Linz Autobahnbrücke

Seilschaft über die Donau! 1800 Tonnen Stahlseile sollen Linz beruhigen

Schwergewichtiger Drahtseilakt: Für die neue Autobahn-Hängebrücke in Linz werden 24 Stahlseile über die Donau gespannt. Ein Auftrag für die oberösterreichischen SpezialistInnen von Teufelberger.

Sie soll die ersehnte Entspannung der Verkehrssituation in und rund um Linz bringen: die neue Westbrücke, die ab Herbst 2024 die beiden Donauufer als Teil der A26 miteinander verbindet. Und diese vierte Linzer Donaubrücke – sie entsteht, wo schon in den 1930er-Jahren eine Flussüberquerung geplant war – sorgt bereits vorab für Aufsehen. 

Das liegt zum einen an der Bauweise. Anders als die Golden Gate Bridge in San Francisco kommt die 300 Meter lange Hängebrücke in Linz nämlich ohne sichtbare Tragpfeiler aus. Sie „schwebt“ als schlanke Konstruktion quasi hoch über dem Fluss. Tatsächlich sind die Stahlseile, die als einzige Träger fungieren, an beiden Seiten direkt im Fels verankert.

Zwei Stahlseile pro Woche

Zum anderen sind es die Dimensionen der einzelnen Komponenten, die staunen lassen. Allein die beiden Haupttragseile sind je 500 Meter lang und fast 900 Tonnen schwer. Jedes Hauptseil besteht wiederum aus einem Bündel von zwölf einzelnen Seilen. Sie haben jeweils einen Durchmesser von knapp 15 Zentimeter und wiegen pro Stück 70 Tonnen. Zwei dieser Seile werden derzeit pro Woche über die Donau gespannt.

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An 500 Meter langen Stahlseilen spannt sich die neue Hängebrücke westlich von Linz über die Donau.Foto: ASFINAG

Daran werden im Anschluss 40 etwas dünnere Hängeseile (9,5 Zentimeter Durchmesser) befestigt. An sie werden später die von einem Schiff angelieferten und hochgehobenen Fahrbahnelemente montiert. Produziert hat diese Stahlseile das Welser Familienunternehmen Teufelberger. Als „Meilenstein in der Unternehmensgeschichte“ bezeichnet Vorstand Florian Teufelberger den Auftrag. Entsprechende Erfahrung bringt man ausreichend mit.

Stahlseile für Gondeln, Ölplattformen und den Skiweltcup

Seile der oberösterreichischen SpezialistInnen kommen weltweit und in verschiedensten Bereichen zum Einsatz. So beliefert man die beiden marktbeherrschenden Seilbahnhersteller mit Hochleistungsstahlseilen für Sessellifte und Gondelbahnen. Auch Bohrinseln der Gas- und Ölindustrie gehören zu den KundInnen. Auf den Offshore-Plattformen fordern Salzwasser und Wind besondere Robustheit.

Ebenfalls mit Spezialseilen stattet Teufelberger Baukräne und Krananlagen in Containerhäfen und auf Schiffen aus. Dafür entstanden in dreijähriger Entwicklungsarbeit spezielle Faserseile aus Kunststoff. Sie schaffen bis zu 3.000 Tonnen Hublast, sind aber so leicht, dass sie sogar schwimmen können. So wiegt ein fünf Zentimeter dickes Seil nur 1,4 Kilo pro Meter. Ein vergleichbares Stahlseil hätte 11,5 Kilo pro Meter. Dazu kommen Seile für Kamerasysteme, die im alpinen Skiweltcup, beim Skispringen, bei Ruderwettbewerben oder in der Formel 1 im Einsatz sind.

Von Hanfseilen bis Hollywood

Mit speziellen Kunststoffseilen ist Teufelberger auch im Kulturbereich vertreten, wo sie bei Theateraufführungen, auf Musical-Bühnen, bei Broadway Shows und Filmproduktionen vieler Hollywood-Blockbuster Verwendung finden. Denn SchauspielerInnen, Stuntleute, BühnenarbeiterInnen und Kamerasysteme müssen in gefährlichen Szenen so gesichert sein, dass sie nicht herunterfallen und sich oder andere nicht verletzen. Die Seile sorgen für die erforderliche Personen- und Betriebssicherheit.

Diese Erfolgsgeschichte beginnt bereits vor über 200 Jahren, damals mit Hanfseilen. Ab 1790 beliefert Firmengründer Jakob Teufelberger von Bad Wimsbach aus die Landwirtschaft und legt damit den Grundstein für das heutige Unternehmen. Die nächsten Generationen erweitern ihren Kundenstamm auf Salzflöße auf der Traun und beginnen mit der Industrialisierung des Handwerks. Zur Jahrhundertwende übersiedelt das Unternehmen mit einer Seilerei nach Wels.

Mit Reinhold Messner am Berg

1917 fertigt Teufelberger auf einer zwölfspuligen Maschine schließlich das erste Drahtseil und ab 1941 Kunstfaserseile. Diese Faserseile aus Polyamid und Polyester revolutionieren das Bergsteigen. So verwendet Reinhold Messner Seile aus Oberösterreich bei seinen Achttausender-Expeditionen. Teufelberger reüssiert auch in diesem Bereich und übernimmt 2016 übernimmt die Produktionsanlagen für Kletterseile des Branchenriesen Mammut.

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Die Seile sind mittels „Ankerblöcken“ in den Felswänden am Ufer fixiert.Foto: ASFINAG

Zur Anwendung kommen Spezialseile und Fasergarne von Teufelberger außerdem in der Landwirtschaft (Ernteverpackungen) sowie bei der Ausstattung von Segelbooten (Tauwerk). Insgesamt beschäftigt das Unternehmen in den verschiedenen Geschäftsfeldern heute 1.380 MitarbeiterInnen an zwölf Standorten. Sie bringen es bei einem Umsatz von zuletzt 257 Millionen Euro auf eine Exportquote von mehr als 90 Prozent.  2017 erweitert Teufelberger sein Produktportfolio durch die Übernahme des italienischen Unternehmens Redaelli.

Diese Fusion der langjährigen Erfahrungsschätze der beiden Unternehmen kommt auch beim aktuellen Bau der Donaubrücke zum Tragen. Im Redaelli-Werk bei Brescia in der Lombardei wurden die Seile produziert und mittels elfachsigen Tiefladern 700 Kilometer bis nach Oberösterreich transportiert. Das Überspannen der Donau mit den Seilen hat sich im Dezember verzögert. Ein Spezialkran hing im Zoll fest. Bis April will man jetzt fertig sein.

GUT ZU WISSEN

  • Die bekanntesten Hängebrücken stehen in den USA: die Golden Gate Bridge in San Francisco und die Brooklyn Bridge in New York. Auch die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke über den Bosporus in Istanbul kennt man. Größere, aber hierzulande weitgehend unbekannte Exemplare gibt es in China.
  • Die beiden Haupttragseile der Linzer A26-Brücke sind jeweils 500 Meter lang und rund 900 Tonnen schwer.
  • Jedes dieser beiden Haupttragseile besteht aus jeweils 12 Einzelseilen mit einem Durchmesser von knapp 15 cm und einem Gewicht von rund 75 Tonnen.
  • Die Drähte, aus denen die Seile sind, sind nicht rund, sondern haben ein x-förmiges Profil, wodurch die Fasern noch enger aneinander liegen und das Seil somit noch belastbarer ist.
  • Gesamtgewicht der Brücke beträgt rund 13.000 Tonnen.
  • 100 Felsanker mit einer Länge von bis zu 70 Metern halten die Brücke an beiden Enden bei den so genannten „Ankerblöcken“.
Credits Artikelbild: ASFINAG

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