Flaschenpfand

Pfand oder nicht Pfand, das ist hier die (Preis-)Frage

Es ist fix. Das neue Pfandsystem für Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff und Getränkedosen in Österreich kommt. Die Verordnung wird gerade ausgearbeitet, 2025 tritt sie in Kraft. Nur damit können laut Umweltbundesamt nämlich die vorgegebenen Recyclingquoten der EU erreicht werden. Aber: was bringt’s wirklich?

Für die einen ist diese Novelle ein wichtiger Schritt in eine nachhaltige Zukunft, für die anderen ein unnötiger Aufwand. Schlagkräftige Argumente gibt es auf beiden Seiten. Laut ARA sammelt Österreich im Moment 76 % aller PET-Flaschen an insgesamt zwei Millionen Sammelpunkten. Bei rund 2,5 Milliarden Flaschen und Dosen pro Jahr ist das eine beachtliche Zahl. Lediglich 1 % fehlt somit noch auf das EU-weite 77 %-Sammelziel, das bis 2025 erreicht sein soll.

Das klingt nun schon ganz gut, ist aber immer noch zu wenig. Denn das EU-Ziel klettert bis zum Jahr 2029 auf satte 90 % Recyclinganteil. Erreicht man dieses Ziel nicht, drohen hohe Strafen: Was da unter anderem Abhilfe schaffen könnte? Ein funktionierendes Pfandsystem. Das fand zumindest eine Studie heraus, die vom Klimaschutzministerium in Auftrag gegeben wurde.

Pro: Studie deutet auf Pfandsystem-Erfolg hin

Die Studie wurde von einem Konsortium des Technischen Büros Hauer, der Universität für Bodenkultur und der Montanuniversität Leoben erstellt. Das Ergebnis spricht für das Pfandsystem. Alle anderen Varianten, so die AutorInnen der Studie, würden nicht zum Ziel führen und wären bis zur Zielerreichung auch deutlich teurer.

Flaschenpfand
Neun von zehn Flaschen, die man in den 1990ern in Österreichs Supermärkten kaufen konnte, waren Mehrweg-Flaschen. Heute liegt der Anteil nur noch bei 19 Prozent.Foto: Adobe Stock

Das Geld ist es auch, was wohl den größten Anreiz bringt. Denn nur wer Flaschen wieder in den Supermarkt zurückbringt, bekommt sein Pfand von voraussichtlich 20 bis 30 Cent zurück. So, wie wir es von Glasflaschen eigentlich schon längst gewohnt sind. Zusätzlich streichen die StudienautorInnen Maßnahmen zur Stärkung von Mehrweggebinden hervor, da durch diese im Gegensatz zu Einweggebinden Abfälle nicht nur recycelt, sondern von vornherein vermieden werden können.

Contra von Umwelt-NGOs: Pfand ist nicht genug

Wo wir auch schon beim ersten Kritikpunkt des Pfandsystems wären. Denn für heimische Umwelt-NGOs wie Greenpeace ist es nur eine Kompromisslösung. Die Maßnahmen würden mit dem Ziel 2025 nicht nur zu spät kommen, es gäbe auch zu viele Ausnahmen. Alkoholfreie Getränke bis 0,5 Liter sind im Pfandsystem beispielsweise nicht dabei. Die Bundesregierung habe mit der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes einen wichtigen Schritt getan, der Mülltrennung vereinfache. Doch jetzt sollte man sich besser darauf konzentrieren, den Mehrweg-Anteil in Supermärkten rasch zu erhöhen.

Neun von zehn Flaschen, die man in den 1990ern in Österreichs Supermärkten kaufen konnte, waren Mehrweg-Flaschen. Heute liegt der Anteil nur noch bei 19 Prozent.

Mehrweg war hierzulande übrigens schon einmal völlig normal: Neun von zehn Flaschen, die man in den 1990ern in Österreichs Supermärkten kaufen konnte, waren Mehrweg-Flaschen. Heute liegt der Mehrweg-Anteil nur noch bei rund 19 %. Das soll sich nach Umweltministerin Leonore Gewessler nun bald wieder ändern. Ab 2024 soll laut Gesetzesnovelle das verbindliche Mehrwegangebot schrittweise in die Geschäfte zurückkommen, auch bei Säften, Mineralwasser und Milch.

Wen kostet das Pfandsystem was?

Laut der Studie des Umweltministeriums soll das Pfandsystem auch bei den anfallenden Kosten besser abschneiden. Demnach würde die Einführung eines Einwegpfands auf Dosen und Plastikflaschen pro Jahr rund 130 Millionen Euro kosten. Aber: Die Alternative einer intensiveren Mülltrennung käme schätzungsweise auf 145 Millionen Euro. Das Pfandsystem könnte auch Einnahmen generieren, nämlich aus nicht retournierten Flaschen. Laut Schätzungen läge die Ausfallquote der Pfandflaschen bei ca. 5 %, wodurch immerhin 24 Millionen Euro übrigbleiben, um das System zu unterstützen.

Wettbewerbsnachteil für kleine Betriebe?

Widerstand kommt von Handelsvertretungen. Rückgabestationen bräuchten Platz und Geld, verursachen somit Kosten, die auf die KonsumentInnen umgewälzt werden könnten. Das könnte vor allem kleinere Betriebe benachteiligen, für die Rückgabeautomaten unleistbar sind. Die Folge: Die Kundschaft würde dann vielleicht aus praktischen Gründen lieber in Geschäften mit entsprechender Infrastruktur – also großen Ketten – einkaufen.

Pfandsystem-Contra von ARA

Von den Profis von Altstoff Recycling Austria (ARA) gibt es ebenfalls Kritik. In einer Aussendung teilte man mit, dass ARA das Einwegpfand begrüße, es sei aber zwingend notwendig, alle Kunststoffverpackungen mitzudenken, nicht nur Getränkeverpackungen. „Es wäre ein Rückschritt und Verlust an Convenience für die KonsumentInnen, sie künftig auf vielleicht 6.000 Rücknahmeautomaten im Lebensmittelhandel zu beschränken. Isolierte Teillösungen sind leider meist ineffizient und teuer“, heißt es im Statement. Für die massive Steigerung der Sammlung aller Kunststoffverpackungen sehe man mehr Chancen in digitalen Lösungen.

Die Einführung eines Einwegpfands auf Dosen und Plastikflaschen würde pro Jahr rund 130 Millionen Euro kosten.

Aus einer Studie des Umweltministeriums

Als Beispiel führte man das System „digi-Cycle“ an, das in Kooperation mit der Saubermacher AG sowie Unterstützung der österreichischen Getränkewirtschaft entwickelt wurde. HerstellerInnen kennzeichnen damit PET-Flaschen oder Getränkedosen mit einem Dotcode, gleichzeitig werden Sammelbehälter und Gelbe Säcke mit QR-Codes versehen. Statt in den Supermarkt zu gehen, scannt man die QR-Codes mit dem Handy und wirft die Verpackungen bei den Sammelstellen ein. Anschließend werden Prämien und/oder ein Pfand gutgeschrieben.

So könnte laut ARA Müllentsorgung von morgen aussehen: Statt den Weg in den Supermarkt zurücklegen zu müssen, können KonsumentInnen die QR-Codes auf den Produkten mit dem Handy scannen und später bei den Sammelstellen einwerfen.Foto: Adobe Stock

Gegenstimmen zu solchen anreizbasierten Systemen gibt es vonseiten der Mehrweg-Verfechter wie Greenpeace. Denn wo Wegwerfware im Umlauf ist, da werde sie auch weggeworfen – Anreiz hin oder her. Das würden die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte deutlich zeigen.

Pro: Pfandsysteme feiern weltweit Erfolge

Dass Pfandsysteme an sich eine gute Sache sind, zeigt der Blick in Länder wie Norwegen oder Deutschland.  Dort werden die EU-Anforderungen nämlich längst übererfüllt: Knapp 98 % Recyclingquote kann beispielsweise Deutschland vorweisen, das schon seit 20 Jahren mit Pfandsystem arbeitet. Europaweit sind es bereits zehn Nationen, die auf Pfandsysteme setzen, und in Kürze folgen zwölf weitere, darunter Portugal, Lettland, Irland, Rumänien und die Türkei. Die Niederlande weiten das Pfand gerade auch auf kleine Getränkeflaschen aus, und Deutschland will nun auch Säfte und Milch miteinschließen.

Die österreichische Bevölkerung wäre übrigens bereits ready fürs Pfandsystem: Laut einer Umfrage von Global2000 sind 83 % klar für die Einführung eines Plastikpfands.

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