Darf ich vorstellen: dein neuer Cobot!

Kollaborative Roboter, oder kurz Cobots genannt, sind wahre Teamplayer und gekommen, um zu bleiben. Wird also bald jede/r jemanden kennen, der/die mit einem Cobot zusammenarbeitet? Wir haben bei einem Cobot-Spezialisten nachgefragt.

Zugegeben, für die meisten mögen die neuen Kollegen und Kolleginnen etwas gewöhnungsbedürftig sein. Blass und wortkarg schrauben oder lackieren sie den ganzen Tag nur vor sich hin. Aber sie führen Befehle ohne Widerrede aus. Brauchen keine Pausen. Machen selten Fehler. Und werden irgendwann vielleicht nicht mehr aus unserem Arbeitsalltag wegzudenken sein. Kollaborative Roboter, kurz Cobots genannt, sind Industrieroboter, die speziell für die Teamarbeit mit Menschen entwickelt wurden.

Der Babyelefant hat ausgedient

Anders als klassische Industrieroboter brauchen Cobots keine Schutzeinrichtungen wie Käfige oder Zäune, da sie ihre menschlichen MitarbeiterInnen nicht verletzen können. Dies wird durch eigene Sensoren sichergestellt, die dafür sorgen, dass sich die Roboter, sobald sie auf ein Hindernis treffen, innerhalb von Millisekunden automatisch ausschalten. Es gibt aber auch Situationen, in denen Körperkontakt sogar erwünscht ist. Denn einige Modelle werden über eine Benutzeroberfläche am Arm gesteuert oder lernen durch Berührung dazu. Etwa indem ein Mensch den Roboterarm ergreift und damit eine Bewegung durchführt, die der Cobot anschließend nachahmt.

Ein Spezialist packt aus

Obendrein sind Cobots wahre Allrounder und anders als traditionelle Industrieroboter nicht nur auf ein Aufgabengebiet spezialisiert. Bestes Beispiel ist YuMi®, der erste Cobot, den ABB 2015 auf den Markt brachte. Der Technologiekonzern gehört zu den PionierInnen der kollaborativen Robotik und beschäftigt MitarbeiterInnen auf der ganzen Welt. Unter anderem auch in Österreich. In der Österreich-Zentrale in Wiener Neudorf hat Cobot-Spezialist Dario Stojicic sein Büro. Von ihm wollten wir wissen, was die neue Generation von Robotern alles kann.

Zwei gesunde Arme, die mitanpacken

CobotYuMi® wurde eigentlich für die Elektronikindustrie konzipiert. Dank seines innovativen Sicherheitskonzepts und seiner beiden menschenähnlichen Arme konnte er aber auch rasch auf andere Produkte umgerüstet werden und führt heute Tätigkeiten aus, an die man ursprünglich gar nicht gedacht hatte. Tätigkeiten, die für seine menschlichen KollegInnen auf Dauer zu monoton und belastend wären. „Bei einem schwedischen Hersteller von Schnellkupplungen wird der Cobot zur Montage von tausenden von Schnellkupplungen eingesetzt, indem zwei Komponenten mit einem Feingewinde miteinander verschraubt werden“, erzählt der Cobot-Spezialist. „Bevor YuMi® diese Aufgabe übernahm, mussten FacharbeiterInnen diesen Prozess manuell durchführen, was langfristig aufgrund der immer gleichen Drehbewegung zu gesundheitlichen Problemen in den Handgelenken führte.“

Ein anderes Beispiel kommt aus der Schweiz: „Ein Hersteller von Bankomatgeräten nutzt einen YuMi®, um Langzeittests mit unterschiedlichsten Szenarien durchzuführen. Der zuständige Mitarbeiter, der die Tests zuvor selbst durchführen musste, kann sich nun komplett auf die Entwicklung neuer Software und Testroutinen konzentrieren.“ Dabei wird schnell klar, worum es beim Einsatz kollaborativer Roboter wirklich geht: Die Aufgabe der Cobots besteht darin, unser Leben zu erleichtern.

Ein Cobot kommt selten allein

Heuer hat Helfer YuMi® selbst Unterstützung bekommen, denn ABB hat sein Cobot-Portfolio um zwei Roboter erweitert. GoFa (abgeleitet von „Go faster. Go further than ever“) und SWIFTI (er ist fünfmal schneller als andere Cobots in seiner Gewichtsklasse) sind noch flinker und stärker als ihr großer Bruder. „Dank der höheren Traglast von bis zu fünf Kilo können unsere neuen Cobots vielseitig eingesetzt werden, vor allem aber in Prozessen wie der präzisen Handhabung, Montage und Verpackung von Bauteilen, Maschinenbedienung und Qualitätsüberprüfung mit Hilfe zusätzlicher Sensorsysteme“, sagt Dario Stojicic.

Cobots
Die Cobot-Familie von ABB bekommt Zuwachs: Sogenannte GoFa- und SWIFTI-Cobots bieten laut dem Unternehmen sowohl höhere Traglasten als auch Geschwindigkeiten.Foto: ABB

Mithilfe einer eigenen Programmiersoftware seien die Cobots auch einfach und intuitiv zu bedienen und könnten so schnell an neue Situationen angepasst werden. Unterstützen wolle man insbesondere wachstumsstarke Segmente wie Elektronik, Gesundheitswesen, Konsumgüter, Logistik sowie die Nahrungsmittel– und Getränkeindustrie.

Bin ich dank GoFa bald meinen Job los?

Man könnte also durchaus behaupten, dass Cobots die besseren Industrieroboter sind. Aber sind sie auch besser als wir Menschen, und werden sie uns früher oder später den Rang ablaufen? Immerhin arbeiten sie schnell und präzise, ohne Fehler zu machen, wie man es eben von Robotern erwartet. Gleichzeitig haben sie aber auch gelernt, sich anzupassen. Eine Fähigkeit, die man bisher nur uns Menschen zuschrieb.

Die Zahl der eingesetzten Roboter stieg bis 2015 auf mehr als 93.000 Stück, das waren um rund 14.000 mehr als noch 2010.

Dario Stojicic, Cobot-Spezialist

Der Cobot-Spezialist beschwichtigt: „Wenn Sie die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen jener Länder mit der höchsten Roboterdichte (Anzahl Industrieroboter pro 10.000 MitarbeiterInnen), wie z. B. Südkorea, Japan oder Deutschland, über die letzten Jahrzehnte hinweg betrachten, dann werden Sie feststellen, dass mit steigender Anzahl an Robotern auch die Anzahl der Beschäftigten zunahm. Ein konkretes Beispiel dazu liefert die deutsche Automobilbranche im Zeitraum von 2010 bis 2015. Die Zahl der eingesetzten Roboter stieg bis 2015 auf mehr als 93.000 Stück, das waren um rund 14.000 mehr als noch 2010. Im gleichen Zeitraum stieg auch die Beschäftigung um rund 93.000 Arbeitsplätze auf 813.000.“

Mehr Arbeitsplätze dank Cobots?

Der Grund sei simpel, erklärt Dario Stojicic. „Ein Roboter muss wie jede andere Maschine programmiert, bedient und gewartet werden. Ebenso müssen Ingenieure auch Roboteranlagen im Vorhinein für die einzelnen Einsatzzwecke planen und konstruieren. Außerdem muss auch jemand für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Roboter sorgen. Somit werden keine Jobs weggenommen, sondern neue geschaffen.“

Der Hype um die Cobots

Aktuell sei die Nachfrage nach Cobots groß, auch in Österreich. Speziell bei kleinen und mittleren Unternehmen sei seit der „Forschungsprämie für Unternehmen“ ein regelrechter Hype um die Cobots ausgebrochen, berichtet Dario Stojicic. Für den weltweiten Industrierobotermarkt erwarte man bis zum Jahr 2023 ein Wachstum von rund 45 Milliarden US-Dollar (2020) auf rund 58 Milliarden US-Dollar.

„Wenn man diese Prognosen betrachtet, dann ist es durchaus denkbar, dass Cobots eines Tages in unserem Arbeitsalltag den gleichen Stellenwert wie Smartphones oder Laptops haben könnten“, wagt der Cobot-Spezialist einen Blick in die Zukunft. Zum Vergleich zieht er den Einzug klassischer Industrieroboter heran. „Vor mehreren Jahrzehnten wurden sie nur für bestimmte Tätigkeiten in der Automobilindustrie genutzt, heute sind sie aus vielen unterschiedlichen Betrieben gar nicht mehr wegzudenken.“

Über ABB:

  • ABB ist ein Energie- und Automatisierungstechnikkonzern, der weltweit tätig ist. Die Geschäftsbereiche umfassen die Elektrifizierung, Industrieautomation, Antriebstechnik sowie Robotik und Fertigungsautomation. Insgesamt beschäftigt ABB rund 105.000 MitarbeiterInnen in mehr als 100 Ländern. Die Hauptsitze liegen in Västerås, Schweden und in Zürich, Schweiz. In Österreich befinden sich sechs Standorte.
  • In Shanghai baut ABB eine der fortschrittlichsten, automatisiertesten und flexibelsten Roboter-Fabriken der Welt. Sie wird über selbstlernende Maschinen sowie digitale und kollaborative Lösungen verfügen und die Roboterproduktion sowohl in der Breite (Roboter-Typen) als auch in der Tiefe (Varianten zu jedem Roboter-Typ) erweitern. Die Raumaufteilung wird flexibel sein, d. h. die Fabrik wird statt auf fixen Fertigungslinien auf Automationsinseln basieren, die miteinander verbunden sind. Unter anderem werden auch automatisch gesteuerte Fahrzeuge eingesetzt werden, die Robotern selbstständig auf ihrem Weg durch die Produktion folgen und sie mit Teilen von lokalen Stationen versorgen können.
  • Ein digitaler Zwilling der Fabrik soll ermöglichen, dass Informationen über den Zustand und die Leistung von ABB-Robotern in der Fabrik gesammelt und analysiert werden. Dadurch sollen potenzielle Störungen frühzeitig erkannt und kostenintensive Betriebsausfälle vermieden werden.
Credits Artikelbild: adobe stock | DIgilife

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