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Alter Kunststoff, neue Chancen

Das Team von plasticpreneur will mit kostengünstigen Recyclingmaschinen dort helfen, wo große Systeme versagen. Die Wiederverwertung von Kunststoffabfällen löst gleichzeitig auch wichtige soziale Probleme.

Es war eine Reise ins afrikanischen Uganda, die Sören Lex vor einigen Jahren das Ausmaß unseres Plastikmülls vor Augen führte. In vielen Gegenden des Landes gibt es nämlich keine Müllentsorgungssysteme, den Abfall verbrannt man oft einfach vor der Haustür. Das pustet nicht nur eine Menge Schadstoffe in die Umwelt, es ist auch eine Verschwendung von wertvollem Rohstoff. Denn Plastik könnte auf viele Weisen wiederverwendet werden – wenn denn die nötige Infrastruktur dafür vorhanden wäre.

Sören Lex begann also, über ein System im Kleinformat nachzudenken, das keine großen industriellen Maßnahmen erfordert. Das Resultat kam schlussendlich im Jahr 2017 mit dem Social Start-up plasticpreneur, das er gemeinsam mit Raphaela Egger, Boris Rauter und Florian Mikl gründete. Das Konzept ist einfach und wirkungsvoll: Das Team entwickelte Maschinensets, bestehend aus Kunststoffshredder, Extruder und Spritzgussmaschine. Die können aus Plastikmüll neue Gegenstände produzieren. Die modularen Maschinen verwandeln Plastikflaschen und Co. in Granulat und spritzen dieses dann in die benötigte Form. Plasticpreneur-Team entwirft und stellt die Formen dafür her – vom Trinkbecher bis zu kleinen Ersatzteilen.

Kunststoff Recycling Afrika
In Ländern ohne funktionierendes Abfallsystem werden Plastikmüllberge zum großen Problem.Foto: plasticpreneur

Kleiner Maßstab mit großer Wirkung

Der Clou hinter diesem Konzept steckt in der sozialen Komponente. Denn mit den kompakten Recyclingmaschinen können gleich vor Ort in Afrika neue Produkte hergestellt werden. Der Abfall bekommt dadurch einen neuen Wert und wird gesammelt anstatt weggeworfen und verbrannt. Es entstehen neue Arbeitsplätze, die aus der unerschöpflichen Ressource Plastikmüll ein lokales Business machen. Außerdem stellen die Maschinen Dinge des alltäglichen Lebens her, die fehlen oder sonst nicht leistbar sind.

Dem Team rund um plasticpreneur geht es darum, die Wertschöpfungskette aufrechtzuerhalten, auch dort, wo staatliche Systeme versagen. Durch die clevere Entwicklung der Recyclingmaschinen sind keine Vorkenntnisse zur Bedienung nötig. Sie wurden so konstruiert, dass ihre Abläufe möglichst selbsterklärend sind und eine kurze Einschulung dafür reicht. Seit Beginn ist das Social Start-up plasticpreneur im niederösterreichischen Wiener Neustadt zu Hause und versendet von dort aus bereits in die ganze Welt.

„Eine globale Krise erfordert unserer Ansicht nach auch globale Lösungen. Gerade jetzt sollten wir über unsere Landesgrenzen hinaus auch an die Menschen denken, die komplett ungeschützt sind und vor dem Nichts stehen.“

– plasticpreneur-GründerInnen Sören Lex, Raphaela Egger, Boris Rauter und Florian Mikl.

Ins Visier genommen

Mit Beginn der Corona-Pandemie bekamen die Geräte von plasticpreneur noch eine zusätzliche Funktion: In Wiener Neustadt entwickelte man eine Spritzgussform für Gesichtsvisiere als Schutzausrüstung. Mit dieser kann man die bestehenden Recyclingmaschinen also ganz einfach umrüsten. Die Spritzgussmaschine stellt dabei die größenverstellbaren Rahmen der Schutzschilde her. Die austauschbaren transparenten Visiere können einfach aus 2-Liter-PET-Flaschen ausgeschnitten werden. Laut plasticpreneur soll somit die Produktion von bis zu 50 Schutzvisieren pro Stunde möglich sein. Neben der Ermöglichung der lokalen Produktion verkauft sie das niederösterreichische Unternehmen auch direkt, bleibt der sozialen Ausrichtung aber dennoch treu. Denn für jedes um € 19,- verkaufte Schutzvisier wird und wurde ein weiteres für Menschen in Not produziert.

Von Wiener Neustadt in die ganze Welt

Heute zählen nicht mehr nur gemeinnützige Organisationen zu den KundInnen der mobilen Recyclingmaschinen, sondern auch Privatpersonen, Elite-Universitäten und Unternehmen. Immer noch werden sie in Niederösterreich per Hand aus Sperrholz und regional produzierten Einzelteilen hergestellt. Das macht sie auch so kompakt und leicht, dass die Recyclingmaschinen problemlos weltweit im Paketversand versendet werden können. Samt allen notwendigen Informationen für den sofortigen Start der eigenen kleinen Recyclingwerkstätte.

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Aus Plastikmüll werden wertvolle Kunststoffprodukte: Mit den ausgeklügelten Maschinen von plasticpreneur klappt das sogar ohne Vorkenntnisse im Produktionsbereich!Foto: The Maker Space and plasticpreneur

Über plasticpreneur

Bereits im Gründungsjahr 2017 sorgte das junge Start-up für Aufsehen. Schon im ersten halben Jahr verzeichnete man Verkaufserfolge. Heute kooperiert plasticpreneur bereits in über 55 Ländern auf sechs Kontinenten. Die Produktion von modularen und einfach zu bedienenden Kunststoffrecyclingmaschinen sitzt in Wiener Neustadt.

Credits Artikelbild: kelag | Daniel Waschnig

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