Es ist eine Ausbildung, die die Zukunft sichert. Nicht nur die der Lehrlinge. Und dennoch wissen die wenigsten, was Entsorgungs- und Recyclingfachleute wie Clarissa Pirchan wirklich leisten. Sie jedenfalls ist stolz auf ihr Tun und sagt: „Ab in die Tonne mit den Vorurteilen!“
An den Geruch gewöhnt man sich“, erzählt die 22-jährige Clarissa Pirchan. „Bei mir hat es nicht einmal eine Woche gedauert.“ Was ihr dabei geholfen hat? Das Bewusstsein, dass auch der eigene Müll unter all dem Abfall ist. Und dass man darin wertvolle Rohstoffe findet, die zurückgewonnen, wiederverwertet oder verkauft werden können.
Wie entsorgt man eigentlich Dixi-Klos?
„Vor Kurzem haben wir zum Beispiel Dixi-Klos hereinbekommen. Die haben wir zerschnitten und gepresst und dann zu einer anderen Firma verbracht“, sagt die junge Wienerin, die im November bei Saubermacher ihr zweites Lehrjahr zur Entsorgungs- und Recyclingfachfrau beginnt. Außer ihr lassen sich noch drei weitere Lehrlinge in diesem Lehrberuf ausbilden. Was nicht besonders viel ist, wenn man bedenkt, wie wichtig dieser Wirtschaftsbereich geworden ist und wie breitgefächert die Karrieremöglichkeiten in der Abfallentsorgung und im Abfallrecycling heute sind.
„Nach der Lehre können Recyclingfachleute überall im Unternehmen eingesetzt werden“, erklärt Kerstin Klement, Communications Managerin bei Saubermacher. „Einerseits wegen des chemischen Backgrounds und andererseits wegen des technischen Know-hows, das man durch die Lehre erwirbt. Einige Kolleg:innen, die als Lehrling bei uns begonnen haben, sitzen heute sogar in der Führungsetage. Es ist eine super Ausbildung, die aber kaum jemand kennt.“
Was machen Entsorgungs- und Recyclingfachleute?
Abfall zählt zu den größten Gefahren für die Umwelt. Daher gibt es einerseits eine große Anzahl an Gesetzen und Auflagen, um sicherzustellen, dass dieser richtig entsorgt wird. Andererseits stecken aber auch wertvolle Rohstoffe im Müll, die zurückgewonnen und wiederverwendet werden können. Die Aufgabenbereiche von Entsorgungs- und Recyclingfachleuten sind daher vielseitig. Unter anderem sind sie für die fachgerechte Entsorgung und Lagerung von Abfall zuständig oder im Recycling tätig. Sie nehmen angelieferte Abfälle und Reststoffe entgegen, klassifizieren Stoffe oder analysieren Abfallproben im Labor, können aber auch Privatpersonen oder Betriebe beraten und bei der Abfallvermeidung und -trennung und der Umsetzung abfallrechtlicher Vorschriften unterstützen.
„Meine Mutter weiß wahrscheinlich bis heute nicht genau, was ich mache“
Auch Clarissa Pirchan war erst durch ein Jobangebot bei Saubermacher auf diesen Lehrberuf aufmerksam geworden. Denn ursprünglich wollte sie – ganz klassisch, wie viele andere – studieren. Und zwar Chemie. „Aber das hat während Corona keinen Spaß gemacht, weil ich niemanden getroffen und gesehen habe.“ Neben dem Studium arbeitete sie deshalb im Covid-Labor in der Analytik, nach Abbruch des Studiums unter anderem als Ordinationsassistentin beim Zahnarzt und als Reinigungsfachkraft.
Es gibt immer noch viele Männer, die finden, dass man als Frau in der Abfallwirtschaft nichts zu suchen hat-
Clarissa Pirchan, Recyclingfachfrau
Auf die Idee, nach der Matura eine Lehre zu machen, kam sie durch Kolleg:innen. „Als ich gesehen habe, dass Freund:innen mit einer Lehre im Pharma- oder Chemiebereich gleich viel verdienen wie jene, die einen Bachelor gemacht haben, habe ich mir gedacht: Warum nicht?“ Leicht fiel ihr dieser Schritt dennoch nicht. Ist doch die Lehre immer noch mit Vorurteilen behaftet, die sich sogar noch multiplizieren, wenn man als Frau in der Abfallentsorgung arbeiten möchte. „Meine Mutter weiß wahrscheinlich bis heute nicht genau, was ich mache. Sie denkt, ich bin Mistkübelsortiererin“, schmunzelt die junge Wienerin. „Und es gibt immer noch viele Männer, die finden, dass man als Frau in der Abfallwirtschaft nichts zu suchen hat.“
Recyclingfachleute wissen: Müll ist nicht gleich Müll
Geschont werde man definitiv nicht, sagt sie. Auch körperlich nicht. Aber der Beruf sei vielseitig und, womit sie selbst nicht gerechnet hätte, sehr chemielastig. „Das beginnt schon mit der Ausbildung. Ich würde sagen, dass man sich während 50 bis 60 Prozent der Unterrichtszeit mit Chemie befasst. Und natürlich auch mit Technik.“ Sie selbst interessiere sich am meisten für das Verwiegen der Abfallstoffe und für die Dokumentation. Das Chemielager und die Sortierung fände sie aber auch spannend, weil man dadurch die verschiedensten Rohstoffe kennenlernt. „Müll ist ja nicht gleich Müll“, erklärt sie, „Ich wundere mich selbst oft, was noch verkauft oder verwertet werden kann.“
Mehr Frauen als Recyclingfachleute gesucht
Drei Jahre dauert die Lehre zur Entsorgungs- und Recyclingfachkraft insgesamt. Für Clarissa Pirchan ist danach aber noch nicht Schluss. Sie möchte ein viertes Jahr anhängen und sich zur Abwassertechnikerin ausbilden lassen. Und was rät sie anderen Frauen, die sich für diesen Lehrberuf interessieren? „Traut euch! Viele junge Menschen sind sehr umweltbewusst, sie gehen mit ‚Fridays for Future‘ auf die Straße und fordern Lösungen. Als Entsorgungs- und Recyclingfachfrau hat man die Möglichkeit, sich einzubringen. Außerdem brauchen wir dringend mehr Frauen in der Abfallwirtschaft, weil Frauen einander ganz anders helfen, als Männer das tun.“