Thöni Akademie

Fünf Lehrbeispiele: Warum die Lehre besser ist als ihr Ruf!

Tausende junge Menschen stehen im Sommer vor der wichtigsten Entscheidung ihres Lebens: Wie geht’s nach der Schule weiter? Ein Hochschulstudium ist eine Option, aber bei weitem nicht die einzige. Wir haben uns angesehen, welche Vorteile eine Lehre mit sich bringt.

Die Eltern reden mit. Die Großeltern auch. Manchmal sogar der Freundeskreis oder Nachbarn und Nachbarinnen. Schließlich geht es um die berufliche Zukunft des Nachwuchses! Und die soll natürlich vielversprechend sein. Allerdings haben die Zeiten sich geändert. Die Berufsaussichten. Die Ausbildungsmöglichkeiten. Das Bildungsverständnis. Während Unternehmen sich vor zehn Jahren noch ihre Lehrlinge aussuchen konnten, müssen sie heute um junge Menschen werben. Während das Hochschulstudium früher als Garant für einen sicheren Start ins Berufsleben galt, gibt es heute in vielen Studienbereichen mehr AbgängerInnen als zu besetzende Stellen. Und die Vorstellung, dass Fachkräfte wenig verdienen, ist sowieso längst veraltet. Höchste Zeit, dass wir uns auf den neuesten Stand bringen.

Die Thöni Akademie

Anton Mederle leitet die Thöni Akademie, das interne Aus- und Weiterbildungszentrum für die Lehrlinge, MitarbeiterInnen und QuereinsteigerInnen bei Thöni. Der Industriebetrieb ist ein international tätiges Familienunternehmen mit Hauptsitz in Telfs, Tirol und in der Aluminium-, Automobil- und Schlauchbranche sowie in den Bereichen Umwelt– und Energietechnik, im Maschinen- und im Anlagenbau tätig. Vor allem aber ist der Betrieb in Sachen Lehrlingsausbildung seit vielen Jahren Vorreiter.

Thöni Akademie
In der Thöni Akademie werden zukünftige Spezialistinnen und Spezialisten ausgebildet. Geleitet wird diese von Anton Mederle.Foto: Thöni Akademie

Also haben wir mit Anton Mederle über die Vorteile einer Lehre gesprochen, mit ihm die österreichische Berufsausbildung beleuchtet, die zu den besten Europas zählt, und herausgefunden, warum Betriebe sich so intensiv um weibliche Lehrlinge bemühen.

Das sind die Lehren, die wir aus dem Gespräch gezogen haben:

1. Lern was Gscheit’s!  

Immer noch wünschen sich viele Eltern, dass ihre Kinder studieren, vor allem wenn sie sich selbst für diesen Weg entschieden haben. So überrascht es nicht, dass der Großteil der Kinder von AkademikerInnen später eine akademische Ausbildung ansteuern; nur 10 % gehen in einen Lehrberuf oder Ähnliches. Umgekehrt sieht es bei den Nachkommen von FacharbeiterInnen aus: Knapp zwei Drittel wählen hier einen Lehrberuf.

Was offensichtlich viele aus akademischen Familien gerne übersehen, ist, dass sich das Berufsbild der Lehrberufe massiv gewandelt hat – ebenso wie die Anforderungen und die Verdienstmöglichkeiten. „Fachkräfte haben schon ab dem ersten Lehrjahr ein Auskommen und verdienen daher viel früher, als wenn sie ein Studium absolviert hätten“, sagt Anton Mederle. „Außerdem haben Fachkräfte viele Aufstiegschancen. Während die einen noch studieren, haben sie sich schon in der Hierarchie nach oben gearbeitet. Die Vorstellung, dass Fachkräfte schlecht verdienen, entspricht längst nicht mehr der Realität. Im Gegenteil, sie verdienen sogar sehr gut und können sich obendrein die Jobs aussuchen.“

Und davon gibt es viele. Die Bandbreite an Ausbildungsberufen ist beachtlich. Rund 200 Lehrberufe stehen derzeit zur Auswahl, angefangen von der Blechblasinstrumentenerzeugung über die Chemieverfahrenstechnik bis hin zur Mechatronik. Lehrlinge werden überall gesucht. So kommen auf aktuell rund 20.000 offene Lehrstellen etwa 10.000 Lehrstellensuchende.

2. Doppelt hält besser: die Vorteile der dualen Ausbildung

Im vergangenen Dezember lag der Anteil der Unter-25-Jährigen, die in Österreich vergeblich einen Job suchten, bei 11 %. Ja, dieser Wert ist höher als in den Vorjahren. Aber: Österreich steht damit immer noch besser da als die meisten anderen europäischen Staaten. In Ländern wie Schweden oder Finnland, die stark auf Akademisierung setzen, liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 24 bzw. 23,4 %.

Grund für das bessere Abschneiden Österreichs ist die duale Ausbildung, eine Berufsausbildung, die es nur in Deutschland, der Schweiz, in Südtirol und eben auch bei uns gibt. Dual deshalb, weil die Ausbildung an zwei Lernorten stattfindet: im Betrieb und in der Berufsschule.

Best-Practice-Beispiel: Thöni Akademie

Ein gutes Beispiel dafür, wie eine duale Ausbildung aussehen kann, ist die Thöni Akademie selbst. „Wir haben die Thöni Akademie vor 13 Jahren ins Leben gerufen, weil sich für uns schon damals abgezeichnet hat, dass die interne Aus- und Weiterbildung in Zukunft einen noch höheren Stellenwert haben wird, besonders in Hinblick auf FacharbeiterInnen, lebenslanges Lernen, Veränderungen der Produktionsprozesse oder Digitalisierung“, erklärt Anton Mederle.

Im Akademiegebäude befinden sich zahlreiche Lehrwerkstätten, Labors, Schulungs- und Klassenräume des Technischen Gymnasium Telfs.Foto: Thöni Akademie

In Kooperation mit dem Technischen Zweig des BRG/BORG Telfs bietet Thöni daher ein Modell aus Fach- und Allgemeinausbildung an. Im Akademiegebäude sind die Lehrwerkstätten und Labors untergebracht, in den Klassenräumen findet der allgemeine Unterricht statt. Fünf Jahre dauert die Ausbildung – und damit um ein Jahr länger als in den normalen Oberstufengymnasien. Der Unterschied liegt darin, dass die SchülerInnen in den ersten vier Jahren nicht nur den AHS-Stoff vermittelt bekommen, sondern parallel dazu zwischen zwei Lehrberufen wählen können und nach der vierten Klasse die jeweilige Lehrabschlussprüfung ablegen. Im fünften Jahr liegt der Fokus auf der Vorbereitung auf die standardisierte Matura. Danach stehen den AbsolventInnen alle Türen offen, egal, ob sie sich für den direkten Berufseinstieg oder ein Hochschulstudium entscheiden.

3. Es geht auch beides: Lehre nach Matura

„Wir bekommen bei Thöni zunehmend mehr Lehrlinge, die eine AHS-Matura gemacht haben. Und die sind sensationell gut, quer durch die Bank. Vor allem, weil sie schon ein bisschen älter sind, was das Ganze erleichtert“, schwärmt Anton Mederle. Die Lehre nach der Matura ist ein Zukunftsmodell, das viele Vorteile mit sich bringt: höhere Einstiegsgehälter nach Abschluss der Lehre, bessere Aufstiegschancen und die Möglichkeit, später berufsbegleitend ein Studium anzuhängen. „Leider ist diese Ausbildungsform noch die Ausnahme und für junge Menschen vielleicht noch nicht attraktiv genug. Das liegt wohl daran, dass sich die Lehre durch die Matura nur um ein Jahr verkürzt. In den Berufen, die wir ausbilden, dauert sie dann nicht dreieinhalb, sondern zweieinhalb Jahre. Wir denken aber, dass man die Lehrinhalte in noch konzentrierterer Form vermitteln und die Lehrzeit auf zwei Jahre reduzieren sollte. Denn MaturantInnen sind es noch gewohnt, sich mehrere Stunden hinzusetzen und zu lernen oder sich die Theorie selbstständig anzueignen. Dann wäre auch der Anreiz für junge Menschen größer, sich für diesen Weg zu entscheiden.“

4. Jung, weiblich, gesucht

„Unter denen, die in unserem Unternehmen zuerst die Matura und dann eine Lehre gemacht haben, sind interessanterweise vermehrt junge Frauen“, sagt Anton Mederle. „Nach den zweieinhalb Jahren steigen sie dann meist schon in einer unteren Führungsebene ein und haben oft eine steile Karriere vor sich. Die Fälle, dass sie ganz oben im Management angekommen sind, haben wir noch nicht, dafür gibt es das Modell noch nicht lange genug. Aber viele haben schnell ihren Platz gefunden und sind jetzt in der Produktion, Steuerung und Lenkung tätig, also dort, wo sowohl theoretisches Wissen als auch der Umgang mit der IT gefordert sind.“

Thöni Akademie
Mädchen aufgepasst! Im Industriebetrieb Thöni wird aktiv nach weiblichen Lehrlingen gesucht. Foto: Thöni Akademie

Was Anton Mederle bedauert, ist, dass der Frauenanteil bei Thöni zu niedrig ist. „Derzeit bilden wir 60 Lehrlinge aus, davon sind max. 10 % Frauen. Und das ist für unsere Verhältnisse schon hoch. Da hängt uns das veraltete Rollenbild immer noch nach. Dabei bemühen wir uns aktiv um weibliche Lehrlinge, weil sie meistens besonders gut sind und obendrein strukturierter und zielstrebiger als die männlichen. Außerdem bringen sie Ruhe in den Ausbildungsbetrieb. Das Unternehmen profitiert also auf allen Ebenen von einem höheren Frauenanteil.“

5. Fazit: Und was jetzt? Studium oder Lehre? 

Nur weil das Image der Lehrberufe sich gewandelt hat und die Berufsaussichten sowie der Verdienst gut sind, heißt das nicht, dass ab sofort jede/r eine Lehre machen muss. Es bedeutet aber auch nicht, dass man nur mit Studium Karriere machen kann. Letztendlich muss jede/r selbst herausfinden, was am besten zu einem passt. Dafür sollte man sich aber ausgiebig informieren und gegebenenfalls alte Muster über Bord werfen. Schließlich geht es um die Zukunft. Und die soll natürlich vielversprechend sein.

Thöni in Zahlen:

  • Thöni Industriebetriebe ist ein international tätiges Familienunternehmen mit Hauptsitz in Telfs, Tirol und in der Aluminium-, Automobil- und Schlauchbranche sowie in den Bereichen Umwelt- und Energietechnik, im Maschinen- und im Anlagenbau tätig.
  • Weitere Produktionsstandorte und Tochterunternehmen befinden sich in Landeck und Pfaffenhofen (Österreich), Kempten im Allgäu (Deutschland), Rovereto (Italien) und Pleasanton (USA).
  • 288 Millionen Euro erwirtschaftete Thöni 2019/2020.
  • 850 MitarbeiterInnen sind bei Thöni beschäftigt.
  • Jeden Tag werden 35.000 Fahrzeuge mit Thöni-Komponenten ausgestattet.
  • Bis jetzt wurden ca. 80.000 Kilometer Schlauch produziert.
  • Pro Jahr werden 60.000 Tonnen Alu-Strangpressbolzen in Kempten produziert.
  • Im Bereich Umwelt- und Energietechnik wurden in den letzten 20 Jahren weltweit 150 Biogasanlagen gebaut.
Credits Artikelbild: Thöni Akademie

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