PET to PET

„Recycling muss endlich nachhaltig gedacht werden“

Das österreichische Unternehmen PET to PET betreibt eine der weltweit modernsten Anlagen im Bereich PET-Recycling. Doch was bedeutet Recycling eigentlich? Ist Recycling per se nicht der Inbegriff der Nachhaltigkeit und Bestandteil einer effizienten Kreislaufwirtschaft?

Zu Hause, beim Sport, im Kino und sogar in der Medizin: Jede/r von uns kennt sie, jede/r hat zumindest eines – Produkte aus PET. Polyethylenterephthalat – kurz PET – ist einer der hochwertigsten Kunststoffe und spielt in fast allen Bereichen des täglichen Lebens eine Rolle. Am besten bekannt ist die PET-Flasche, patentiert 1973 in den USA. Bereits 1978 führte Coca-Cola als erstes Unternehmen die 2-Liter-PET-Flasche ein. Ihr Siegeszug ist seitdem ungebrochen. Heute ist sie aus Supermärkten und Kühlschränken nicht mehr wegzudenken. Das erste Mal recycelt wurden PET-Flaschen übrigens 1977, noch vor der Markteinführung durch Coca-Cola.

Wie geht Recycling, und vor allem: Wie geht das nachhaltig?

Klar, seither hat sich auch in diesem Bereich viel getan. Aber noch nicht genug, ist man sich beim heimischen Recycling-Aushängeschild PET to PET sicher. „Recycling muss endlich nachhaltig gedacht werden. Dazu gehört auch, dass die für den Prozess notwendigen Ressourcen sparsam und nachhaltig eingesetzt werden“, sagt Geschäftsführer Christian Strasser.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, etwas zugespitzt formuliert: Es macht nicht viel Sinn, PET-Flaschen zu recyceln, wenn bei dem Prozess zu viel Energie – womöglich aus nicht erneuerbaren Quellen – verpulvert wird. Beim Recycling sollen Produktions- und Konsumabfälle wiederverwertet werden, indem deren Ausgangsmaterialien zu Sekundärrohstoffen (Rezyklaten) verarbeitet werden. Aber Nachhaltigkeit endet eben nicht bei der reinen Verwertung des Materials, wie Strasser betont. „Was unser Unternehmen einzigartig macht, ist nicht, dass wir PET-Flaschen recyceln, sondern wie wir das tun“, sagt er zu Recht stolz.

PET to PET
PET to PET-Geschäftsführer Christian Strasser sagt: „Wer über Recycling spricht, muss auch darauf achten, dass die für den Prozess notwendigen Ressourcen sparsam und nachhaltig eingesetzt werden!“Foto: PET to PET | Andi Bruckner

Doch was bedeutet das konkret? Im burgenländischen Müllendorf wird nicht nur das Ziel, Flaschen aufzubereiten, verfolgt, sondern der gesamte Prozess nachhaltig gedacht. „Zum einen wird die entstandene Abwärme in den Produktionsprozess zurückgeführt – auch das ist Recycling. Zum anderen gibt es in der Produktion in Müllendorf einen geschlossenen Wasserkreislauf. Das Wasser gelangt nach dem Waschvorgang in eine betriebseigene Kläranlage, das Wasser wird biologisch gereinigt und das gereinigte und gefilterte Wasser anschließend wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt.“

PET to PET: Herausforderung Corona

Ebenso nachhaltig, wie in Müllendorf mit Rohstoffen umgegangen wird, hat Christian Strasser die Herausforderungen mit Corona gemeistert: „Für die MitarbeiterInnen wurde eine eigene Teststraße installiert. Da Homeoffice nur im Verwaltungsbereich möglich ist, wurde im Unternehmen ein Pandemieplan erstellt, um die MitarbeiterInnen an ihren Arbeitsplätzen möglichst sicher arbeiten lassen zu können. Speziell im Produktionsbereich wurden gestaffelte Schichtübergaben geplant, um Begegnungen und damit potenzielle Ansteckungen zwischen kommenden und gehenden MitarbeiterInnen zu minimieren. Ziel war, einen laufenden und für die MitarbeiterInnen ungefährlichen Betrieb sicherzustellen (siehe auch: „FACC als Idealbeispiel“). Es freut mich, dass wir das für unsere MitarbeiterInnen erreichen konnten.“

Warum hat Corona die Nachfrage nach Rezyklat verändert?

Nicht nur für die Belegschaft hat Corona Herausforderungen mit sich gebracht. Der Getränkekonsum hat sich stark verschoben – im Lockdown wurden vermehrt große Flaschen in den Supermärkten nachgefragt; kleine Flaschen, die vor allem im Outdoorbereich, etwa beim Sport, zu finden sind, wurden kaum mehr verkauft. Für PET to PET hieß das, dass insgesamt weniger Rezyklat in Umlauf gebracht werden konnte. Dennoch wurden die MitarbeiterInnen nicht in Kurzarbeit geschickt. Im Gegenteil: In Müllendorf wurde weiterproduziert. Die Durchsatzleistung konnte sogar um 7,3 % gesteigert werden.

Warum? „Wir möchten, sobald die Nachfrage nach Rezyklat wieder ansteigt, lieferfähig sein und den Markt bedienen können, wenn er sich erholt. Deshalb haben wir unseren Durchsatz nicht reduziert, sondern unsere Lagerflächen erweitert und eine zweite Granulierungsanlage errichtet. Mit unseren Investitionen konnten wir letztes Jahr trotz Corona acht zusätzliche Arbeitsplätze schaffen“, so Strasser. Trotz der gesunkenen Nachfrage weiter zu produzieren und die Lager zu füllen, hat aber auch einen anderen Grund: „Der für unsere Produktion notwendige Rohstoff, die gesammelten Flaschen, sind die Basis für das Funktionieren unseres Unternehmens. Sie sind über die Zeit nur in einem gewissen Maß verfügbar – es kann eben nur so viel verarbeitet werden, wie auch gesammelt wird.“

Wieviel wird recycelt?

Für 2020 meldet die PET to PET Recycling Österreich GmbH einen neuen Recycling-Höchstwert: Im vergangenen Jahr durchliefen mehr als 28.200 t PET-Material den Recycling-Kreislauf, aus rund 1,13 Milliarden gebrauchten PET-Flaschen wurde wertvoller Sekundärrohstoff für neue PET-Gebinde gewonnen. Das entspricht einem neuerlichen Anstieg der Durchsatzleistung um 7,3 % im Vergleich zum Vorjahr.

Der Preis von recyceltem PET

Die jeweilige Nachfragelage verändert jedoch naturgemäß immer auch den Preis. Das gilt nicht nur in Zeiten von Corona, sondern immer. Anfangs standen Sekundärrohstoff, das Rezyklat, und Primärrohstoff, das Neu-PET, in direktem Wettbewerb zueinander. Der Preis des Primärrohstoffes ist abhängig vom Rohölpreis, der über die Zeit stark schwankt. Der Sekundärrohstoff hat angebotsseitig einen konstanten Preis, der abhängig von Arbeitslöhnen, Anlagenbetrieb und PET-Flaschen ist. Die Aufbereitung darf nicht zu teuer sein und muss qualitativ mit neu produziertem Rohstoff mithalten können – sonst haben Rezyklate auf dem Markt keine Chance.

PET to PET
Die PET-Aufbereitung darf den Rohstoff nicht zu teuer machen. Sonst hat er auf dem Markt keine Chance gegen den neu produzierten.Foto: PET to PET | Andi Bruckner

Lange Zeit wurde bei niedrigeren Preisen für den Primärrohstoff davon mehr und entsprechend weniger vom Sekundärrohstoff in der Flaschenproduktion verwendet. Die Entwicklung neuer Abfallvorschriften der EU hat dazu beigetragen, die starken Nachfrageschwankungen zu glätten. Mit dem 2018 von der EU verabschiedeten Paket zur Kreislaufwirtschaft wurden Recycling-Ziele gesetzt. Die Unternehmen wurden eingeladen, freiwillig Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln, innerhalb derer sie sich dazu verpflichteten, einen gewissen Anteil an Sekundärrohstoff zu verwenden. Mit dieser Entwicklung haben sich der Markt für Primärrohstoff und der für Sekundärrohstoff fast gänzlich voneinander entkoppelt.

Nur mit der fachgerechten Entsorgung können wir den äußerst hochwertigen Verpackungsstoff PET möglichst lange im Kreislauf halten und wertvolle Ressourcen schonen. Dabei zählt jeder Beitrag und jede PET-Flasche.

Christian Strasser, PET to PET-Geschäftsführer

Obwohl der Preis für das recycelte PET in Lebensmittelqualität durchschnittlich ungefähr 130 % des ursprünglichen PET-Preises beträgt, beeinflusst dies die Nachfrage nach dem Sekundärrohstoff nicht mehr wesentlich. Im Corona-Jahr 2020 hatte die gesunkene Nachfrage und der niedrige Ölpreis dennoch um 40 bis 50 Prozent reduzierte Umsätze für PET to PET zu Folge. Christian Strasser blickt positiv in die Zukunft.

Fachgerechte Entsorgung als wichtige Basis

Aktuell gibt es sogar eher zu wenige PET-Verpackungen, die für den Recycling-Prozess zur Verfügung stehen: „Die wachsende Nachfrage nach Rezyklat übersteigt noch immer das Angebotswachstum des Sekundärrohstoffes. Nur mit der fachgerechten Entsorgung können wir den äußerst hochwertigen Verpackungsstoff PET möglichst lange im Kreislauf halten und wertvolle Ressourcen schonen. Dabei zählt jeder Beitrag und jede PET-Flasche.“

Heute werden drei von vier PET-Flaschen fachgerecht entsorgt und können somit in den Bottle-to-Bottle-Kreislauf fließen. Das muss allerdings noch besser werden: Bis 2029 müssen die von der EU vorgegebenen Recyclingquoten erreicht werden. Mindestens 90 % aller Getränkekunststoffflaschen müssen dann getrennt gesammelt werden.

Der Bottle-to-Bottle-Kreislauf?

Wie aber funktioniert dieser so oft zitierte Bottle-to-Bottle-Kreislauf? Die farblich sortierten PET-Flaschen werden, zu großen Ballen gepresst, nach Müllendorf gebracht. Dort werden sie in einer Mühle zu Flakes verkleinert und im Anschluss gewaschen. Dann kommen zwei der modernsten Aufbereitungsverfahren zum Einsatz: Die Oberfläche der Flakes wird – ähnlich dem Schälen einer Zwiebel – abgeschält. Damit wird das Rezyklat lebensmitteltauglich. Um neue Flaschen zu produzieren, können sowohl lebensmitteltaugliche Flakes als auch Granulate eingesetzt werden. Strasser: „Mit einem Einsatz von ungefähr 25% Flakes und einem beliebig hohen Anteil von Granulaten – dabei kann der Recyclatanteil bis zu 100% angehoben werden – haben wir die besten Erfahrungen gemacht.“

PET to PET
Sowohl aus PET-Granulat, als auch aus …Foto: PET to PET | Andi Bruckner
… PET-Flakes werden neue Flaschen hergestellt.Foto: PET to PET | Andi Bruckner

Um den Werkstoffkreislauf nachhaltig auf einem hohen Qualitätsniveau zu halten ist ein angemessener Anteil an Neumaterial sinnvoll. Aus diesem Grund wird in Müllendorf neben den höchstqualitativen Flakes seit 2010 auch Granulat hergestellt. Mit der Mischung der drei Grundformen, recycelte Flakes, recyceltes Granulat und neues PET-Granulat, kann insgesamt ein höherer Anteil an recyceltem PET in sehr hoher Qualität pro Flasche erzielt werden. Aktuell beträgt dieser durchschnittlich mindestens 30 bis 40 %, immer abhängig von Größe und Form der Flasche.

Wie hoch sollte der Rezyklat-Anteil langfristig sein?

„Ein geschlossener Bottle-to-Bottle-Kreislauf ist aktuell nicht abbildbar“, lautet die aktuelle Einschätzung von Strasser. In Müllendorf entstehen hauptsächlich lebensmitteltaugliche Rezyklate, zu einem Teil aber auch Nebenprodukte, etwa durch Farbverunreinigungen, die nicht zurück in die Getränkeflaschenproduktion, sondern etwa in die Folien- und Fasernproduktion fließen. „Ein stabiler und nachhaltiger Kreislauf mit gleichbleibender Qualität kann nur dann bestehen, wenn ein gesunder Anteil an Primärrohstoff in die Flaschenproduktion einfließt.“ Auch die steigende Nachfrage kann nur mit zufließendem Neu-PET befriedigt werden.

PET to PET
In Zukunft sollen nicht nur PET-Flaschen gesammelt werden, sondern alle Kunststoffverpackungen.Foto: PET to PET | Andi Bruckner

PET to PET: Wie schaut die Zukunft aus?

Der Standort in Müllendorf ist mit seinen Prozessen optimiert, auch eine Vergrößerung der Anlage macht aufgrund länger werdender Transportwege in den Augen von Strasser wenig Sinn. Als nachhaltig denkender Konsument ist es ihm ein Anliegen, allgemein auf die Verwertungsmöglichkeiten von Verpackungsstoffen neben den PET-Flaschen aufmerksam zu machen. „Bisher werden nur 15 % der Verpackungen aus Kunststoff in den hochwertigen Recycling-Kreislauf rückgeführt, 85 % werden thermisch verwertet, geringwertig recycelt beziehungsweise downgecycelt. Ziel muss es sein, das qualitative Niveau über den Recyclingprozess beizubehalten.“

Über PET to PET

Die PET to PET Recycling Österreich GmbH wurde im April 2006 gegründet und wird von führenden Unternehmen der österreichischen Getränkewirtschaft gesellschaftlich betrieben. Das Unternehmen ist seit 2007 in Betrieb und legt großen Wert auf höchste Qualität und die laufende Weiterentwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit.

Daten & Fakten:

  • Anzahl der Mitarbeiter: 75
  • Grundstücksfläche: 53.000 m²
  • Produktionshalle 3.300 m²
  • Lagerhallen 4.050 m²
  • Bürogebäude 200 m²
  • Kapazität: 26.000 t

Die Gesellschafter:

 

Credits Artikelbild: PET to PET | Andi Bruckner

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