnbrechende Ergebnis: eine hohe Stückzahl an vollwertigen, nachhaltigen Matratzen. 

Reißverschluss statt Kleber

Roland Krämer, Vice President Group R&D Innovation Excellence von NEVEON, erklärte dazu, die Herausforderung bei der Herstellung von Schaumstoffblöcken mit einem derart hohen Repolyolanteil aus Altmatratzen läge darin, „die Rezeptur und die Produktion so anzupassen, dass alle Qualitätsmerkmale – wie beispielsweise eine hohe Luftdurchlässigkeit und perfekte Zellstruktur des Schaumstoffes – ident sind mit einem aus Virginpolyol hergestellten Produkt“. Das sei nun zum ersten Mal mit Einsatz eines so hohen Anteils von komplett aus Altmatratzen gewonnenen Polyolen gelungen.

Zusätzlich erschwerten in der Vergangenheit unterschiedliche, miteinander verklebte Schaumstoffarten in den Matratzen den Recyclingprozess. NEVEON verwendet daher nun klebstoffloses Reißverschlussdesign, wodurch die Matratzenschäume einerseits frei von Fremdmaterial, andererseits leicht zerlegbar bleiben – ideal für den Recyclingprozess.

„Meilensteine“ im Matratzenrecycling

Um weitere für die Herstellung von PU-Schäumen notwendige organische Verbindungen, sogenannte Isocyanate, massenbilanziert herstellen zu können, rüstete NEVEON zwei seiner Werke für den Einsatz nachhaltiger Rohstoffe um. Man sei damit in der Lage, große Volumina Schäume mit einem reduzierten CO2-Footprint anzubieten und die Anforderungen gemäß Nachhaltigkeitszertifizierung REDcert2 zu erfüllen, wie das Unternehmen erklärt.

Matratzenrecycling
Produktion von Schaumstoffblöcken mit 80 Prozent Recyclinganteil in der Polyolkomponente in Kremsmünster / Österreich.Foto: NEVEON Holding GmbH

NEVEON CEO Jürgen Kleinrath bezeichnet die aktuellen Innovationen als „Meilensteine“, betonte allerdings, dass die Freude darüber „uns aber nicht ruhen lässt. Denn wir sind noch lange nicht am Ende unserer Reise angelangt und werden uns weiterhin mit vollem Elan dafür einsetzen, dass Matratzen künftig im industriellen Maßstab zu 100 Prozent im Kreis geführt werden können“.

Über NEVEON

Als führender Hersteller und Verarbeiter für Polyurethanweich- und -verbundschäume ist NEVEON mit 3.610 Mitarbeiter:innen an 57 Standorten in 17 Ländern tätig. 2022 erwirtschaftete man einen Umsatz von 732 Millionen Euro in den Geschäftsbereichen Living & Care, Mobility und Specialties. Das Unternehmen ist eine operative Sparte der Greiner AG mit Sitz im oberösterreichischen Kremsmünster, dem weltweiten Marktführer für Kunststoff- und Schaumstofflösungen. Die Unternehmensgruppe – eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft – operiert aus einer klassischen Holdingstruktur mit weltweit mehr als 11.600 Mitarbeiter:innen bei einem Gesamtumsatz von 2.331 Millionen Euro in drei Kompetenzbereichen: Greiner Packaging, Greiner Bio-One und NEVEON.

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