Diese Mülltonnen wollen nicht mehr alles schlucken

Am besten ist der Müll, der gar nicht erst entsteht. Und vielleicht gelingt es uns irgendwann tatsächlich, deutlich weniger Abfall zu produzieren. Bis es soweit ist, müssen wir zumindest die Recyclingquote erhöhen. Smarte Mülltonnen und intelligente Entsorgungskonzepte sollen uns dabei helfen.

Ein halber Kleinwagen wiegt etwa eine halbe Tonne. So viel wie ein ganzes Pferd. Oder wie der Müll, den jeder EU-Bürger und jede EU-Bürgerin im Schnitt im Jahr produziert. Setzt man noch einen durchschnittlich schweren Mann drauf, kommt man auf das Gewicht des Abfallberges, der sich bei jedem Österreicher und jeder Österreicherin im Jahr ansammelt. 588 Kilo waren es laut der Europäischen Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2019. Damit liegen wir deutlich über dem europäischen Schnitt von 502 Kilo und sieben Kilo über dem Wert von 2018.

Problem Plastik

Wobei nicht alles Müll ist, was im Mülleimer landet. Vieles kann wiederverwertet werden, sofern es in die richtige Tonne geworfen wird. Doch auch da hat Österreich einiges aufzuholen. Denn jedes Jahr werden mehr als 600.000 Tonnen Abfall falsch im Restmüll entsorgt. Wir liegen zwar, was die Recyclingquoten von Papier, Metall und Glas angeht, im EU-Spitzenfeld, nicht aber beim Plastik. Hier gelingt es uns lediglich, 25 Prozent des Kunststoffmülls wiederzuverwerten. Um das EU-Ziel zu erreichen, müssten wir die Quote bis 2025 aber auf 50 Prozent erhöhen.

Smarte Mülltonnen
Rund 588 Kilo Müll produzierte jeder Österreicher und jede Österreicherin allein im Jahr 2019. Davon landete allerdings nicht alles in der richtigen Tonne.Foto: adobe stock | Kirill Gorlov

Dabei zeigt sich gerade beim Plastik, wie wichtig Recycling ist. Das größte Problem stellen Plastikflaschen dar, da sie, so schätzt man, bis zu 450 Jahre brauchen, um sich zu zersetzen. Ganz genau weiß man es nicht, weil es den Kunststoff Polyethylenterephthalat, kurz PET, der zur Herstellung von Flaschen verwendet wird, erst seit 80 Jahren gibt. Mit dem Wiederverwerten von PET-Flaschen hat man 1977 begonnen. Der Aufwand ist zwar groß, dennoch verbraucht man dabei weniger Energie, als wenn ein Produkt von Grund auf neu entsteht. Und Treibhausgase spart man auch.

Mehrwertflaschen feiern ein Comeback

Zumindest bei den Plastikflaschen soll nun das neue Abfallwirtschaftsgesetz helfen, die Recyclingquote zu erhöhen. So erhofft man sich, dass die Einführung eines Pfands ab 2025 verhindert, dass die Flaschen im Restmüll, auf Wiesen oder in Gewässern landen. Größere Supermärkte haben außerdem bis 2024 Zeit, einen bestimmten Prozentsatz an Getränken schrittweise auch in Mehrwegverpackungen anzubieten – so, wie es in den 80er- und 90er-Jahren gang und gäbe war, bevor die Mehrwegflaschen von Einwegflaschen verdrängt wurden. Oder anders ausgedrückt: Was beim Bier oder beim Mineralwasser immer noch gut funktioniert – nämlich, dass die Kisten gegen ein Pfand zurückgebracht werden –, soll in Zukunft auch für andere Getränke die Regel werden.

Recycling wird digital

Doch es gibt auch Lösungen, die nicht auf Altbewährtes, sondern auf neue zukunftsweisende Technologien setzen, um die Mülltrennung zu verbessern. Die marktführenden Recyclingunternehmen Saubermacher und ARA (Altstoff Recycling Austria) haben etwa eine Handy-App entwickelt, die derzeit in Gnas in der Steiermark getestet wird. Damit können KundInnen leere Flaschen, die mit QR-Codes versehen sind, selbst scannen. Sobald sie diese fachgerecht entsorgen, bekommen sie Punkte gutgeschrieben, die zum Beispiel in einem bestimmten Geschäft eingelöst werden können.

Smarte Mülltonnen
Altstoff Recycling Austria (ARA) und Saubermacher bündeln ihre Kräfte und treiben die smarte Kreislaufwirtschaft in Österreich mit innovativen Projekten weiter voran.Foto: Mario Pernkopf

Tipps aus der Tonne für die Tonne

Zwei andere Pilotprojekte von Saubermacher laufen derzeit in Niederösterreich. So wurden im Bezirk Tulln Sammelfahrzeuge mit einem Wertstoffscanner ausgerüstet, der dank spezieller Sensoren und Kameras sofort erkennt, wenn etwas falsch eingeworfen wird. Die teilnehmenden Haushalte erhalten dann per SMS eine persönliche Rückmeldungen, die sie sich, wie Testläufe gezeigt haben, auch tatsächlich zu Herzen nehmen. Denn die Menge des Abfalls, der falsch im Restmüll landete, konnte durch das Feedback deutlich reduziert werden. Würde man dieses System ausweiten und so die Anzahl der Fehlwürfe in ganz Österreich verringern, könne man rund 350.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen, schätzt Saubermacher.

Ich bin voll, bitte kommen!

Auch die Testphase in Horn lässt hoffen. Dort hat man 300 Altglascontainer mit insgesamt 600 Sensoren ausgestattet, die den tatsächlichen Füllstand der Behälter erfassen und die Daten an eine eigens entwickelte Plattform weitergeben. Überquellende Container sowie unnötige Fahrten zu halbleeren Tonnen sollen dadurch verhindert werden.

Auf Österreichs Autobahnrastplätzen möchte man das Müllproblem ebenfalls in den Griff bekommen. Mülltonnen, die bis zum Rand mit Windeln, Plastikflaschen oder Reifenteilen gefüllt sind, sollen dort schon bald der Vergangenheit angehören. Auf drei Rastplätzen werden derzeit die smarten Müllpressen des oberösterreichischen Unternehmens Pöttinger getestet. Durch zwei unterschiedliche Öffnungen können sowohl Restmüll als auch Plastikflaschen eingeworfen werden. Dank eines Sprühsystems sollen außerdem unangenehme Gerüche verhindert werden. Was die Tonnen aber so besonders macht, ist, dass sie mehr schlucken als gewöhnliche Container, weil der Abfall sofort nach Einwerfen gepresst wird. Ist die smarte Tonne voll, meldet sie automatisch, dass sie entleert werden muss. Durch die Verdichtung 5:1 erspart sich die ASFINAG im Schnitt vier Abholfahrten und entlastet sowohl den Verkehr als auch die Umwelt.

Smarte Mülltonnen
Smarte Müllpressen von Pöttinger sind mit zwei unterschiedlichen Einwurfmöglichkeiten ausgestattet. Für Plastikflaschen erfolgt der Einwurf über ein runde Einwurföffnung, für Restmüll steht zusätzlich eine Volumenschleuse zur Verfügung. Der Pressvorgang startet automatisch.Foto: PÖTTINGER

Fazit:

Was derzeit noch getestet wird, soll in Zukunft allen von uns, vor allem aber unserer Umwelt zugute kommen. Smarte Mülltonnen, die uns höflich darauf hinweisen, dass die Bananenschale nicht in die schwarze Tonne gehört. Oder volle Container, die selbstständig ihre Entleerung organisieren und womöglich von selbstfahrenden Müllautos abgeholt werden. So intelligent die  Tonnen aber auch sein mögen, ganz aus der Verantwortung werden sie uns nicht nehmen. Sie können uns aber dabei helfen, Wertstoffe zu retten und Ressourcen zu sparen. Und so, wie es derzeit aussieht, sollten wir in puncto Umweltschutz jede Unterstützung annehmen, die wir bekommen können.

Über Saubermacher:

Die Saubermacher AG ist ein internationales Entsorgungs- und Recyclingunternehmen mit Hauptsitz in Feldkirchen bei Graz. Gegründet wurde es 1979 von Hans und Margret Roth. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 3.200 MitarbeiterInnen in sieben Ländern, versorgt 1.600 Gemeinden und sammelt jedes Jahr 3,5 Millionen Tonnen Abfall ein.

Über Pöttinger:

Vor 150 Jahren gründete der Schlosser und Uhrmacher Franz Pöttinger in Grieskirchen, Oberösterreich das Landtechnikunternehmen Pöttinger. Sein erstes Patent erhielt er 1875 für die Futterschneidmaschine, die den Bauern mühsame Handarbeit ersparte. Heute wird das Familienunternehmen in vierter Generation geführt, hat weltweit 1.929 MitarbeiterInnen und Produktionsstandorte in Österreich, Deutschland und Tschechien. Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt Pöttinger sich mit moderner Entsorgungstechnik und zukunftsorientierten Lösungen für die Abfallwirtschaft.

Credits Artikelbild: adobe stock | JackF

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