Rund 90 Prozent der heimischen Betriebe sind Familienunternehmen. Die Bandbreite reicht vom kleine, regionalen Handwerksbetrieb bis hin zum internationalen Großkonzern. Doch wie bereitet die Führungsgeneration die Nachfolge vor? Und wie geht die Nachfolgegeneration mit den hohen Erwartungen um? Antworten liefert Theresa Fill im Interview.
Es gibt vieles, was man seinen Nachfahr:innen hinterlassen kann. Alte Traditionen, geheime Familienrezepte oder – wie es in Österreich nicht selten der Fall ist – ein ganzes Unternehmen. Rund 90 Prozent aller heimischen Firmen sind familiengeführt. Lässt man die Ein-Personen-Betriebe außer Acht, sind es immerhin noch mehr als die Hälfte. Oder in Zahlen ausgedrückt: 157.000 Familienunternehmen, die 1,8 Millionen Mitarbeiter:innen beschäftigen und rund 414 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Das ergab die letzte Datenerhebung der KMU-Forschung Österreich.
Erster Großkunde: Fischer Ski
Doch was steckt hinter den nüchternen Zahlen und Prozentangaben? Oft sind es hohe Erwartungen, große Namen und junge Gesichter. Wie jenes von Theresa Fill, deren Vater Geschäftsführer und Eigentümer von Fill Maschinenbau und der Tochterfirma Core Smartwork ist. Gegründet wurde das Unternehmen 1966 von ihrem Großvater in Gurten in Oberösterreich. Damals hieß es noch „Josef Fill Maschinenbau“ und war ein kleiner Schlossereibetrieb. Der große Durchbruch gelang schließlich, als Skiproduzent Josef Fischer anrief und eine „Skimaschine, die der Technik und Technologie unserer Zeit voraus ist“ in Auftrag gab. Heute fertigen alle namhaften Skiproduzenten ihre Sportgeräte auf Anlagen von Fill. Das international führende Maschinenbauunternehmen beliefert unter anderem aber auch die Automobil-, Luftfahrt- oder Bauindustrie mit Hightech-Anlagen.
Von Torten und Thermen
„Worauf ich stolz bin, ist, dass mein Opa das Ganze aus dem Nichts aufgebaut hat. Anfangs waren wir nur ein Zweimann-Reparaturbetrieb. Mittlerweile haben wir 1.000 Mitarbeiter:innen und wickeln riesige Projekte für namhafte Kunden ab“, sagt die Enkelin. Einzelne Erfolge hängt man im Hause Fill aber nicht an die große Glocke. So erinnert sich Theresa Fill zwar noch daran, dass ihr Großvater, als er Landesrat wurde, eine Torte bekam, auf der die Therme Geinberg abgebildet war; dass er den Bau ebendieser maßgeblich vorangetrieben hatte, erfuhr sie aber erst Jahre später von Außenstehenden.
Das sei daheim nie Thema gewesen, meint sie. Viel mehr wisse sie zu schätzen, dass es ihren Eltern – ihre Mutter ist bei Fill für die interne Kommunikation und das Eventmanagement zuständig – gelungen ist, eine Balance zwischen Beruf und Familie zu schaffen. „Mein Vater hat immer viel gearbeitet und geleistet, aber wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, dann denke ich nicht, dass er nie da war, sondern im Gegenteil daran, dass er immer schon ein Kindskopf war, der mit mir und meinem Bruder gespielt und gebastelt und uns Geschichten erzählt hat.“
Karriere mit ein bisschen Lehre
Ihr Bruder entschied sich für eine Lehre in einem anderen Betrieb, bevor er bei Fill einstieg. Sie selbst wollte als Kind alles werden, angefangen von Tierärztin über Frisörin bis hin zu Bürgermeisterin, lacht Theresa Fill. Spätestens nach der Hauptschule sei aber auch ihr klar gewesen, dass sie einmal weiterführen werde, was ihre Familie aufgebaut hat.
Auch wenn damit eine gewisse Erwartungshaltung einhergeht. „Ich habe schnell damit aufgehört, Wert auf die Meinung von Leuten zu legen, die mich nur danach beurteilen, wo ich herkomme oder was wir besitzen.“ Den Druck innerhalb der Firma abzubauen, hätte hingegen länger gedauert, gibt sie zu. Ihr BWL-Studium brach sie nach zwei Jahren ab, weil „ich gemerkt habe, dass mir Berufserfahrung mehr bringt als ein theoretisches Studium.“
Zurück in Oberösterreich stieg sie bei Fill in der Personalentwicklung ein, beschloss aber nach einer Weile, noch eine technische Ausbildung zur machen. „Mir einzugestehen, dass Technik doch nicht meins ist und ich auch die Lehre zur Mechatronikerin nicht abschließen würde, ist mir sehr schwergefallen, und ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, was die anderen dann von mir halten.“
Freiheit statt Druck
Heute weiß sie, dank der Unterstützung ihrer Eltern, dass man es nicht allen Recht machen kann, Dinge ausprobieren und gegebenenfalls auch wieder abbrechen muss, wenn man seinen eigenen Weg finden will. Auch das seien wichtige Erfahrungen gewesen, die sie nicht missen möchte. „Ich durfte im Zuge der Mechatroniklehre zum Beispiel auf Montage mitfahren, was sehr cool war. Und ich habe ganz neue Arbeitsbereiche und Abläufe kennengelernt und weiß die Leistung der Mitarbeiter:innen dadurch noch mehr zu schätzen“, sagt die 26-Jährige heute.
Natürlich sei es ihren Eltern nicht egal gewesen, was sie mache, und sie hätten es sicher nicht begrüßt, wenn sie einfach nur daheim auf der faulen Haut gelegen wäre, „aber sie haben mir mitgegeben, dass man nicht unbedingt auf einem Plan verharren muss, wenn man am Weg dorthin merkt, dass es doch nicht das Richtige für einen ist. Aufhören oder aufgeben heißt nicht immer gleich scheitern.“ Im Nachhinein sei sie froh über die Entscheidungen, die sie bisher getroffen habe, denn sonst wäre sie nicht 2021 im Projektmanagement und Vertrieb von Core Smartwork gelandet, der Tochtergesellschaft von Fill, die als führende Kommunikationsplattform nicht nur die Fill-Mitarbeiter:innen miteinander vernetzt, sondern Betriebe und Institutionen auf der ganzen Welt.
Ich durfte im Zuge der Mechatroniklehre zum Beispiel auf Montage mitfahren, was sehr cool war. Und ich habe ganz neue Arbeitsbereiche und Abläufe kennengelernt und weiß die Leistung der Mitarbeiter:innen dadurch noch mehr zu schätzen.
Theresa Fill
Transparente Kommunikation
Was sie am Führungsstil ihres Vaters besonders schätze und auch selbst übernehmen möchte, ist, dass die Kommunikation innerhalb des Unternehmens transparent ist. Aus diesem Gedanken heraus entstand auch die Tochterfirma Core Smartwork. „Transparente Kommunikation mag vielleicht etwas abgedroschen klingen, aber uns ist wichtig, dass die Kommunikation nicht einseitig ist. Das heißt, unsere Mitarbeiter:innen sollen Ideen einbringen können, gehört werden, Rückmeldungen erhalten und selbst Feedback geben können.“ Dafür gäbe es immer wieder Umfragen und Möglichkeiten, Teamleiter:innen oder das gesamte Unternehmen anonym zu bewerten. „Unser Ziel ist, dass die Mitarbeiter:innen nicht das Gefühl haben, nur mitzulaufen und für die Firma zu arbeiten, sondern mit ihr.“ Die Rechnung scheint aufzugehen, denn trotz des Fachkräftemangels gelingt es Fill jedes Jahr, alle Lehrstellen in allen Bereichen zu besetzen. Nicht zuletzt auch wegen des engen Kontakts zu Schulen, zahlreicher Kennenlern-Events und des guten Standings innerhalb der Region.
Lehrlingssuche über TikTok
Seit Kurzem gibt es bei Fill auch einen Mechatronic-Influencer, der auf Plattformen wie TikTok um Lehrlinge wirbt und sich um Schüler:innen und Schnupperlinge kümmert, die das Unternehmen besuchen. „Vor zwei Jahren hätte man noch gesagt, ein Maschinenbauunternehmen auf TikTok ist ein bisschen übertrieben, aber mittlerweile muss man Mitarbeiter:innen haben, die sich mit dem Thema auskennen und Zugang zur nächsten Generation haben, wenn man Erfolg bei der Rekrutierung haben möchte“, erklärt Theresa Fill.
Erfolg, Pläne und Druck, wenn es sein muss
Und was ist ihre persönliche Definition von Erfolg? Die Unternehmensspitze? Die Eltern stolz zu machen? Das Ansehen bei den Mitarbeiter:innen? Die Antwort der 26-Jährigen überrascht: „Generell würde ich im Moment sagen, Erfolg ist, zufrieden zu sein mit dem was man tut und wer man ist, aber auch Zufriedenheit schaffen für seine Familie, seine Umgebung und später vielleicht auch für seine Mitarbeiter:innen.“
Das Thema Nachfolge schwingt immer mit. Bei jeder Entscheidung und jedem nächsten Schritt, doch der Gedanke daran scheint Theresa Fill nicht unter Druck zu setzen. Zumindest noch nicht. „Ich wäre gerne noch länger bei Core Smartwork, und möchte mich hier weiterentwickeln. Aber einen fixen Plan gibt es nicht, solange nicht absehbar ist, wann mein Papa das Amt zurücklegen möchte. Bis dahin werde ich in der Firma mitarbeiten, vielleicht auch in anderen Bereichen, das wird sich wie alles andere ergeben“, sagt sie und fügt hinzu: „Und wenn es Zeit wird, mir Druck zu machen, werde ich mir Druck machen, aber momentan muss ich es zum Glück noch nicht.“