Pistenraupe mit Laser

Pistenraupen: Laser, eFuels und andere Umweltfreundlichkeiten

Schneehöhenmessung mittels Laser, eFuel im Tank und Hybridantrieb im Test: Neue Technologien machen Pistenraupen umweltfreundlicher.

Der Skitag beginnt mitten in der Nacht. Der Mond hängt hoch am Himmel, während die Pistenraupen am Berg unterwegs sind. Abfahrt für Abfahrt bügeln sie glatt, füllen Lücken in der Schneedecke, verschieben Anhäufungen, um für die SkifahrerInnen am nächsten Morgen perfekte Bedingungen zu schaffen.  

Dafür braucht es von den FahrerInnen der tonnenschweren Pistenraupen Ortskenntnis, Erfahrung, Planung und Fingerspitzengefühl. Um den Schnee möglichst gleichmäßig über die Hänge zu verteilen, müssen sie wissen, wie das Gelände aussieht, wo Schneebedarf besteht und wo Depots liegen, auf die zurückgegriffen werden kann.

Weltmarktführer bei Pistenraupen

Ausgeklügelte Technik hilft dem Präparierungspersonal dabei. Jüngste Innovation: Laser, die die Schneehöhe vor und neben der Pistenraupe messen. Entwickelt wurde dieses System vom Salzburger Unternehmen Kässbohrer, das in der Szene unter dem Markennamen „Pistenbully“ firmiert und mit einem Marktanteil von rund 60 Prozent Branchenprimus ist.

Schneetiefenmessung
Hochpräzise Sensoren messen die Schneetiefe unter dem Fahrzeug, am Schild und bis zu 50 Meter vor dem Fahrzeug in Echtzeit.Foto: Kässbohrer

Wenig bescheiden wird „SNOWsat LiDAR“ als „Revolution der Schneetiefenmessung“ beworben. Tatsächlich erweitert und erleichtert die Lasermessung die Pistenbewirtschaftung und macht sie nicht nur schneller und besser, sondern auch effizienter und damit umweltschonender. Bisher wurde die Schneetiefe nämlich „nur“ unter dem Fahrzeug und vorne am Schild gemessen. Als Basis dienen dabei Geländedaten, die im Sommer via GPS-Satelliten gesammelt werden.

200.000 Datenpunkte im Schnee

Die neue Lasertechnologie inspiziert die Schneedecke „vorausschauend“. Sie scannt über hochsensible am Dach montierte Sender und Sensoren einen Bereich im Umkreis von 50 Metern vor und neben der Pistenraupe – insgesamt eine Fläche von rund 2.600 Quadratmetern. Bis zu 200.000 Datenpunkte pro Sekunde dienen als Berechnungsgrundlage. Daraus errechnet das System die aktuelle Schneeverteilung. 

Der Fahrer sieht so auf einem Bildschirm in seiner Kabine nicht nur in Echtzeit, wie viel Schnee gerade unter ihm ist, sondern auch, wo links und rechts der Piste noch Schnee verfügbar ist, wenn es einmal knapp werden sollte. Und er kann frühzeitig auf Schneeverwehungen oder -verfrachtungen reagieren. Dementsprechend dirigiert der Pilot seine Pistenraupe und gibt dem Schneeschild vorne und der Fräse am Fahrzeugheck die passenden „Befehle“, wie tief und fest sie zum Einsatz kommen sollen. Die Lenkung erfolgt mittels joystickartigem Steuerknüppel. 

Neue Treibstoffarten in Entwicklung

Die Präparierungsarbeit wird damit an mehreren Stellen effizienter, kostengünstiger und umweltschonender, denn die Betriebszeiten werden aufgrund optimierter Wegstrecken verkürzt. Der Treibstoffverbrauch sinkt damit und der Bedarf an teuer produziertem Maschinenschnee sinkt. Zudem sinkt die Gefahr vor Fahrzeugschäden, weil die Laser vor unter dem Schnee „versteckten“ Felsen, losen Steinen oder Leitungen der Beschneiungsanlage warnen. Neben Laax in der Schweiz und der Zugspitze in Deutschland, kommt das neue System ab diesem Winter auch in Hintertux zum Einsatz.

Ebenfalls entwickelt und erprobt werden indes neue Energieversorgungssysteme für den Antrieb der Pistenraupen. Noch gelten die Fahrzeuge aufgrund ihres Treibstoffverbrauchs als das ökologische Sorgenkind der Skigebiete. Denn während Dieselgeneratoren hinter Lifthütten mittlerweile der Vergangenheit angehören und die meisten Ressorts ihren Strombedarf für Seilbahnen und Beschneiungsanlagen aus erneuerbaren Energiequellen (Wasser, Sonne, Wind) decken, schlucken die Pistenraupen noch immer fossilen Treibstoff. Und das nicht zu knapp.

30 Liter Treibstoff pro Stunde  

Die rund 2.000 Pistengeräte, die in Österreichs Skigebieten unterwegs sind, verbrauchen laut Wirtschaftskammer insgesamt 30 Millionen Liter Kraftstoff pro Jahr. Das bedeutet einen jährlichen Ausstoß von 40.000 Tonnen CO2. Bei leistungsstarken Geräten wie dem 620 PS-Pistenbully, der in Hintertux rund 1.000 Betriebsstunden pro Saison im Einsatz ist, muss man mit 30 Liter pro Stunde kalkulieren.

Kässbohrer Pistenraupe Hybrid
Hybrid-Motoren und eFuels kommen als alternative Treibstofftechnologien bei Pistenraupen zum Einsatz.Foto: Kässbohrer

Um den Betrieb von Pistengeräten künftig CO2-neutral bewerkstelligen zu können, läuft am Gletscher jetzt ein Pilotprojekt mit sogenannten eFuels. Darunter versteht man synthetisch erzeugte flüssige Kraft- und Brennstoffe, hergestellt aus Wasserstoff. Die dafür notwendige Energie stammt aus Wind- und Solaranlagen. Durch die Synthese mit CO2 (Power-to-Liquid-Verfahren) und erneuerbaren Energien lassen sich eFuels klimaneutral herstellen.

eFuels für Energiewende 

Die Forschungsabteilung der AVL List GmbH begleitet das Pilotprojekt. Auf deren Gelände in Graz entsteht gerade die modernste Power-to-Liquid-Anlage Europas. Sie geht 2022 in Betrieb. „eFuels sind sauberer als bisher verwendete Treibstoffe und tragen maßgeblich zur Erreichung einer sozial verträglichen Energiewende bei“, wirbt Jürgen Roth, Vorstandsvorsitzender der eFuel Alliance Österreich.

Der Vorteil: eFuels weisen dieselben Eigenschaften und Wirkungsgrade wie fossile Brenn- und Kraftstoffe auf. Für den Einsatz sind laut Kässbohrer-Geschäftsführer Christian Paar daher so gut wie keine Umrüstungen notwendig: „Der beim Versuch eingesetzte PAL-Kraftstoff ist für unsere Motoren zugelassen.“ Es sind damit keine Änderungen an den Motoren oder der Kraftstoffinfrastruktur erforderlich. „Die Pistenraupe kann einfach aufgetankt werden und ist startklar“, sagt Paar. Andere Alternativen hätten sich dagegen im hochalpinen Geländer als nicht wirklich geeignet gezeigt. 

Hybrid-Antrieb im Testbetrieb

Getestet wurden beispielsweise batteriebetriebene Systeme. Die für die acht bis zehn Stunden Einsatzzeit pro Tag erforderlichen Batterien seien aber zu schwer, zu teuer und die Ladezeiten zu lange (im Unterschied zu Loipenspurgeräten, die bereits elektrifiziert sind). Erdgas hat dagegen im Betrieb funktioniert. Die Sicherheits- und Logistikfrage sei aber ungeklärt und der Aufbau einer entsprechenden Tank- und Werkstätteninfrastruktur am Berg zu teuer.

Und eine Hybrid-Variante? Die gibt es bereits. Am Kitzsteinhorn ist diesen Winter die zweite Generation eines entsprechenden Kässbohrer-Models in Betrieb. Je nach Steilheit des Geländes bringt der Einsatz des E-Motors eine Einsparung von bis zu 20 Prozent beim Diesel. „Die Nachfrage nach diesem Modell ist enorm“, freut sich Paar.

GUT ZU WISSEN

  • Der Bedarf an neuen Pistenfahrzeugen liegt weltweit zwischen 1.000 und 1.200 Geräten pro Jahr. Kässbohrer hat einen Marktanteil von 60 Prozent.
  • Corona und die Lockdowns haben das Unternehmen indirekt getroffen, weil man von der Investitionsbereitschaft in den Tourismusgebieten abhängig ist. Diese wurde aufgrund der Beschränkungen zuletzt abgeschwächt.
  • Durch die letztjährige Sperre der Skigebiete im Westen fielen auch Reparatur- und Servicearbeiten an den Pistenfahrzeugen aus. Dazu kamen Lieferprobleme bei Komponenten wie in der Autoindustrie.
  • Nichtsdestotrotz sucht man in der Zentrale in Kuchl nach FacharbeiterInnen.
Credits Artikelbild: Kässbohrer

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